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Der Feigling

Der Feigling

Titel: Der Feigling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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Fall, Angsthase, liegt die
Sache leider etwas anders. Sie liegen in der Badewanne, und was stellt sich
heraus? Ausnahmsweise ein ungesundes Bad! Nicht für möglich zu halten!« Sein
Ton änderte sich jäh. »Heroismus ist eine feine Sache, Hase. Süß und ehrenvoll
ist es, fürs Vaterland zu sterben. Sie werden in dieser Wanne ersaufen wie ein
Hund, der nicht mehr schwimmen kann. Oder Sie erzählen uns, was wir wissen
wollen. Ein bißchen über Ihren Auftrag und ein bißchen über Ihre Zentrale. Na,
wie ist es? Etwas mehr Wasser gefällig?« Seine Hand griff zum Hahn. Plätschernd
lief das Wasser weiter.
    Der Feigling mußte mit dem Kopf höher.
Sein Gesicht stieß gegen das Drahtnetz.
    Der andere blickte ihn träumerisch an.
    »Neidisch könnte man werden! Er darf
baden. Man selbst ist mit Staub und Schweiß bedeckt, fühlt sich abgespannt und
elend. Und er badet! Ungerechte Welt. So ungerecht. Nun, Onkel Jakob? Viel
Platz ist nicht mehr unter dem Gitter. Möchtest du nicht doch ein bißchen was
erzählen? Erzähl uns was! Wir sagen es bestimmt nicht weiter. Nicht wahr,
Freunde?«
    »Ganz bestimmt nicht!« Die anderen
sahen gekränkt aus.
    »Ihr Treuen! Ich wußte, daß ihr mich
nicht enttäuscht. Was sollte unser Freund Häslein von uns denken, wenn wir
petzen! Los, mach das Maul auf, du Schwein!« schrie er.
    »Natürlich«, sagte der Feigling mühsam.
»Und anschließend laßt ihr mich raus, wie? Nehmt das niedliche Gitter herunter
und laßt mich raus, ihr edlen Menschen! So was von Nächstenliebe. Wartet ein
bißchen — in der Hölle erzähle ich euch alles, was ihr wissen wollt —, dauert
nicht mehr lange...«
    »Dich begraben wir noch«, sagte der
Chef.
    Das Wasser überspülte das Gesicht des
Feiglings. Er hielt den Atem an. Das Gitter schnitt tiefe Kerben in seine
Flaut. Das Blut dröhnte in seinem Körper. Er riß den Mund auf, warf sich zur
Seite...
    Dann wachte er auf.
    Barbara ließ seine Nase los.
    »Heu! Stirb nicht gleich, wenn man dir
deinen Zinken zuhält! Ach je, ach je! Ganz blaß ist er! Und Schweiß auf der
Birne, richtiger Schweiß! Mußt du schwer gearbeitet haben im Schlaf!«
    Der Feigling erkannte sie. Barbara.
Bärbel. Er war zu Hause, und sie war bei ihm. Alles klar. Alles in Ordnung.
Keine Wanne, kein Gitter
    »Morgen«, sagte er.
    »Guten Morgen — Astrid. Schlecht
geträumt?«
    »Nein. Ausgezeichnet.«
    »Du bist hochgefahren, als wollte dich
einer umbringen. Was schnarchst du auch so entsetzlich!«
    Mit dem Zipfel der Bettdecke wischte
sie ihm den Schweiß von der Stirn.
    »Warum schläfst du nicht, du
Wärmflasche aus Menschenhaut! Dann hörst du nicht, wie ich schnarche! So was!
Wehrlosen Schläfern die Luft absperren! Mistpfützenkrebs, verfluchter!«
    Er küßte sie eine halbe Minute lang,
bis ihm die Luft zum zweitenmal wegblieb.
    »Schnarchkasper, greisenhafter!«
    »Nieskarpfen! In meinem Bett kann ich
schnarchen, solange ich will. Wer hat dich überhaupt hier reingelassen?«
    »Eingeladen.«
    »Ha! Eingeladen! Hast du eben den
Kicherer gehört? Fremde Weiber in meinem sauberen Hause! Das Laster in diesem
unberührten Bette!«
    Sie krabbelte an ihn heran.
»Greislein?«
    »Fahre fort, meine Tochter, ich höre
schon!«
    »Wie viel Mädchen waren schon in diesem
unberührten Bette?«
    Der Feigling strich einen imaginären
Bart. »Ach, weißt du... ich habe die Wohnung noch nicht lange. War Untermieter,
genau wie du, mein Sofapüppchen. Viele können es nicht gewesen sein...«
    Sie packte ihn am Hals. »Sofort sagst
du es mir, Lump! Ich bringe dich um!«
    »Hinweg, Bestie! Auch noch zählen am
frühen Morgen! Mach lieber Frühstück, du fauler Wanst...«
    Es folgte ein Freistilringkampf. Der
Feigling verlor mühelos in der ersten Runde. Barbara preßte ihn nieder und fuhr
fort, ihm die Luftröhre zu massieren. Er japste.
    »Gnade! Es waren nur drei Frauen hier.
Von der Heilsarmee. Sangen ein Lied zur Laute und wollten Geld für die
Kriegskasse... sonst niemand... so wahr ich unter dir liege...«
    Diesmal küßten sie sich noch länger.
    »Hm«, machte der Feigling stöhnend.
»Zeitungswissenschaft nennt sich das! Studentin! Kann mich nicht erinnern, daß
diese Übungen im Vorlesungsverzeichnis stehen.«
    »Doch. Studium universale. Für Hörer
aller Fakultäten.«
    »Schwarzhörer auch?«
    »Mit Erlaubnis des Dozenten.«
    »Fein. Komm, Dozentin. Geh ins Bad und
wasch deine überirdische Erscheinung. Eins der Handtücher ist verhältnismäßig
sauber. Das grüne. Ich werde die

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