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Der Fehler des Colonels

Der Fehler des Colonels

Titel: Der Fehler des Colonels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Mayland
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Agenten hatte anwerben können.
    Sie stellte eine Versuchung dar. Je eher sich Logan mit ihrem Fall beschäftigte, desto besser.
    »Ich schau da mal vorbei«, sagte Mark. »Einer von der Morgenschicht könnte wissen, wo er steckt.«

5
    Washington, D. C.
    Der Colonel neigte das Haupt und sprach ein Vaterunser.
Pater noster, qui es in caelis, sanctificetur nomen tuum …
    Danach schaute er auf die Kerzen, die auf dem sonst schmucklosen weißen Marmoraltar flackerten, und hoffte auf ein Zeichen. Irgendwann fingen seine Knie an wehzutun.
    Das sittliche Gesetz verbietet, jemanden ohne schwerwiegenden Grund einer tödlichen Gefahr auszusetzen ebenso wie die Weigerung, einem Menschen in Lebensgefahr zu Hilfe zu kommen.
    Im schummrigen Licht murmelte er die Worte aus dem Katechismus.
    Schwerwiegender Grund, schwerwiegender Grund … Das war die Krux an der Sache. Es hatte keinen schwerwiegenden Grund gegeben, Daria einer tödlichen Gefahr auszusetzen. Die Weigerung, ihr jetzt zu helfen, wäre eine Todsünde.
    Aber er hatte es bereits – vergebens – versucht, ihr zu helfen. Er hatte Campbell geschickt.
    Es gab noch andere Möglichkeiten. Aber wenn diese Möglichkeiten bedeuteten, das Leben des iranischen Regimes zu verlängern, würde er dann nicht ebenfalls eine Art Todsünde begehen?
    Der Schutz des Gemeinwohls der Gesellschaft erfordert, dass der Angreifer außerstande gesetzt wird zu schaden.
    Der Colonel bekreuzigte sich und legte die Stirn auf die Lehne der hölzernen Kirchenbank vor ihm.
    Wenn es doch Sonntagmorgen wäre. Die Stimme des Priesters am Altar, der, das Gesicht von der Gemeinde abgewandt, Worte auf Lateinischsprach, die so seit Jahrhunderten rezitiert wurden – Worte, unverdorben durch moderne, verwässerte Vorstellungen von Gut und Böse –, war ihm immer ein Trost gewesen. Neuerdings nahm er nur noch an den alten lateinischen Messen teil, Messen nach dem tridentinischen Ritus, die ihn an die Zeit erinnerten, als er zwischen Mutter und Vater in der Kirchenbank saß, alle drei hungrig, denn sie hatten auf das Frühstück verzichtet, damit sie niederkniend mit reinem Gewissen die Kommunion empfangen konnten.
    Der Colonel schaute auf seine Uhr. In einer Stunde musste er im Weißen Haus sein. Bis dahin würde er um Führung beten.

6
    Mark hielt ein Taxi an und ließ sich bei den mit Zinnen versehen Stadtmauern des mittelalterlichen Baku absetzen. In einem türkischen Frühstückscafé holte er sich ein
Simit
-Brot und einen schwarzen Tee zum Mitnehmen.
    Ein kurzer Spaziergang führte ihn zu einem hundertfünfundzwanzig Jahre alten Herrenhaus aus hellem Kalkstein. Mit wildem Wein überwuchert und mit Wasserspeiern gekrönt war es ein Relikt aus Bakus ersten Ölboom-Jahren, als reiche Europäer wie die Nobels und die Rothschilds die Ölfelder rund um die Stadt erschlossen hatten. Nach dem Kalten Krieg war das Gebäude für die CIA interessant geworden, denn nach siebzig Jahren der Nutzung als überfüllte Mietskaserne für wodkasaufende Russen hatte niemand etwas dagegen, das Gebäude vollständig zu entkernen. Und das hieß, die Agency konnte ungehindert alle notwendigen Überwachungs- und Sicherheitsvorrichtungen einbauen.
    Mark drückte den Knopf der Sprechanlage links neben der Messingplatte mit der Aufschrift
Trudeau House International, Inc.
, angeblich ein von Kanadiern betriebenes Finanzservice-Unternehmen.
    Das müsste schnell erledigt sein, dachte er, während er ungeduldig mit dem Fuß wippte, einen Schluck Tee trank und zu einem der Wasserspeier, einem grinsenden Fabelwesen, aufblickte.
    Es war halb acht. Bis halb neun, schätzte er, könnte er wieder in seiner Wohnung sein. Viel Schlaf würde er nicht mehr abbekommen, aber wenn er sich heute Nachmittag mit reichlich türkischem Kaffee aufputschte, würde er mit seiner Arbeit ein Stück vorankommen.
    Während er auf eine Antwort wartete, überlegte er, ob sich das Haus seit seinem Abschied verändert hatte. Im Eingangsbereich hatte es eine große Empfangstheke aus Eichenholz gegeben und gut ausgestatteteBüros, wo Trudeau-House-Klienten – vornehmlich durch Öl reich gewordene Aseris mit Kontakten zu höchsten Regierungskreisen – mit exzellenten, CIA-subventionierten Investmentrenditen umworben wurden. In den oberen Stockwerken standen fünf weitere Büros leer, bereit für Agenten, die man erwartete, die aber nie eintrafen.
    Mark registrierte, wie seine innere Unruhe wuchs, bis er sich in Erinnerung rief, dass er den ganzen

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