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Der Feigling

Der Feigling

Titel: Der Feigling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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Zutaten zum Frühstück aufbauen. Dann schrubbe
ich mir den Hals mit den Würgemalen. Du machst den Tee und die Eier, und wir
frühstücken so unbefangen, als wärst du vor einer Viertelstunde erst gekommen.«
    Es dauerte noch eine Weile, bis sie aus
dem Bett herausfanden. Eine halbe Stunde später saßen sie in der Küche zwischen
Spiegeleiern und Teetassen.
    »Wie spät ist es nun wirklich?«
    »Halb zehn.«
    »Wenn ich an meine Wirtin denke, wird
mir übel.«
    »Denk an was anderes. Wann, zum
Beispiel, sehe ich dich wieder?«
    Sie legte einen Finger an ihre
Nasenspitze. »Morgen ist Vorlesung. Zeitungsgeschichte. Kommst du hin?«
    »Bewahr mich der Himmel vor Not, Tod,
Feuersbrunst und Termitenfraß! Hier schlafe ich besser.«
    »Dann hol mich wenigstens ab.«
    »Darüber könnte sich nachdenken lassen.
Wann ist es zu Ende?«
    »Geht von halb vier bis sechs.«
    »Auch noch mitten im Berufsverkehr.
Schön. Ich stehe vor allen drei Türen zugleich. Einer von uns erwischt dich
dann schon.«
    »Hoffentlich ist er nüchtern.«
    »Schweig, Minderjährige. Grüß deine
Wirtin und sag ihr, wir hätten die ganze Nacht gearbeitet und die Anfänge der
Druckkunst durchgenommen.«
    »Sei nicht frech.«
    Barbara ging zehn Minuten später. Vom
Balkon aus sah sie der Feigling an der Haltestelle. Er winkte, bis sie
eingestiegen war.
    In der Küche spülte er die Tassen ab
und pfiff dabei vor sich hin. Er war verliebt und freute sich darüber. Beinahe
hätte er nicht mehr an so was geglaubt. Stand ihm das überhaupt noch? Hinterher
fuhr er hinunter zum Briefkasten und holte seine Post. Nichts Besonderes war
dabei. Ein Postscheckbrief, keine Gutschrift, leider. Eine Karte von einer
früheren Freundin, längst verheiratet mit irgend jemandem. Aus dem Urlaub.
Sonne, Wein, Faulenzen. Wie es ihm ginge?
    Im Augenblick sehr gut, dachte er. Wie
lange, war fraglich. Er las die Zeitung.
    Als er die Preise für Münz- und
Barrengold studierte, schrillte das Telefon zitternd.
    Der Meister. »Morgen, mein Lieber. Wohl
geruht?«
    »Wohl.«
    »Bißchen kurz, wie? Dame war noch da,
wie?«
    »Ja«
    »Dachte ich mir doch. Tja — Jakob —,
hab’ Willy besucht und Beileid ausgesprochen. In hohem Maße bedauerlich das, in
der Tat. Die Wohnung geben wir auf, Jakob Jeremias. Mit Ersatz ist nicht zu
rechnen. Man muß sparen. Saure Zeiten. Sehr sauer. Tja. Du kriegst gelegentlich
einen anderen, nach dem du sehen kannst, wenn er sich den Fuß verstaucht hat.«
    »Okay«, sagte der Feigling.
    »Hm. Ach, weißt du — dein Mädchen...
wie ist sie?«
    »Harmlos.«
    »Harmlose Mädchen gibt es nicht, mein
Lieber. Na ja, man muß an seinen Körper denken. Sehe ich ein. Möchte sie
trotzdem mal betrachten, Jakob. Wirst du da eifersüchtig?«
    »Nein.«
    »Wäre auch ganz ungehörig — bei einem
alten Freund. Vielleicht — geht sie mal mit zum Frühschoppen. Muß nicht unbedingt
Bier trinken — gibt auch Fruchtsäfte und Coca und so...«
    »Sie trinkt Bier«, sagte Jakob.
    »Ausgezeichnet. Möglicherweise hat sie
am Sonnabend schon Zeit — das wäre herrlich, wie?«
    »Das wär’s.«
    »Warum sollte sie keine Zeit haben?«
    »Ich sag’s ihr.«
    »Ich wußte, daß du mich verstehst,
Johann Jakob. So eine Freude für einen einsamen Mann. Na, dann lies deine
Zeitung weiter. Bis zum Sabbat, Herr Berufskamerad.«
    »Bis zum Sabbat.«
    Die Leitung war taub. Der Feigling sah
aus dem Fenster.
    Die Sache mit Willy war erledigt. Und
jetzt wollte der Meister wissen, wer Barbara war. Natürlich. Er mußte sich um
alles kümmern, um jeden einzelnen und um die Bekannten von jedem. Risiko war
gefährlich. Fehler waren der Tod.
    Es half nichts. Er mußte Barbara mit in
die Kneipe schleifen, in den Dunst von Bier und Tabak, zu den komischen
Männern, dorthin, wo sie immer zusammentrafen, wo auch der Meister war, den
niemand kannte. Oft hatte er darüber nachgedacht, wer von ihnen es sein könnte.
Er hatte es aufgegeben, es war sinnlos und führte zu nichts.
     
    *
     
    Barbara klingelte lange und übermütig.
Es war lächerlich, Angst zu haben. Was ging die Alte an, wo sie gewesen war.
Bei Astrid. Na und?
    Das Dienstmädchen öffnete. Barbara
wirbelte an ihr vorbei.»Danke, Resi! Morgen!«
    Sie kümmerte sich nicht um das Gesicht
und lief die Treppe hoch. Ihr Zimmer war aufgeräumt, sauber. Es schrie direkt
nach Unordnung. Wäs sollte man mit dem Tag anfangen? Paar Briefe schreiben und
raus in den Garten. Morgen war die Vorlesung. Liebe Vorlesung.
    Sie schrieb schnell,

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