Der Feigling im Dunkeln (German Edition)
normalerweise nie trug, er schränkte
seine Bewegungsfreiheit zu sehr ein. Niemand würde ihn hier als
Geläuterten erkennen. Als gescheiterten Geläuterten. Als
der namenlose Fremde nun also die Tür aufriss wurde er von einer
heftigen Böe mitsamt einer Ladung schwarzen Regens förmlich
in den Schankraum geweht.
Die
Blicke, die ihn trafen, hatte er beinahe vergessen. Sie galten nicht
ihm, versuchte er sich einzureden. Sie kennen ihn .
Sicherlich
hatte er das Dorf in seinem Leben schon einmal besucht, erinnern
konnte er sich nicht mehr daran, und sicherlich hatten die
Dorfbewohner ihn schon damals gehasst. So weit im Westen würden
sie jedoch hoffentlich keine Geschichten von dem schwarzen Teufel
gehört haben.
Nein,
die Blicke waren abschätzend, nicht angstvoll. Er war einfach
nur der Söldner, den man nicht in seiner Mitte wollte. Wie
früher.
Kurz
überlegte er doch sein Mal zu zeigen, aber er ließ es. Er
hatte nicht verdient, dass man ihn als einen des Ordens behandelte.
Also
nickte er den Leuten nur zu und fragte, ob er hier das Ende des
Sturms abwarten könne.
Die
Antwort war ein missmutiges Grummeln, aber Blicke auf den Griff
seines Schwertes, der hinter seiner Schulter hervorlugte, hielt sie
wohl davon ab ihn hinauszuwerfen und so nahm er sich einen der
Steinhocker und setzte sich kommentarlos in die Ecke.
Die
Unterhaltung, die bei seinem Eintritt in vollem Gange gewesen war,
nahm niemand wieder auf und so hockten sie in dem schummrigen Licht
einiger schwacher Kerzen und warteten.
Ihm
war das ganz recht. Was sollte er antworten, wenn sie ihn nach
Neuigkeiten aus der Welt fragten? Diese peinliche Situation blieb ihm
erspart und nach einer Weile begannen die Leute wieder mit ihren
Unterhaltungen über die kleinen und großen Dingen des
Lebens, und Fisch.
Ein
kleines, blondes Mädchen, das auf dem Schoß seiner Mutter
saß, starrte ihn die gesamte Zeit gebannt aus großen
Augen an. Die Mutter versuchte einige Male die Aufmerksamkeit ihres
Kindes auf sich zu lenken, aber der Blick der Kleinen blieb unentwegt
auf ihn gerichtet.
Er
kannte das. Für kleine Kinder war der mysteriöse Fremde
immer aufregend und neu, die wenigsten besaßen schon die
Feinfühligkeit, jemanden wie ihn als Gefahr wahrzunehmen. Die
Eltern versteckten sie so oder so meistens wenn er kam. Es störte
ihn nicht weiter, also erwiderte er den Blick der Kleinen mit einem
wölfischen Grinsen, das seinen Feinden früher jedes mal das
Blut in den Adern hatte gefrieren lassen. Sie lachte.
Die
Mutter sah ihn böse an und flüsterte ihrem Nachbarn etwas
ins Ohr, der zuckte nur mit den Schultern und nahm das Kind zu sich
auf den Schoß.
Es
sollte ihn stören, das alles. Er war ein guter Mensch, oder? Er
hatte das richtige getan. Akios hatte gesagt, dass der richtige Weg
selten der ist, der einen belohnt. Er hatte Recht. Oh, wie Recht er
hatte. Da saß er nun, geflüchtet vor seinen Brüdern,
zu deren Schutz. Er hatte die Einsamkeit gewählt, aber jetzt
gerade zweifelte er an der Richtigkeit seiner Entscheidung.
Was
würde es schaden, wenn sie sein Mal sehen könnten? Er war
ein Geläuterter des Ordens und ihm war kalt und er hatte Hunger.
Er könnte den Menschen doch im Namen des Ordens helfen, nicht?
Er hatte keine Ordensgruppe, aber kämpfen konnte er noch. Warum
also-
Mit
einem Blick auf die glückliche Dorfgemeinschaft scholt er sich
innerlich. Wer war er, von seinem Mal profitieren zu wollen? Er hatte
jedes Recht darauf verwirkt, als er geflüchtet war. Die Leute
hatten ein Recht ihn zu fürchten, ihn zu meiden. Götter, es
war das einzig richtige! Sie sollten ihre Kinder vor ihm verstecken
und ihn aus dem Dorf jagen. Er war eine Gefahr, das war ihm doch klar
geworden. Wieso war es dann so schwer? War es zuviel verlangt, trotz
des Monsters in sich wie ein Mensch behandelt werden zu wollen?
Er
hätte draußen auf das Ende des Sturms warten sollen.
Vielleicht im Windschatten eines der Häuser, aber definitiv
nicht hier drinnen. Es war von Anfang an ein Fehler gewesen.
Er
war ein Monster und als solches sollte er sich von den Menschen fern
halten.
Fürs
erste blieb er jedoch, schloss müde ein wenig die Augen und
ruhte sich aus.
Er
dachte an sein Bett im Kloster, an die Gespräche mit Akios und
das Training mit Wilhem. Sie hatten ihr bestes gegeben, er seufzte.
Warum
nur war sein Leben solch ein Chaos?
Er
wachte auf, als kaltes Metall ihn am Kinn berührte und seinen
Kopf anhob.
Sofort
war er hellwach und erstarrte. Was er sah
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