Der Feigling im Dunkeln (German Edition)
wollen.
Jede
Nacht sah sie seine vor Angst geweiteten Augen, das reine Entsetzen,
und jede Nacht sah sie, wie er in den Flammen aufging. Seine Haut
platzte, warf Blasen und verfärbte sich, erst pink, dann rot,
dann schwarz... Sie sah seine Augäpfel platzen, diese schwarzen,
tiefen Augen, die sie vorher noch so unnachgiebig geglaubt
hatte.
Diese
elendigen dunklen Haare sah sie brennen, hörte seine entsetzten
Schreie, hörte ihn betteln und hörte, wie schließlich
der letzte Atem seine Lippen verließ. Diese missmutigen,
höhnischen Lippen.
Dann
wachte sie aus ihren Tagträumen auf und musste einsehen, dass
sie ihn hatte entkommen lassen.
Aber
er hatte ihr eine wertvolle Lektion gelehrt: Man spielte nicht mit
dem Orden. Der Orden, das war der Bund der Götter. Sie standen
im Zeichen des Feuers und Sünder würden bestraft werden.
Akios
verhielt sich seltsam, seit diesem Tag.
Ja,
sie hatte den Mörder seines Bruders entkommen lassen und ihm
seine gerechte Rache verwehrt, aber es war mehr als das.
Am
Abend drauf, als sie in einer Taverne Rast machten, hatte er sie
beiseite genommen und zur Rede gestellt. Der Orden gäbe den
Menschen Hoffnung und kein Sünderblut, hatte er gesagt.
Der
andere Sünde war wenige Stunden nach seiner Brennung gestorben.
"Es
war ein Test des Feuers, er hat ihn nicht bestanden!", hatte sie
sich gerechtfertigt.
"Er
hat gesündigt und ich habe ihn geprüft. Die Götter
haben ihn als wahren Sünder befunden und ihn sich genommen. Das
ist doch genau das, was wir lehren. Das Feuer wird die Sünder
von den Reinen trennen."
"Ja,
aber es ist das Feuer der Götter, dass sie trennt. Nicht das
unsere. Es ist nicht recht, dass wir urteilen!"
Es
lag Ärger in seinem Blick, und eine Spur Enttäuschung und
etwas anderes.
Entsetzen?
War er entsetzt von ihrer Tat? Es war Recht .
Sie verstand nicht, was er dagegen einzuwenden hatte.
"Sieh
dich um!", hatte sie gerufen, "Die Sünde ist überall.
Wo immer man hinblickt, die Sünde kriecht durchs Land, in die
Dörfer, in die Menschen. Was hat das Feuer gebracht? Es hat die
Sünder in den Menschen hervorgebracht. Wundervoll! Aber sieh dir
den König und den Banditen an. Der Sünder ist Egoist und es
hält ihn am Leben, der Reine gibt den Anderen und stirbt. Wo ist
das Recht ?"
Ihr
Bruder schüttelte energisch den kahlen Kopf.
"Du
verstehst das vollkommen falsch!"
"Nein!",
schrie sie beinahe, die anderen Mitglieder ihrer Gruppe horchten nun
ebenfalls auf.
" Ich ,
sehe es genau richtig! Die Götter haben uns das Feuer gesandt,
damit die Sünder ans Licht kommen. Es liegt an uns sie nun zu richten!"
Ihre
eisblauen Augen sprühten Feuer und Rechtschaffenheit, als sie
sich vor ihre Gefährten stellte.
"Wie
oft habt ihr Sünder gesehen, die in Saus und Braus leben? Ist
das gerecht? Hat das Feuer die Welt besser gemacht? Nein !
Es ist an uns das Geschenk der Götter anzunehmen und zu Ende zu bringen, was
sie begonnen haben. Ich sage, wir finden diese Sünder und wir
brennen sie, einen nach dem anderen, und die Götter werden schon
entscheiden, wen von ihnen sie reinigen und wer als wahrer Sünder
gerichtet wird. Es ist unsere Aufgabe, unsere Zeit!"
Akios
eilte ihr an die Seite und riss sie herum.
"Dummes
Kind!"
Sein
Kopf war rot vor Wut und in seinen Augen spiegelte sich nun schon so
etwas wie Angst.
"Du
bist wahnsinnig geworden! Unser Orden ist da um Hoffnung in das Leben
der Menschen zu bringen. Alles was die Götter tun hat seinen
Zweck und Sinn, es ist Größenwahn ,
was du vorschlägst. Anmaßend !"
Sie
schüttelte den Kopf und sah ihn ruhig an.
"Du
warst mir ein großartiger Lehrer, aber du bist alt und müde.
Es ist an der Jugend sich die Welt zu nehmen, die ihr zusteht. Mit
der Hilfe der Götter haben wir diesen Sünder gerichtet und
mit der Hilfe der Götter werden wir auch die anderen richten.
Und eines Tages werde ich dir den Kopf dieses Teufels bringen, aber
bis dahin gibt es noch zahlreiche andere. Was ist dankbarer, als eine
gerettete Seele? Wir werden viele sein, wir werden stark sein. Was
waren wir denn vorher?"
Sie
wies in die Runde.
"Ein
Haufen schwacher, halb verhungerter Kinder, die sich Verpflegung und
Unterkunft erhofft hatten. Wir sind wie Mäuse, die leise den
Menschen ins Ohr fiepsen und ihr Korn fressen. Ich sage wir werden Raubtiere ,
sowie das Feuer eines ist und machen dies zu einer besseren Welt, im
Namen der Götter!"
Akios
wich zurück, langsam den Kopf schüttelnd.
"Du
bist fanatisch, dies ist nicht der
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