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Der Feigling

Der Feigling

Titel: Der Feigling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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Jacke.
    »Na, so was«, sagte Fuchs.
    Er schielte hinüber zu seiner Waffe auf
dem Tisch.
    Viel zu weit weg. Und das Magazin raus.
    War das ein beschissener Tag.
    »Seit wann schleifst du solche Dinger
mit dir herum? Ich denke, du siehst kaum noch was?«
    Der Alte sah bekümmert aus. »Es ist
wahr, lieber Freund. Das Augenlicht ist mein großer Kummer. Du glaubst nicht,
wie es mir auf der Straße ergeht! Ich verbrauche Armeen von Schutzengeln!«
    »Da würde ich eine Armbinde tragen.«
    »Wer läßt sich schon gerne brandmarken!
Aber du stehst immer noch! Verzeih mir! Ich bin unhöflich!« Der lange Lauf
winkte leicht. »Dort hinten ist ein Stuhl, Füchslein! Setz dich doch! Du wirst
müde sein!«
    Der Kleine sah ihn mit schmalen Augen
an. Er verstand.
    Willy. Ihm war es auch so ergangen.
    Er stieß sich ab vom Fensterbrett, ging
lässig und ohne Hast zu dem Sessel, auf den der Alte zeigte. Noch weiter weg
von seiner Pistole. Weg von der Tür, in die hintere Ecke des Zimmers, wo kein
Schutz mehr war. Nur der Vorhang in der Tür zum Abstellraum.
    Er setzte sich.
    Doktor Meise lächelte. »Ich wußte es
doch! Nach so einer anstrengenden Reise!« Er machte ein paar Schritte von der
Tür weg, seine Waffe und seine Augen blieben auf Fuchs gerichtet. Er trat
hinter den Tisch. Etwa sechs Meter war er jetzt entfernt. Der kleine Fuchs
kannte die Dinger mit dem langen Lauf. Auch mit dem Schalldämpfer schossen sie
genau. Es hatte keinen Zweck, etwas zu unternehmen. Nichts hatte mehr Zweck.
    Der Alte nahm die Pistole vom Tisch. Er
schnupperte an der Mündung, nickte. Wie absichtslos ergriff er das Magazin und
schob es in seine Tasche. Er lehnte den Stock an den Tisch, zog einen Stuhl
nach vorn, langsam und umständlich. Er setzte sich. Seine Bügelfalten waren
untadelig, auch im Sitzen. Er griff an sein Kinn. Uralt war er jetzt, kaum noch
von dieser Welt. Was macht’s, dachte der kleine Fuchs. Wahrscheinlich lebt er
länger als ich.
    »Du kannst die Hände hintun, wo du
willst«, sagte Meise. »Es war nett von dir, die Pistole hier zu deponieren. Ich
habe vorhin deine Wohnung durchsucht, kleiner Fuchs. Nirgends eine andere
Waffe. Nur ein paar alte Küchenmesser.«
    Das Messer.
    Das Messer in der Tasche. Nur nicht
daran denken. Der Alte könnte es erraten. Gab doch noch so was wie
Gedankenfunk.
    »Meine Aussteuer war bescheiden«, sagte
Fuchs. »Wolltest du dir eine Stulle schmieren?«
    Oh, nein, danke! Ich habe gegessen. Ich
brauche so wenig, so furchtbar wenig. Vielen Dank.« Er zog sein Taschentuch
hervor, schneuzte sich umständlich und laut. »Ja... weswegen bin ich
hergekommen... ach, ja... weißt du, ich plaudere gern ein bißchen, bevor ich
von einem alten Freund Abschied nehmen muß... es lindert den Schmerz der
Trennung. Ah... was geht über ein Gespräch?«
    Fuchs wußte es nicht und schwieg.
    »Zu meinem Bedauern mußte ich hören,
daß Walter und Sebastian tot sind«, fuhr der Alte fort. Seine Stimme war voller
Trauer. »Verunglückt! Ist das möglich?«
    »Ich hab’s auch gehört«, erwiderte der
Kleine. »Bin janz ergriffen.«
    »Ja. Und dann sollen noch drei andere
gestorben sein? Weißt du, woran?«
    Fuchs räkelte sich in seinem Sessel.
Noch war Zeit dazu. »Nicht genau. Ich glaub’, es war nichts Ernstes.«
    Es zuckte kurz im Gesicht des Alten. »Hm,
hm. Hast du sie erschossen, Füchslein?«
    »Hm, hm. Hab’ ich sie erschossen?«
    »Ich glaube es fast, mein armer Freund.
Es wäre besser gewesen, sie hätten dich auch erwischt, nicht nur Walter und
Sebastian. Nun muß ich das wieder übernehmen. Ach, es ist so furchtbar, Schüsse
auf einen Menschen abgeben zu müssen.«
    »Solche wie auf Willy.« Der Kleine
sagte es grimmig.
    »Ach ja, Willy! Der arme Willy! So
sympathisch war er mir. Er stammte aus meiner Heimat, Füchslein, aus dem
goldenen Böhmen! Denk dir, Böhmen! Leider stand er auf der falschen Seite! Und
eines Tages begann er zu ahnen, auf welcher Seite ich war. Und ich mußte ihn
besuchen.«
    Fuchs sagte nichts.
    »Und heute muß ich es bei dir tun! Ich
wünschte, du könntest mein zerrissenes Herz sehen!«
    Vielleicht sehe ich’s noch, dachte
Fuchs.
    »Und Jakob Hase... auch ihn werde ich
noch beglückwünschen müssen... und alles in meinem Alter! Ach, Siegfried, du
hast es gut! Bald kannst du schlafen, endlich schlafen! Aber ich, ich muß wach
bleiben! So lange bin ich schon hinter euch her! So lange!
    Ich wußte, daß eure Zentrale geplant
hatte, unsere Freunde abzufangen. Ich wußte

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