Der Feigling im Dunkeln (German Edition)
ihm
zusammenhingen.
Was
half es, über die Implikationen nachzudenken. Hatte er seine
Arbeit nun doch getan und das Lager der Plünderer zerstört
oder hatte er, wie er es sich so oft erträumt hatte, nun doch
Blut und Tod in das Dorf gebracht, das ihn geschmäht hatte?
Sowohl
als auch. Oder weder noch. Was half es darüber nachzudenken.
Irritiert verließ er den Ort.
Nach
Norden, nach hause.
V – Am
anderen Ende der Welt
Wir
befinden uns in 100n.d.F, eine Zeitangabe, die in diesem Bereich der
Welt sinnlos erscheint, denn hier hat es nie ein Feuer gegeben.
Aus
alten Zeiten behielt dieser Kontinent den Namen Außenland bei,
auch wenn er schon seit langem das Hauptland um Welten überholt
hat. Das Außenland befindet sich im Wandel, es ist unabdingbar,
dass wir uns an dieser Stelle diesem einen Schicksal widmen.
Eins
– Die Sklavin
Die
Morgensonne hing als glühender Ball hinter der bröckeligen
Mauer, die den Hof der Kürschnerei von denen der anderen Gilden
abgrenzte, weit hinter dem Meer aus Dächern, und noch weiter
hinter den Zinnen des Kaiserpalastes der Stadt Tep.
Tei
sah nichts von ihren Strahlen, aber sie fühlte sie. Es war erst
seit wenigen Stunden hell, aber schon glühten die Steine unter
ihren Füßen förmlich und aus der Wanne vor ihr
stiegen erbarmungslos die stinkenden Dämpfe auf und waberten ihr
entgegen.
Sie
war den Gestank gewohnt. Seit sie als Kind von ihrer Mutter, einer
Sklavin, getrennt und weiterverkauft wurde waren die Dämpfe ihr
ständiger Begleiter gewesen. Es war kein schlechtes Leben, was
Sklavenleben betraf. Die Gilde, dessen Besitzer sie gekauft und an
den Meisterkürschner vermietet hatte, lag auf dem Weg der
Ewigen, dem mittleren Weg in dem Teil der Stadt, den man auch die
Rippen nannte.
Fünf
dieser Wege gab es, wie die namensgebenden Knochen verliefen sie von
der Hochstraße, die die Stadt von West nach Ost in zwei
schnitt, bis an die Küste im Norden der Landzunge, auf der die
Kaiserstadt Tep lag.
Auf
dem Weg der Ewigen passierte nicht viel, daher rührte auch sein
Name. Er war der Limbus aller Wege. Wer hier hin geriet, der blieb in
der Regel auch.
Lebte
man am Weg der Niederen, so tat man alles erdenkliche um von dort weg
zu kommen, oder aber gab auf und zog gleich eine Station weiter
Inlands, in die Flosse, das Gebiet der Sklaven und niedersten
Händler. Lebte man auf dem Weg der Gehenden, direkt am
sogenannten Kopf, dem Gebiet der Adligen an der Ostküste, so
dauerte es nicht lange, bis man von dort aus ins nächst bessere
Gebiet zog, dem Bauch, Reich der besseren Händler und Beamte,
mit den besseren Häfen und dem besseren Marktplatz.
Teis
Gilde aber lag auf dem Weg der Ewigen, ein gemütlicher Ort und
ein sicherer vor allen Dingen.
Die
Kaiserstadt Tep war nicht ansatzweise so prunkvoll, wie ihr Name
vermuten ließ. Neben dem offiziellen Namen nannte man sie auch
die Stadt der Käfer, ob auf ihr geschäftiges Treiben oder
die sanitäre Situation hindeutend war ein Rätsel. Einige
behaupteten, der Name stammte von dem kaiserlichen Hafen, der
abgeschirmt von dem Rest der Welt wie Greifzangen eines gigantischen
Hirschkäfers ins Meer hinein reichte.
Historisch
gesehen war Tep jedoch ein Fisch. Worauf dieser Name basierte war
Allgemeinwissen.
Laut
dem Gründungsmythos des Volkes der Wun hatten die Götter
eine mächtige Scholle auf die Welt geworfen, um zu entscheiden,
welchem Volk sie ihren Wohlwollen schenken wollten. Schicksal ließ
den Fisch auf das Land Wun fallen, das zu dem Zeitpunkt nur von
Barbaren bevölkert gewesen sein soll. Durch das Licht der Götter
inspiriert begannen sie sich niederzulassen, sich zu kultivieren und
zu Ehren der Götter ihre Hauptstadt zu bauen. Tep wurde
natürlich nicht an einem Tag erbaut, und erst recht nicht von
Barbaren. Stück für Stück hatten sich neue Stadtteile
an die alten geklatscht, Häuser wurden in schmale Häuserlücken
geschoben und wenn man eine Straße brauchte, so riss man
einfach eine Schneise in den Ameisenhaufen, den diese Stadt
ausmachte.
Auch
die klar definierten Abgrenzungen der Wege und Gebiete der Stadt mit
all ihren Mauern und bewachten Toren konnte nicht darüber
hinwegtäuschen, dass dieser Ort in Chaos entstanden war.
Tei
war hier geboren worden, ein wahres Kind Teps und von Geburt an
verdammt.
Ein
Fluch lastete auf ihren kleinen Schultern. Nein, drei Flüche um
genau zu sein.
Eins,
sie war ein Mädchen.
Zwei,
sie war Sklavin.
Drei,
sie war eine Sklavin vom Volk der
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