Der Feind in deiner Nähe
mir sprechen?«
»Ich habe viel Geld verloren.«
»Ich weiß. Ich war dabei.«
»Diese Leute müssen doch gesehen haben, dass ich mit so was keine Erfahrung hatte. Ich kann es nicht fassen, dass sie wirklich Geld von mir wollen. Aber gestern ist bei mir zu Hause so ein Typ aufgetaucht und hat mich bedroht. Ich weiß nicht mal, wie er an meine Adresse gekommen ist.«
Stuart schwieg.
»Glaubst du, ich könnte mit jemandem reden?«
Stuart zog ein Gesicht, als wäre ihm das alles ziemlich egal.
»Du kannst mit Tony reden, wenn du willst. Oder mit Vic.
Aber ich weiß nicht, was du von ihnen erwartest. Es war ein richtiger Pokerabend. Du hast doch gesehen, dass sie um Geld gespielt haben. Wenn du in den Supermarkt gehst, kannst du doch auch nicht einfach deinen Einkaufswagen füllen und dann an der Kasse fragen, ob du die Sachen umsonst bekommst.«
»Es sind elftausend Pfund.«
»Wie gesagt, du kannst mit Tony reden.«
Nun kam der wirklich schwierige Teil. Ich schluckte.
»Weißt du, Stuart, eigentlich hatte ich ja gehofft, dass du vielleicht … na ja, dass du etwas zu ihnen sagen könntest.«
Nun folgte eine lange Pause. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass er die Situation ziemlich genoss.
»Darum soll ich mich also auch noch kümmern?«, antwortete er schließlich.
»Was meinst du mit ›auch noch‹?«
»Du hast mich doch gebeten, mich um die Sache mit Deborah Trickett zu kümmern. Oder hast du das vergessen?«
»Ich habe dich nicht darum gebeten. Du hast es mir angeboten.
Außerdem habe ich schon seit Tagen nichts mehr von ihr gehört.«
»Und woran, glaubst du, liegt das?«
»Sie weiß, dass sie keine Chance hat.«
»Da wäre ich mir an deiner Stelle nicht so sicher«, entgegnete Stuart.
»Wie meinst du das?«
»Ich habe mit ihr gesprochen. Ihre Wohnung ist zum Verkauf ausgeschrieben. Die Frau steht demnächst auf der Straße. Sie muss ohne Zeugnis auf Arbeitssuche gehen. Sie hat einen guten Job aufgegeben, um bei KS Associates anzufangen, und nun hat sie alles verloren. Deswegen wäre es gut zu wissen, ob ihre Entlassung wirklich gerechtfertigt war.«
»Auf wessen Seite stehst du eigentlich?«
»Ich stehe auf gar keiner Seite. Ich fungiere nur als Vermittler.
Und als solcher versuche ich eine gemeinsame Basis zu finden.
Es erschien mir wichtig, dass du weißt, was für einen Schlag ihr das Ganze versetzt hat. Sie ist dadurch in eine prekäre Lage geraten. Das war dir vielleicht nicht ganz klar.«
»Oh, mir war durchaus klar …«, begann ich, klappte den Mund aber gleich wieder zu und sah ihn an. Er wurde ein bisschen rot. »Ich glaub’s nicht! Du vögelst mit ihr.«
Stuart lief knallrot an und blickte sich um.
»Nicht so laut!«, sagte er. »Was ist bloß los mit dir?«
»Und, habe ich Recht?«
Er richtete einen Finger auf mich. Ich befürchtete schon, er würde mir damit ins Auge stechen. »Nein. Hast du nicht.« Er konnte kaum sprechen, rang nach Luft. »Warum tust du das eigentlich? Das machst du bei allen Leuten so. Du suchst nach ihren Schwachstellen. Irgendeinen wunden Punkt hat ja jeder.
Du findest ihn, und dann machst du die Leute fertig. Bei Debbie war es auch so. Du hast sie bei einem Fehler ertappt. Du bist ja so klug. Und dann hast du das benutzt, um sie fertig zu machen.
Bei mir war’s das Gleiche. Und du bildest dir ein, das lassen sich alle gefallen. Geht es dabei um Macht? Oder bereitet es dir einfach Freude? Zu sehen, wie weit du gehen kannst? Eines kann ich dir jedenfalls sagen: Was deine Schulden bei Vic Norris betrifft, wirst du auf Granit beißen. Dem kannst du keinen Honig ums Maul schmieren. Aber klimpere ruhig ein bisschen mit deinen Wimpern, und versuch ihn zu becircen. Du wirst schon sehen, was dir das bringt. Vic Norris verzeiht nichts, und er vergisst auch nichts, und wenn du es einfach darauf ankommen lässt und auf dein Glück vertraust, dann wirst du bald wissen, was ich meine.«
Er hielt inne, als wäre ihm die Luft ausgegangen.
»Bist du jetzt fertig?«, fragte ich.
»Nein«, antwortete er. »Ich bin hier, um mit dir über Deborah zu reden.«
»Und?«
»Du kannst zumindest eine der Katastrophen, die du angerichtet hast, wieder rückgängig machen. Gib ihr eine zweite Chance.
Sie verspricht, dass sie sich nichts mehr zuschulden kommen lassen und es dir nicht nachtragen wird.«
»Dass sie es mir nicht nachtragen wird?«
»Ja. Also, was für eine Antwort kann ich ihr geben?«
Es dauerte einen Moment, bis ich mich wieder gefangen
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