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Der Federmann

Der Federmann

Titel: Der Federmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bentow
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die vorletzte und die letzte Karte vor ihm aus.
    »Mau! Mau-Mau!«
    Er beobachtete sie. Es schien ihr zu gefallen, die Siegerin zu sein.
    Doch irgendwann wurden ihre Augen glasig, und er sagte, es sei vielleicht besser, schlafen zu gehen.
    Er musste lange im Schrank nach einer zweiten Bettdecke suchen, endlich hatte er sie gefunden. Sie roch nach Mottenpulver. Er reichte sie ihr.
    Nachdem er ihr eine gute Nacht gewünscht hatte, verschwand sie wortlos im Wohnzimmer.
    Er schaltete die Waschmaschine aus, öffnete die Trommel und nahm ihr T-Shirt, die Hose, die Söckchen und das Höschen heraus.
    Das T-Shirt hatte an der Schulter einen Riss.
    Sorgfältig hängte er die Wäsche auf dem Trockner im Badezimmer auf. Er musste über die geringelten Socken lächeln. Sie waren von der gleichen Art, die auch er als Kind getragen hatte.
    Da bemerkte er die Wasserlachen vor der Wanne, Lene hatte nicht aufgepasst. Seufzend holte er Eimer und Lappen hervor und wischte auf.
    In der Küche überlegte er, ob er noch ein Bier trinken
sollte. Er hielt die Flasche schon in der Hand, stellte sie aber kurz darauf wieder weg.
    Schließlich schaltete er im Schlafzimmer den kleinen Fernseher ein. Mit der Fernbedienung arbeitete er sich durch die Kanäle.
    Plötzlich hielt er inne.
    Es war das Regionalfernsehen. Es wurde viel gesprochen, ein aufgeregter Moderator stellte Fragen an einen Kriminalbeamten, erhielt aber nur knappe Antworten. Es ging um die Morde, es waren bestialische Morde.
    Und dann wurde Lenes Foto gezeigt. Sie sah darauf aus wie ein blonder Engel, unschuldig und zart.
    Er spürte, wie sich seine Hände verkrampften.
    Er betätigte den roten Knopf, und das Bild erlosch.
    »Schlaf jetzt, mein lieber Konnie«, hatte Magda immer zu ihm gesagt.
    Warum er ausgerechnet jetzt an Magda denken musste, er war doch nicht mehr allein.
    Er atmete tief durch, vergrub die Hände im Gesicht.
    Sein Körper fühlte sich mit einem Mal schwer und matt an, als würde eine heftige Krankheit über ihn herfallen.
    Mühsam stemmte er sich aus dem Bett hoch.
    Er musste unbedingt nachsehen gehen, ob das Mädchen schon schlief.

ELF
    A m Sonntagvormittag kam Emily. Er holte beim Bäcker Brötchen, und sie frühstückten zusammen.
    »Ich hab dich gestern im Fernsehen gesehen, Papa«, rief sie aufgeregt.
    Trojan erinnerte sich nicht gerne an den Auftritt in der Sendung »Berlin am Abend«. Landsberg hatte ihn gebeten, für ihn einzuspringen, weil etwas mit seiner Frau war. Er erläuterte das nicht genauer, aber Trojan hatte den Verdacht, dass es sich um etwas Besorgniserregendes handelte, denn Landsberg war eigentlich immer zur Stelle.
    Der Moderator hatte ihm Fragen zu den beiden Frauenmorden gestellt. Trojan hatte nur ausweichend geantwortet und, wie mit dem Chef verabredet, nichts von den Vogelzeichen erwähnt, um die Ermittlungen nicht zu gefährden.
    Der Journalist war nicht zufrieden mit ihm gewesen, und Trojan hatte sich vor der Kamera unwohl gefühlt.
    »Mama hat es auch gesehen.«
    »Ach ja?«
    »Sie hat gesagt, du sahst so verkniffen aus.«
    »Verkniffen? Was meint sie denn damit?«
    Emily zuckte mit den Schultern und strich sich Marmelade auf ihr Brötchen. Sie trug ein weißes Top zu ihrer
Jeans, das Haar fiel ihr in dichten Locken über die Schultern. Sie sieht bezaubernd aus, dachte Trojan voller Stolz.
    »Keine Ahnung, frag sie doch selbst.« Sie zwinkerte ihm zu. »Ich finde, du sahst gut aus im Fernsehen.«
    Er lächelte. »Danke.«
    »Ist das nicht abscheulich mit diesen Morden? Wie hältst du das nur aus?«
    Er sah sie an. Plötzlich musste er an die Zeit denken, als Friederike mit ihr schwanger war und er sie das erste Mal auf dem Ultraschallbild erkannt hatte, diesen Wurm mit dem großen Kopf, den Mund, der sich bewegte, als würde sie vor sich hin brabbeln, vergnügt im schützenden Fruchtwasser. Friederike war nach der Untersuchung in den Laden gegangen, und er hatte sich glückstrunken auf sein Fahrrad geschwungen und war zum Dezernat gefahren. »Ich werde Vater!«, hatte er immerzu vor sich hin geflüstert, während die Stadt an ihm vorbeiflog, »Ich werde Vater! «
    Das Leben war ein Rausch, ein einziger Taumel gewesen. »Manchmal ist es auch kaum auszuhalten. Aber du wolltest mir doch von Leo erzählen.«
    »Leo?« Sie wurde rot, dann lachte sie. »Ach, Leo, na ja.«
    Nach einer Pause sprudelte es aus ihr heraus, und innerhalb kürzester Zeit wusste er, dass Leo in die Zehnte ging, Skateboard fuhr, lange Haare und ein

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