Der Feigling im Dunkeln (German Edition)
zu nah dran lebten
verrückt werden ließ.
Aber
lieber erzählte er die Geschichte vom Feigling.
Man
nannte ihn den Feigling, aber eigentlich konnte er ja nichts dafür.
"Mause!"
Das
kleine Mädchen sprang auf und lief, so schnell sie ihre kurzen
Beine trugen der Stimme entgegen.
"Ratte!
Hast du gut geplündert?"
Ihr
Bruder schwenkte seinen Beutel in der Luft und der schien schwerer
und runder zu sein, als sie es vom vorherigen Abend in Erinnerung
hatte.
"Ordentlich!
Meine Maus bekommt jetzt ein gutes Frühstück!"
Sie
lief die letzten paar Schritte zu ihrem Bruder und flog ihm in die
Arme.
Er
konnte sagen was er wollte, es war ihr nicht geheuer, wenn er so
lange weg blieb.
Nachdem
sie ihre Wiedersehensfreude zu genüge zum Ausdruck gebracht
hatten gingen sie in ihr kleines Heim im Hügel und weckten ihren
Großvater.
Maus
goss je einen Schwung Dornsaft in die drei Becher, die noch auf dem
flachen Steintisch am Boden standen.
Vor
einiger Zeit hatten sie noch eine Ziege gehabt, doch seitdem diese
Milchquelle versiegt ist waren sie voll und ganz auf die Dornenfelder
um ihr Dorf herum angewiesen.
Der
dicke, weißliche Saft dieser Dornen schmeckte leicht nach
Mandeln und hatte einen bitteren Nachgeschmack, doch er machte satt
und man konnte Schlechteres trinken.
"So,
so, so... dann lasst mal sehen, was wir hier haben."
Biber
war ein uralter Mann. Er hatte erzählt er sei fünfzig, doch
irgendwie glaubte Maus ihm nicht. Fünfzig wurde doch keiner, der
am Pass lebte.
Ratte
griff wichtigtuerisch in seinen Beutel und förderte ein paar
Bündel gelbliches Gras zutage, an dem massenhaft schwarze
Kügelchen hingen.
Der
Alte schien sehr zufrieden.
"Weißgras!
Endlich gibt es mal wieder Brot! Und aus den Halmen kann ich Maus
neue Schuhe machen, die wächst ja schnell wie ein Drache."
Maus
sah ihn böse an, doch gegen Brot und ein neues paar Schuhe hatte
sie nichts einzuwenden.
Als
nächstes holte Ratte ein dickes Bündel faseriger,
rotbrauner Streifen aus seinem Beutel.
"Tada!
Drachenfleisch. Wir hatten ja so lange keins mehr."
Biber
sah ihn müde an.
"Wir
nehmen, was wir kriegen können. Ich mach uns nachher ein wenig
Wasser und wir machen Suppe draus. Wenn wir das Zeug bloß hier
anbauen könnten. Alles voll von Graudornen, man sollte meinen,
dass die paar Stachelpflanzen sich hier auch wohlfühlen
könnten."
Er
legte die Beute in eine Nische, neben ein paar rundliche Pufferpilze
und den Rest Drachenfleischblüten, die noch vom letzten Raubzug
übrig waren.
Dann
saßen sie eine Weile um den Tisch herum und tranken ihren
Dornsaft.
Ratte
flüchtete sich danach in sein Bett, immerhin hatte er die Nacht
damit verbracht die kleine Familie zu ernähren.
Biber
ging mit Maus nach draußen und begann den Tag wie so oft mit
einer Geschichte auf dem staubigen Boden.
"Es
war einmal ein König. Diesen König hatten alle sehr gern,
weil er gerecht war und das Volk nie leiden ließ."
"Lebte
er in einem Schloss?"
Maus
sah ihn mit tellergroßen Augen an.
"Ja,
er lebte in einem Schloss. In einem Burgschloss, um genau zu sein.
Kreisrund und mit einem breiten Burggraben drumherum. Ganz
tiefschwarze Steine und mächtige Zinnen und alles. Der König
jedenfalls, das war einer der besten. Selbst im Norden kannte man
ihn, dabei hatte er die Kristallwüste nie verlassen. Nördlich
von den Obsidianbergen war seine Burg. Da gab es nicht viele Bäume
und Wasser war schon immer knapp gewesen. Aber als das Feuer kam, da
litten sie fürchterlich genau wie der Rest vom Land. Es wurde so
heiß, dass der Sand geschmolzen ist. Und die Leute wollten
natürlich in die Burg. 'Bitte, bitte...mein Herr, hilf uns!',
haben sie gerufen. Aber der König hat sie nicht hören
können, denn er war in einen tiefen Schlaf gefallen um in der
Schattenwelt gegen den Verursacher des Feuers zu kämpfen. Das
war nämlich ein anderer böser König, der war gestorben
und weil er so böse war, hat er von der Schattenwelt aus die
Welt angezündet. Der König, der hat jedenfalls geschlafen
und im Schlaf gekämpft. Aber der Feind war einfach zu mächtig
und so hat der gute König seine ganze Lebensenergie gegeben, um
ihn zu stoppen. Das Feuer hat aufgehört, aber zu dem Zeitpunkt
war die Welt schon so zerstört, dass man kaum noch darin leben
konnte. Der König hatte jedenfalls alles gegeben, was in ihm
steckte und so konnte er nie wieder aufwachen und schläft noch
bis heute in seinen Mauern. Irgendjemand hat ihn eingemauert und
viele Leute nennen ihn
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