Der Feigling im Dunkeln (German Edition)
Insgeheim fürchtete er noch
immer das Gefühl von Macht, das ihn durchströmte wann immer
er die Klinge in der Hand hielt, sie schwang. Es war so einfach ein
Leben zu nehmen.
Er
fand Akios in seiner Kammer, über Schriftrollen und Tinte
gebeugt.
Der
Mann zuckte beim Anblick der zerschmetterten Hand zusammen und
bugsierte ihn eilig zu seiner steinernen Bank, um ihn zu versorgen.
"Was
ist passiert?", fragte er, während er einen festen Verband
anlegte.
"Ich
hab geträumt..."
Akios
seufzte.
"Du
hast schon immer schlecht geträumt. Schade, dass sich daran
nichts geändert hat."
Legos
schüttelte den Kopf.
"Es
sind jetzt andere Träume. Nichts was mir angetan wurde,
sondern... was ich anderen angetan habe. Ich träume von ihm ."
Wie
zur Bestätigung strich er sich über den Kopf.
"Kannst
du vielleicht-"
Akios
nickte. "Sofort."
Nachdem
er Legos fertig geschoren hatte seufzte dieser erleichtert auf und
fuhr sich über die glatte Haut.
"Ich
ertrag es nicht, immer dieses Gerede und die Blicke... Niemand glaubt
mir, dass ich anders bin als er ."
"Lass
deine arme Wand in Zukunft in Frieden, das wird schon noch."
Das
aufmunternde Lächeln seines Bruders half ein wenig über den
Schmerz in seiner Hand hinweg und so machte er sich schließlich
widerwillig auf sich seinen Dämonen zu stellen.
Jaris,
die Äbtin.
Sie
mochte ihn nicht. Wann immer er sie traf wich sie ihm entweder
komplett aus oder blickte ihm unentwegt in die Augen. Beides machte
ihn wahnsinnig.
Seit
der Auseinandersetzung mit Akios war es eher noch schlimmer geworden.
Legos wusste nicht, was nach seinem Verschwinden noch vorgefallen
war, aber als sie sich das nächste mal sahen, war aus der
Skepsis in den Augen des Mädchens blanker Hass geworden.
So
auch heute, als Legos in ihr Turmzimmer eintrat.
Jaris
stand wie immer an ihrem Fenster und überblickte die Festung,
sie würdigte ihn keines Blickes.
Er
gesellte sich zu ihr und betrachtete den Himmel, der sich heute
beinahe grün vor ihnen erstreckte, durchzogen mit Schwaden aus
Grau.
"Was
ist mit deiner Hand?"
Eine
Anstandsfrage.
"Ich
habe schlecht geträumt und die Wand geschlagen."
"Immer
noch reichlich Wut in dir, hm?"
Er
räusperte sich, die Unterhaltung war ihm unangenehm.
"Wut
auf mich. Wut auf das, was ich getan habe. Ich bin nicht wie er ,
glaub mir, bitte ."
Er
hatte nicht vor gehabt so devot zu klingen, doch vielleicht brauchte
es ja genau das um gegen die eisblauen Augen seiner Äbtin zu
bestehen.
Ich
bin gut .
"Ich
vertraue auf das Feuer, aber du hast es schon mehr als einmal zu
deinem Willen gebogen und missbraucht. Es muss andere Wege geben, ein
stärkeres Feuer."
"Willst
du mich noch einmal brennen?"
"Hm."
Das
war keine Antwort.
"Bitte,
ich wäre mit einer weiteren Brennung einverstanden. Das Alte
muss raus aus mir."
"Ich
glaube, du bist schlecht. In deinen Grundlagen verdorben. Das Feuer
kann dir nicht helfen. Wir können die Sünde, die sich
manifestiert hat, auslöschen, aber es bleibt der Kern übrig,
der immer neue Sünde generiert."
Ein
vernichtendes Urteil.
"Glaub
mir, ich möchte gut sein."
Ein
flehender Unterton hatte sich in seine Stimme geschlichen, sie
ignorierte ihn.
"Es
tut mir leid. Alles was ich sehe sind zwei schwarze Augen voller
Wahnsinn. Kilorn hat mir erzählt, was es mit euch auf sich hat.
Ich glaube nicht, dass du gut sein kannst."
Er
wollte etwas erwidern, ihr seine Treue entgegen schleudern. Seinen
Willen, gut zu sein, besser zu sein. Aber die Worte blieben ihm im Hals stecken.
"Geh.
Das war alles."
Ohne
Worte drehte er sich um und ging.
Seiner
Finger fuhren zum dem Brandmal auf seiner Kehle, er schluckte. Es
schmerzte nicht mehr.
Vier
– Monster, Teufel und ein alter Bekannter
Die
Blicke verfolgten ihn wohin er auch ging.
Sie
schlichen sich an ihn heran und wenn er sich umdrehte sah er nur
Leere und hörte das Flüstern in seinem Kopf.
Oder
war es real?
Es
machte kaum noch einen Unterschied. Wann immer er sich außerhalb
seines Raumes befand fühlte er sich wie ein getriebenes Tier,
umringt von Feinden.
Eingesperrt
in ein Leben, das ihm nicht stand. Etwas in ihm wollte raus.
Flucht war alles woran er dachte.
Aber
sie waren überall. Novizen, Geläuterte, Ordensbrüder,
Heiler, Priester... Menschen .
Die Klosterfestung war voll von ihnen.
Überall
wimmelten sie sich in den Gängen, auf dem Hof. Wanden sich durch
die Korridore wie Würmer in seinem Fleisch.
Der
Lärm war ohrenbetäubend, weg,
weg, nur weg .
Weg
von
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