Der Feigling im Dunkeln (German Edition)
ihn hinknien und die Dinge nahmen ihren üblichen
Lauf.
Bald
flammten Graudornen auf dem kleinen Platz zwischen den Häusern
auf, dann legte sie die Stange in das Feuer und noch immer ignorierte
sie die irritierten Blicke des Mannes. Einige male fragte er, was sie
tat. Anders als der Fremde ging er scheinbar nicht davon aus
hingerichtet zu werden.
Schaulustige
hatten sich selbstverständlich um sie herum versammelt
Die
Situation missfiel ihr zunehmend. Der Mann, den sie plante zu
brennen, würde schwer zu kontrollieren sein, wenn sein Körper
vor Schmerz aufschrie. Sie sah ihn schon mit einer monströsen
Brennung und in Ketten davon stürmen, wie einen gebrandmarkten
Stier.
Die
Stange glühte weiß und Jaris nahm sie schließlich
aus dem Feuer und sagte die Worte, wie so oft in den letzten Tagen.
Der
Söldner sah sie schräg an, als wüsste er nicht, was
sie von ihm wollte.
Wie
so oft zuvor fütterte sie ihm die Worte und er wiederholte
skeptisch.
"Ist
das so eine Art letztes Gebet?", fragte er, als er sein Leben in
die Hände der Götter gelegt hatte.
"Nicht
das letzte, dein allererstes. Dies ist der Moment, in dem dein Leben
beginnt."
Sie
sah ihn wohlwollend an, sein Blick gefiel ihr.
Natürlich
war er voll von Angst, welcher Mann war das nicht, wenn er in Ketten
lag und man ihm ein weißglühendes Eisen an die Kehle
hielt.
"Halt
still. Es wird weh tun, aber wenn du still hältst wird es ein
gerades Mal, das ist ehrenvoller."
Ein
seltsames Verständnis zeigte sich in seinem Gesicht und er
nickte langsam.
Sie
spürte es. So musste es sich anfühlen, wenn ein Mann
tatsächlich in die Hände der Götter gelegt wurde.
Dann
brannte sie ihn. Als das Eisen seine Haut versengte riss er die Augen
auf, sie sah wie sein Blick zu schwimmen begann und hörte den
stummen Schrei, der seine leicht geöffneten Lippen verließ.
Sie
trat zurück und sah wie er wankte. Ihre Brüder hielten ihn
aufrecht, als sein Kopf nach vorne sank und sein Körper schlaff
wurde.
Schnell
drehten sie ihn auf den Rücken und Akios machte sich sogleich
daran, seine Wunde zu versorgen.
"Er
wird leben.", sagte Jaris. Sie wusste es. Sie hatte gespürt,
dass es jemand besonderes war, als der Älteste das erste mal von
ihm gesprochen hatte.
Es
war nicht der düstere Fremde, den sie brennen sehen wollte, es
war jemand so viel wertvolleres gewesen.
Fürs
erste ließ sie den Mann ruhen, er war zu schwer um ihn hinein
zu tragen, aber das Wetter war still und so schlugen sie alle ihr
Lager auf dem Dorfplatz auf.
Plötzlich
fiel ihr das Mädchen auf, dass entfernt von ihnen neben einer
Häuserwand stand und alles tat, um bloß nicht aufzufallen.
Im
Schatten war sie nur als Umriss zu erkennen, die Kapuze der
verwaschenen, grünen Kutte tief ins Gesicht gezogen beobachtete
sie die Szenerie.
Die
Dorfbewohnern schienen sich allesamt mehr für den gefallenen
Söldner zu interessieren, der stöhnend auf der Erde lag und
von Akios mit Tinktur und Leinen behandelt wurde.
Jaris
lief betont ruhig zu dem Mädchen hin, erst als sie näher
herankam fiel ihr auf, dass die kleine ihr höchstens bis zu den
Schultern reichte und keine Schuhe trug.
Fast
noch ein Kind.
"Kleines,
was machst du denn hier so alleine?", sie versuchte ihre Stimme,
die sich in letzter Zeit zunehmend an einen scharfen Befehlston
gewöhnt hatte, sanft und vertrauenerweckend klingen zu lassen.
"Ich...
ich wollte es nur selbst sehen... das Brennen..."
"Verstehst
du denn, was die Brennung bedeutet?"
"Ihr
nehmt Feuer und benutzt es mit Eisen, und das Opfer stirbt. Aber ihr
tut so, als würde es noch leben und als sei das alles eine gute
Sache. Die Leute schreien und für manche ist es besser zu
sterben, als mit der Stange angefasst zu werden. Wahrscheinlich tut
es so weh, dass man lieber sterben will."
Jaris
sah sie irritiert an. Wusste das Mädchen, mit wem sie sprach?
"Ja,
das tut es, aber darum geht es nicht. Hast du schon einmal eine
Predigt des Ordens gehört?"
"Vor
einiger Zeit, aber ich habe nicht alles verstanden, was sie sagten.
Viel mit Feuer und Göttern und Sünde. Aber das, was ihr
Menschen wohl Sünde nennt ist überall, es macht keinen
Sinn."
"Es
läuft darauf hinaus: Die Welt ist voller böser Menschen.
Vor langer Zeit haben die Götter das große Feuer gesandt,
damit alle Sünder ihr wahres Gesicht zeigten. Unsere Aufgabe ist
es jetzt, die Sünder herauszupicken und sie zu brennen. So wie
damals das Feuer es getan hat. Es ist ein Test. Das Feuer brennt
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