Der Fehler des Colonels
den Spion und sah, dass hinter dem Kerl mit der Waffe noch weitere Uniformierte aufgetaucht waren. Mark wandte sich Nika zu.
»Die Staatssicherheit.«
»Was wollen die hier?«
»Keine Ahnung.«
»Hast du irgendwas angestellt?«
Das war eine weitaus kompliziertere Frage, als Nika sie hatte stellen wollen. »Nicht, dass ich wüsste«, antwortete er, womit er meinte, nicht in letzter Zeit.
Da fing das Hämmern wieder an. Unter jedem Schlag bog sich die Wohnungstür. Mark fürchtete, die Bewaffneten würden Kleinholz daraus machen.
»Zurück«, sagte er. »Versteck dich im Schlafzimmer.«
»Ich verstecke mich nicht.«
Mark beobachtete, wie Nika sich die Bluse zuknöpfte. Sie war etwa so groß wie er, hatte volle Brüste und Hüften, die je nachdem, was sie trug, matronenhaft oder sexy wirken konnten. Und sie war eine echte Aseri, in Aserbaidschan geboren und aufgewachsen, was hieß, sie konnte stur wie tausend Rinder sein. Mark sah, dass sie entschlossen war zu bleiben – vielleicht war es ja besser so –, und öffnete die Tür.
Fünf Männer standen vor ihm. Vier waren noch jung, kaum achtzehn, schätzte er, und die Uniformen waren ihnen ein bisschen zu groß.
Der fünfte – der mit der Pistole – war kleiner, dicker und älter als die anderen. Auf seiner Mütze prangte ein Messingstern.
»Was kann ich für Sie tun, meine Herrn?«
»Mark Sava?«
»Ja.«
Der Messingstern warf einen Blick über die Schulter, woraufhin zwei seiner Rekruten vortraten und Mark an den Ellbogen packten.
»Nehmt eure Dreckfinger weg.«
»Das können Sie nicht machen!«, brüllte Nika, als Mark zur Tür hinausgeschubst wurde.
»Ruf die amerikanische Botschaft an«, sagte er. »Sag denen, was passiert ist.«
Nika folgte ihnen durch den Korridor und rief um Hilfe. Als die Sicherheitsbeamten beim Fahrstuhl ankamen, drehte sich der Messingstern um und richtete die Pistole auf Nikas Kopf.
»Zurück.«
»
Pochuwu je
«, sagte sie.
Friss deine Scheiße.
Die Fahrstuhltüren schlossen sich und sie fuhren bis zum Erdgeschoss. Mark wurde aus dem Gebäude geführt und in einen Gefangenentransporter befördert. Bevor die Aseris die Wagentüren zumachten, legten sie Mark Handschellen an und führten die Kette durch einen Bolzen am Boden.
»Wohin bringen Sie mich?«
Sie ignorierten ihn.
»Ich habe Freunde«, sagte Mark, als die Türen zugeschlagen wurden. »Orkhan Gambar, sogar Alijew. Tun Sie nichts, was Sie noch bereuen werden.«
2
Nach einer Stunde kam der Transporter abrupt zum Stehen und die Hintertüren wurden aufgerissen. Mark sah ein riesiges Steingebäude, das von grellen Xenonbogenlampen beleuchtet wurde und von einem rostigen, drei Meter hohen Maschendrahtzaun umgeben war. Jenseits des Zauns erstreckte sich dunkle, kahle Wüste.
Von lähmender Furcht gepackt erkannte Mark, wo er sich befand.
Zwei Männer lösten die Kette, die ihn an den Boden fesselte, griffen ihn an den Ellbogen und schleppten ihn zum Eingang.
»Was wird mir vorgeworfen?«
»Ihnen wird nichts vorgeworfen.« Jemand schubste ihn grob. »Machen Sie sich lieber um ihre Freundin Sorgen.«
»Welche Freundin?«
Daria Buckingham hockte auf dem Betonboden einer unerträglich heißen Zelle. Die Arme hatte sie um die Knie geschlungen. Steinmauern, schmuddelig und schwarz von den Händen früherer Häftlinge, umgaben sie auf drei Seiten. Jungenhaft schlank wie sie war, sah sie erheblich jünger aus als ihre zweiunddreißig Jahre.
Mark trat nah an die Metallstäbe heran, die die vierte Seite der Zelle bildeten. Die einzige Lichtquelle war eine Glühbirne, die an einem dünnen Kabel baumelte. Die Nachbarzellen standen leer und die Wachleute hatten sich verzogen, obwohl Mark vermutete, dass sie in der Nähe waren. Direkt vor der Zelle war auf einem Stativ eine Videokamera aufgebaut. Das Aufnahmelämpchen leuchtete.
Daria erhob sich, ein wenig wacklig, weil von einem ihrer schwarzen Lederpumps der Absatz abgebrochen war. Sie trug einen schwarzen Plisseerock und eine Rüschenbluse mit kurzen Ärmeln. Ihr Gesicht war schmutzverschmiert.
»Mein Gott, Daria.«
»Ist ’ne lange Geschichte.« Sie hielt den Kopf hoch und versuchte zu lächeln, aber ihre gespielte Tapferkeit wirkte nicht überzeugend.
»Wie geht’s dir?«
»Gut.«
Ihr Gesicht – sonst wunderschön, mit hohen Wangenknochen und einem breiten, attraktiven Lächeln – war von Sorgenfalten zerfurcht.
»Was machst du hier? Was mache ich hier?«
Gobustan war ein strenges
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