Der Feigling
unmöglich
rausklingeln!« Sie machte eine Fistelstimme. »Aber Kindchen, wo kommen Siiie
denn her so spääät! Sie sind doch noch sooo jung!«
»Du mußt eben früh kommen. Wie heißt
doch deine Freundin?«
»Astrid.«
»Na also. Du warst bei Astrid und bist
dageblieben. Sie ist auch schon oft bei dir geblieben, ohne überhaupt gekommen
zu sein.«
»Oft.«
»Na also. Ich werde mein Bett Astrid
nennen.«
»Du bist ein alter Esel.«
»Hast du gut geschlafen darin?«
»Prima. Gleich schlafe ich weiter.«
»Tu das, mein Herz. Ich werde auf mein
Nahkampfbett zurückkehren und über die Schlacht nachdenken. Morgen früh, wenn
die Sonne auf den Speeren der Feinde leuchtet, werde ich einen Ochsen für dich
braten und das Bad mit wohlriechenden Wässern bereiten lassen...«
»Greis!«
»Hm?«
»Ist es sehr hart — auf dem Feldbett?«
»Hart? Hart sagst du, unwissendes Kind?
Das Wort hart ist wie linde Daunen im Vergleich zu dem, was mich dort erwartet.
Das Ding ist eine geschliffene Diamantplatte. Man kann nur im Handstand dort
schlafen, oder gar nicht. Im Sarg ist es weicher.« Er trank Bier mit düsterem
Gesicht.
»Schnarchst du sehr?«
»Schnarchen? Ich weiß nicht, ob ich
schnarche. Es ist lange her, daß mich jemand darauf aufmerksam gemacht hat.«
»Lüg nicht, wenn du mit mir sprichst!
Wenn du nicht schnarchst, dann könntest du — ich meine, ich rutsche ganz zur
Wand... ich halte dir bestimmt die Nase zu, wenn du...«
»Bärbel«, sagte er. »Du kannst mir die
ganze Nacht die Nase zuhalten und den Mund auch. Ich atme durch Tracheen wie
eine Wespe oder überhaupt nicht... in deiner Nähe brauche ich keinen
Sauerstoff!«
»Red nicht so viel! Ich will schlafen!«
Sie stellte ihre Flasche auf den Nachttisch
und rollte sich dicht zur Wand. Daumen im Mund, Hand im Kissen. Der Feigling
betrachtete sie lächelnd. Er drückte die Verschlüsse der Flaschen zu. Die Lampe
ging aus. Im Dunkeln zog er den Morgenrock aus. Dann kroch er langsam und
vorsichtig unter die linke Hälfte der Bettdecke.
Barbara war bei ihm. Sie lag zwanzig
Zentimeter entfernt, aber er spürte ihre atmende Haut und die Wärme darunter.
»Greis!«
»Was ist? Hab’ ich schon geschnarcht?«
»Erzähl mir was! Woran denkst du?«
»Ich denke an die Schlacht, morgen,
gegen die Gallier. Weißt du was? Ich lasse sie einfach ausfallen. Der Teufel
soll dieses Gallien holen, und der Senat soll mich am... ich meine, es wird
irgendwo schon noch eine andere stattfinden. Warum muß es gerade die sein?
Hähä. Ich bleibe im Zelt, bei dir. Passieren kann nichts, weil ich den Harnisch
anhabe. Laß sie sich draußen prügeln, bis ihnen die Helme platzen. Ich bleibe
bei Bärbel, trinke Bier aus der Flasche und vergesse Rom und die Römer, die
Rindviecher. Ich bin so glücklich wie noch nie. Sollen die Kinder später in den
Geschichtsbüchern lernen, was sie wollen. Der große Cäsar ließ eine Schlacht
ausfallen, und die Weltgeschichte stand still! Und wer war schuld? Barbara
Thomann, das schönste Mädchen Galliens, eine Spionin zwar und falsche Schlange,
aber seinem Herzen näher als sein eigener Herzbeutel, von Rom gar nicht...«
Er fühlte, wie sie sich umdrehte. Ihre
Arme kamen aus der Dunkelheit und ihr Mund auch. Es waren keine zwanzig
Zentimeter mehr zwischen Ihnen.
»Mein Greis!« flüsterte sie
*
Sie standen zu dritt um ihn herum. Ihre
Gesichter waren freundlich, fast zuvorkommend. Sie sprachen leise und mit
gewählten Worten, vermieden jeden groben Ausdruck. Alles gebildete Leute von
Welt. Aber der Feigling wußte, daß er erledigt war und so gut wie tot.
Er lag ausgestreckt in einer Badewanne.
Das Wasser war angenehm warm, nicht zu kühl, nicht zu heiß. Direkt erfrischend.
Er lag allerdings ziemlich flach in der eisernen Mulde und konnte mit dem Kopf
nicht hoch. Über ihm war ein engmaschiges Gitter aus dickem Stahldraht, das die
Wanne nach oben abschloß. Mit stählernen Krampen war es am Rand der Wanne
eingehakt, auf allen Seiten fest, ganz unverrückbar.
»Sehen Sie, Häslein«, sagte der Chef
der drei, »das Bett und die Badewanne sind die zwei genialsten Erfindungen der
Menschheit. Es gibt nichts Nützlicheres für einen Menschen, als im Bett oder in
der Badewanne zu liegen. Er tut was für seine Gesundheit und gibt kein Geld aus
während dieser Zeit. Kann man heutzutage mehr verlangen in dieser bösen, bösen
Zeit? Kann man das?«
Er blickte die beiden anderen an.
Lächelnd schüttelten sie die Köpfe.
»In Ihrem
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