Der Feigling im Dunkeln (German Edition)
nicht vergessen,
konnte nicht vergeben. Sie musste abwarten, ihre einzige Hoffnung war
die Zeit. Zeit heilt alle Wunden, nicht?
Zwei
- Schneeweiß
Geistesabwesend
tastete er nach dem Mal auf seiner Kehle.
Es
war durchschnittlich. Nicht schnurgerade wie Wilhems, aber auch nicht
so chaotisch wie das von Ranmik. Durchschnitt. Er war ja auch gut
fixiert gewesen, wie bei einem Mann seines Standes nur angemessen. Er
fürchtete diesen Mann, der er gewesen war.
Er
kam ihm vor wie ein entfernter Verwandte... nein, wie ein Bruder, den
er lange nicht gesehen hatte.
Ein
böses, dunkles Wesen. Er fürchtete nichts so sehr, wie
diesen Bruder. Was, wenn er noch tief in ihm drin hockte und wartete?
Was,
wenn er ihn nicht zurückhalten konnte und er aus ihm heraus
brach?
Er
hatte Akios gebeten ihn in Ketten zu legen, aus Angst, den Mann in
sich nicht kontrollieren zu können.
Der
Priester hatte nur gelacht und ihm versichert, dass der Teufel
ausgetrieben wurde und nie zurückkehren würde.
Das
sagte sich leicht, aber in ihm drin war dieser Fleck, der nicht weg
ging.
Nicht
nur die Geschichten, die er gehört hatte, nein. Auch die
Erinnerungen, die in Fetzen und Asche in ihm lagen, wie schemenhafte
Einblicke in eine andere Welt. Er konnte sie nicht vergessen.
Sie
hatten seinen Kopf geschoren, ein weiterer Schritt zu dem neuen
Menschen, dem Bruder des Ordens.
Dann
hatten sie ihm einen Namen gegeben. Das war der größte
Einschnitt in sein Leben, seit er gebrannt wurde.
Es
half, sicherlich. Mit einem Namen konnte er etwas anfangen, mit einem
neuen Namen konnte er jemand sein.
Kilorn
Frostblatt hatte darauf gedrängt seinen wahren Namen zu
erfahren. Der Name des Klans dürfe nicht aussterben.
Der
Gedanke jagte Schauer über den Rücken des frisch
gebrannten, aber Jaris widersprach, den Göttern sei dank,
vehement.
Krieger
des Feuers nannten ihn viele. Oder einfach der
Krieger .
Die
Taufe hatte ihn Legos genannt.
Es
war Akios Idee gewesen.
Der
Mann hatte viel Zeit mit ihm verbracht nachdem er gebrannt wurde,
hatte sein Leben mit Sinn gefüllt und ihm Antworten gegeben,
nach denen die Leere in ihm verzweifelt verlangt hatte. Er war da
gewesen und er hatte ihn aufgefangen. Der Priester hatte in seine
leeren, neuen Augen gesehen, seine Ängste mit ihm diskutiert und
entschieden, dass der Mann nur mit absoluter Vergebung zu heilen war.
Er hatte ihm den Namen seines toten Bruders geschenkt, die höchste
Absolution für den Sünder, den Teufel.
Legos
kam damit gut zurecht.
Anfangs
hatte er sich gewunden, war zurück gezuckt wann immer jemand ihn
mit dem Namen ansprach. Aber nach einer Weile hatte er begonnen sich
wohl in seiner Haut zu fühlen.
Ich
bin Legos, ich bin ein Geläuterte des Ordens, der Krieger des
Feuers und ich werde den Namen der Flamme beschützen, und wenn
es mein Leben kosten sollte.
Das
Mal auf seiner Kehle war gut verheilt. Es beruhigte ihn es zu
berühren, mit den Fingerspitzen zu ertasten. Es erinnerte ihn.
Du bist neu und du bist gut .
Das
vor allem: Du
bist gut.
So
fuhr seine Hand auch heute instinktiv immer wieder an seine Kehle,
tastend, suchend, als Wilhem ihn auf den Hof hinaus führte.
Legos
Schritte waren fest und sicher, seine Kraft war nach einer Weile
zurück gekehrt. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an, dass
er das letzte mal ein Schwert in der Hand gehalten hatte.
Es
war auch eine Ewigkeit her. Das
war ein anderer ,
erinnerte er sich.
Nervös
folgte er Wilhem in eine Ecke des Hofes, in der die Geläuterten
immer trainierten.
Der Erste ,
wie Wilhem oft genannt wurde, wartete geduldig auf ihn, ein Schwert
in der Hand.
Es
war weißes Eisen, ein seltenes Ding aus dem Außenland,
und nur wenig kürzer als das schwarze Monstrum, dass ihn aus
seiner Vergangenheit anblitzte.
Wilhem
legte ihm den Griff in die Hand, ließ ihn sich an das Gewicht
gewöhnen, es wog ungewohnt schwer für Legos geschwächte
Arme.
Es
war eine elegante Klinge. Kerzengerade und zweischneidig, nicht zu
breit aber auch nicht zu schmal. Wilhem reichte ihm einen gepanzerten
Handschuh für seine linke Hand.
"Es
ist am besten wenn du so kämpfst, wie du es schon immer getan
hast. Das mag dir nicht gefallen, aber es macht am meisten Sinn."
Legos
probte einige Hiebe und Stiche, beinahe sofort schlich sich dumpf
schmerzende Erschöpfung in seinen Arm und er seufzte frustriert.
"Das
ist zu schwer."
Wilhem
lachte und nahm das Schwert wieder an sich.
"Das
ist um einiges leichter als das, womit du früher
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