Der Fehler des Colonels
extrabreiten Aufschlägen. In diesem Outfit war er am Strand gewesen.
Er holte seinen Diplomatenpass heraus, dankbar, dass er den Befehl aus Langley, ihn gegen einen normalen einzutauschen, ignoriert hatte.
»Ich bin Amerikaner. Und ich weiß, dass die Botschaft erst um neun öffnet, aber ich muss sofort mit George Logan sprechen.«
Der Marine inspizierte Marks Pass.
»Er ist der Berater für politische Angelegenheiten«, sagte Mark.
»Ich weiß, wer er ist.«
Nein, du hast keine Ahnung, dachte Mark. Die Marines waren nicht eingeweiht, wer für die Agency arbeitete und wer nicht. »Sagen Sie ihm einfach, dass ich hergekommen bin, um mit ihm zu sprechen. Er wird mich vorlassen.«
Der Marine griff zum Telefon des Wachhauses und fragte, ob Logan schon im Büro sei. War er nicht.
An einem normalen Tag hätte Mark nicht damit gerechnet, dass George Logan, sein Nachfolger als Chief of Station, so früh zur Arbeit kam. Aber es war kein normaler Tag. Ein ehemaliger stellvertretender Verteidigungsminister war mitten in Baku erschossen worden. Logan hätte in seinem Botschaftsbüro sitzen und sich die ganze Nachtum eingehende Anrufe und Telegramme kümmern müssen. Er hätte als Verbindungsmann zwischen seinen hier eingesetzten Agenten, Washington und den Aseris fungieren müssen, die herauszufinden versuchten, wer Campbell getötet hatte.
Vielleicht hatte Logan gerade eine Besprechung mit den Aseris, dachte Mark. Aber wenn das der Fall wäre, würde trotzdem jemand am Telefon sitzen.
»Dann lassen Sie mich mit seiner Sekretärin sprechen oder mit einem seiner Mitarbeiter.«
Der Marine studierte erneut Marks Pass.
»Es ist wichtig«, sagte Mark. »Es hat mit dem Attentat auf Campbell zu tun. Darüber wissen Sie doch Bescheid, oder?«
Der Marine reagierte zwar nicht auf Marks herablassenden Ton, aber er griff noch einmal zum Telefon.
Ein paar Minuten später trat eine korpulente, unscheinbare Frau aus dem Gebäude. Sie standen sich im Hof vor der Botschaft gegenüber.
»Danke, dass du runtergekommen bist, Vicky«, sagte er. »Oben muss das reine Chaos herrschen.«
»Was brauchst du?« Sie klang frustriert. Und todmüde.
»Sorg dafür, dass ich mit Logan sprechen kann.«
»Geht nicht.«
Mark wusste, dass Logan vierundzwanzig Stunden am Tag einen Piepser mitführte. Als Chief of Station musste man stets erreichbar sein, was einer der Gründe war, warum Mark gekündigt hatte. In den alten Zeiten hatte er vielleicht einmal am Tag Kontakt mit Washington gehabt, manchmal nur einmal die Woche. Aber heutzutage, mit Emailverkehr und Videokonferenzen, war es praktisch, als würde Washington die Station leiten.
Wahrscheinlich wollte Vicky ihn abwimmeln, weil sie und Logan alle Hände voll damit zu tun hatten, Washington ruhig zu stellen, und fürchteten, dass er die Sache noch komplizierter machte.
»Pass auf, mir ist gleich, wie du es anstellst, wen du aufweckst oder was Logan dir aufgetragen hat, mir zu sagen. Ich muss mit ihm reden. Ich habe Informationen über eine seiner Agentinnen, die er bekommen muss. Es ist wichtig. Es hat mit Campbell zu tun.«
»Du verstehst mich nicht, Mark. Ich habe die ganze Nacht versucht, ihn zu erreichen. Er ruft nicht zurück. Der ganze achte Stock ist stinksauer.« Damit meinte sie die zuständigen Stellen in Washington, D. C.
»Du hast die Privatnummer seiner Wohnung angerufen?«
»Selbstverständlich.«
Mark sah ihr ins Gesicht. Vielleicht war es nicht die Müdigkeit, die ihr zu schaffen machte. Vielleicht war es die Sorge. »Gibt es irgendeinen Grund, warum er unentschuldigt fehlen könnte?«
»Manchmal vergisst er, seinen Piepser einzuschalten. Womöglich weiß er nicht einmal, was passiert ist.«
»Hast du es im Trudeau House versucht?«
»Viermal. Es geht niemand ran.«
»Die meisten Mitarbeiter tauchen dort erst um halb acht auf.«
»Stimmt. Deswegen werde ich um die Uhrzeit zum fünften Mal anrufen.«
Mark stellte sich vor, wie Daria draußen im Gefängnis von Gobustan saß. Er glaubte zwar nicht, dass die Aseris allzu grob mit ihr umspringen würden. Vor allem nicht, weil sie nach seinem Besuch annehmen mussten, sie hätte Verbindungen zur CIA. Aber trotzdem hatte sie diesen breiten, hübschen Mund und diese verdammt makellose Haut … Ihre Gene, teils amerikanische Promenadenmischung, teils iranisch, hatten ein höchst attraktives Resultat hervorgebracht. Das war ein Grund, neben ihrem Verstand und ihrem übertriebenen Ehrgeiz, warum sie so viele männliche
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