Der Feigling im Dunkeln (German Edition)
voll bepackt
zurückgekehrt, mittlerweile waren sie froh, wenn sie nur ein
Schälchen Dornmilch fanden, um sie durch den Tag zu bringen,
ohne ihre Vorräte anzurühren.
Ratte
war gut darin Dinge zu finden.
Er
fand kleine Hütten, mit kleinen Feldern, und sie warteten in der
Nähe, bis die Bewohner zu Bett gegangen waren und nahmen was sie
konnten.
Manchmal
fanden sie noch kleine Pufferpilze auf ihrem Weg.
Sie
schafften es irgendwie, Rattes Beutel immer prall gefüllt zu
halten, ohne dass sie selbst hungern mussten.
Ratte
sagte, dass sie all das Essen in der Wüste brauchen würden
und Maus wusste, dass sie Angst haben sollte.
Doch
ihr Bruder war bei ihr, also würde sie tapfer sein, das
versprach sie sich ganz fest.
Der
Feigling war aus dem Himmel gefallen, sagte Ratte.
Deswegen
ist er der einzige, der Türkis tragen darf, weil das die Farbe
des Himmels ist.
Maus
wusste nicht, was Türkis war. Der Himmel war blau oder grau oder
gelb, eine von den Farben musste es wohl sein.
Der
Feigling ist gut, sagte Ratte. Er tut immer das richtige, deshalb hat
das Feuer ihn verschont.
Aber
jetzt schläft er, müde vom Kampf gegen das Feuer. Deswegen
müssen wir ihn suchen gehen und ihn aufwecken.
Ratte
sagte das immer wieder. "Wir dürfen nicht vergessen wo wir
hin müssen!", sagte er.
Maus
war das Recht. Wenn Ratte ihr Geschichten erzählte verging die
Zeit schneller. Das Wandern war anstrengend und beschwerlich, aber
allem voran unglaublich langweilig. Es half gut, wenn sie redeten.
Dann dachte Maus nicht mehr an ihren knurrenden Bauch oder ihre Füße,
die ihr weh taten. Ratte erzählte von der Burg, in der der
Feigling schläft. Ganz prachtvoll soll sie sein, wie alles in
der Schwarzen Stadt der Könige. Ständig klingeln die
Glocken überall in allen Tönen die es gibt. Silberne
Glöckchen und große bronzene und sogar goldene, alle
klingen sie anders und wenn man genau hinhört, kann man heraus
hören, was für eine gerade läutete.
Maus
konnte sich kaum vorstellen, wie so viele Häuser auf einem Ort
sein konnten. Ihr Dorf hatte drei, und die standen weit auseinander.
Verlief man sich da nicht?
"Ich
nicht.", sagte Ratte immer, "Weil ich ein Schurke bin, und
Schurken gehören in die Stadt, um den Reichen ihren Schmuck zu
klauen."
Maus
war wirklich froh einen Bruder wie Ratte zu haben, der so viel von
der Welt wusste.
Als
sie an diesem Abend ein Lager aufschlugen und rasteten war Ratte aber
zu müde zum Geschichten erzählen, also aßen sie nur
beide ein wenig und versuchten zu schlafen.
Maus
wachte auf, als sie eine Hand an ihrem Arm spürte. Es war nicht
Rattes Hand, das merkte sie sofort.
Als
sie die Augen aufschlug sah sie Schatten, die um sie herum
aufgetaucht waren. Große, gelb stichige Augen blickten sie aus
eingesunkenen Höhlen an, wachsartige Haut spannte über
hervorstehende Knochen, so mager waren die Gestalten.
Ratte
schlief weiter, während sie ihren Beutel durchwühlten.
Waren das Menschen? Sie sahen ein bisschen aus wie Menschen, aber sie
sprachen nicht, sondern keckerten nur. Ab und an grunzte einer von
ihnen. Maus trat Ratte mit ganzer Kraft in die Seite und bedankte
sich bei allen Göttern, die es vielleicht gab, als er hoch fuhr.
Mit
gezogenem Dolch sprang er auf und wedelte mit den Armen, schlug nach
der einen Gestalt, die sie am Arm gepackt hielt.
Jaulend
und wimmernd flüchteten sie und wurden wieder zu Schatten im
Staub.
Maus
begann zu weinen. Vor Erleichterung oder aus Angst wusste sie selbst
nicht, ihr fiel nur auf, dass sie sowieso schon lange nicht geweint
hatte.
Ratte
nahm sie in den Arm und tröstete sie.
"Sie
sind weg, du brauchst keine Angst mehr zu haben."
"Wer
sind die?"
"Biber
hat die immer Menschenschatten genannt. Das waren mal Menschen, die
irgendwie anders geworden sind. Halbe Menschen, fast Tiere. Sie sind
aber feige und schwach, sie klauen nur gerne und sehen gruselig aus."
Die
heran kriechende Kälte der Nacht ließ sie ein wenig
bibbern und sie kroch näher an ihren Bruder heran.
"Ich
will nicht wieder einschlafen..."
Ratte
lachte und hielt sie fest.
"Ich
passe auf, dass sie dich nicht auch noch klauen kommen, keine Angst.
Schlaf jetzt."
Stur
riss sie die Augen weit auf, sie würde auch Wache halten, und zu
kalt war es außerdem. Sie näherten sich der Eiswüste,
hatte Ratte gesagt. Bald würden sie wärmere Kleidung
brauchen. Woher sie die nehmen sollte wusste sie nicht, aber Ratte
würde bestimmt irgendwo ein paar reiche Leute finden, denen
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