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Der Feigling

Der Feigling

Titel: Der Feigling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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natürlich, wann sie kommen würden,
Füchslein... aber wir wußten nicht, welche von euren Gruppen auf sie angesetzt
werden würde...«
    »Ist es denn die Menschenmöglichkeit«,
sagte Fuchs.
    »Ja. Mit anderen Worten... es mußte
herausgefunden werden, welche eurer Gruppen sich aufmachte, sie zu empfangen,
wenn sie eintrafen. Wir haben überall Verbindungsleute, Füchslein. Genau wie
ihr. Die Geheimdienste sind so phantasielos.«
    »Komisch. Bei solchen Mitarbeitern.«
    »Ich weiß.« Die alte Stimme klagte. Die
Gläser leuchteten in dem faltigen Gesicht. »Aber man hört ja nicht auf mich!
Ja. Und in dieser peinlichen Situation kam mir die liebe, kleine Barbara zu
Hilfe.«
    Er wartete.
    Fuchs rührte sich nicht.
    »Ach, das gute Kind! Sie könnte aus
Böhmen sein, Füchslein! Da haben die Mädchen diese volle Figur, wie reifes Korn
auf dem Feld, blühende Gärten sind sie im Land der Liebe. Ich lag im Bett, ich
mußte wieder mal krank spielen, ich gebe zu, es fällt mir nicht schwer, es
erinnert so köstlich an den Tod. Sie saß vor mir. Ich fühlte mich wie die Hexe
im Märchen, die das Blut des irrenden Ritters saugt und mit jedem Tropfen
hundert Jahre jünger wird. Aber das war es nicht allein. Sie hatte die unbeschreibliche
Güte, mir zu verraten, wann ihr euren Ausflug macht.«
    Fuchs sah den Raubvogelblick. Er blieb
ganz ruhig. Er dachte an den Wannsee und die hängenden Weiden.
    »Da wußte ich, mein Freund, daß ihr
ausersehen seid, in das einsame Haus einzuziehen... das einzige, was uns
fehlte, denke dir. Ja. Und da habe ich unsere Besucher schnell informiert, sie
möchten doch einen Tag früher kommen. Das haben sie getan. Und nun hast du
alles verdorben. Alles verdorben!«
    »Es ist eine Schande«, sagte Fuchs.
    Der lange Lauf bewegte sich. Er
pendelte zwischen dem oberen Knopf und dem zweiten.
    »Wirklich, Füchslein! Wirklich! Deine
Worte sind wahr. So nett hatte die Kleine alles gemacht, so lieb war sie um
euch besorgt und um den guten Jakob... ich wurde neidisch, als ich sah, wie
sehr sie ihn liebte...«
    Fuchs beugte sich etwas vor. Eine
Chance blieb. Eine kleine. Der Bursche war alt. Eine ganz kleine.
    »Liebte?«
    »Natürlich! Hast du es nicht gewußt?
Warst du nicht dabei, beim Friedrich, wie sie zusammen gekommen sind? Das habe
sogar ich gesehen... mit meinen alten Augen!«
    Fuchs sah ganz verblüfft aus. Er war
kein Schauspieler, er wußte es, aber was konnte Probieren jetzt noch kosten.
    »Ach du stiller Friedhof! Ick hab’
jedacht, sie wär’ eene von euch!«
    Doktor Meise nahm die Brille ab. Seine
Augen waren scharf und klar. Er konnte sehen. Und wie er sehen konnte. Seine
Stimme war so hart wie sein Blick. »Aber Fuchs! Glaubst du, wir beschäftigen
Minderjährige?«
    »Na ja, ick dachte... wir ham’ jedacht,
sie hat uns verpfiffen... Jakob hat et jesacht... ach, du lieber Gott...«
    Er senkte den Kopf. Seine Hand bedeckte
die Augen.
    »Was ist?«
    »Ich hab’ sie umgebracht«, sagte Fuchs
tonlos. »Heute morgen. Ich hab’... oh.«
    Dann lachte der Alte.
    Glucksend. Endlos. Schadenfroh. Der
Teufel.
    »Ach, mein armes Füchslein!
Tatsächlich? Nein, nein! Wie sich doch manches von selbst erledigt! Da muß ich
immer an Talleyrand denken! Das große Vorbild!«
    Fuchs saß ruhig. Er blickte nicht auf.
Es konnte klappen. Ein Gramm Glück, und es konnte klappen.
    »Weißt du, was er getan hat? Wenn am
Abend Probleme sich angestaut hatten, ungeheuer wichtige, Staatsaffären,
Weltgeschichte... er hat sich ins Bett gelegt. Geschlafen! Fest geschlafen! Und
wenn er aufwachte, hatte sich fast alles von selbst erledigt. Und den Rest hat
er dann übernommen! Ich fühle mich wie er!«
    Fuchs hob den Kopf. »Sie war keine von
euch?«
    »Niemals.«
    Fuchs starrte ihn an, hilflos, als
hätte er aufgegeben, als wäre nie wieder Widerstand von ihm zu erwarten. »Aber...
unser Boß...«
    Meise sang wieder. »Ach... euer Boß!
Ich finde ihn noch, mein Füchslein. Es ist meine letzte Arbeit. Ich ahne, wer
es ist. Und dann kehre ich heim. An den Strand der Moldau, an die goldenen
Gewässer Böhmens! Möchtest du nicht mitkommen?«
    »Möcht’ ick schon.«
    Meise sah zur Uhr. »Heute wird es nicht
mehr gehen, mein Guter. Heute mußt du anderswohin. Aber eines Tages treffen wir
uns.«
    »Eines Tages treffen wir uns«,
wiederholte Fuchs.
    »Sicher. Und nun wirst du auch Willy
sehen und Walter. Und euren lieben Anwalt. Was war das für ein feiner Mensch!«
    »Was war das für ein feiner Mensch«,
wiederholte

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