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Der Feind meines Vaters - Roman

Der Feind meines Vaters - Roman

Titel: Der Feind meines Vaters - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Almudena Grandes
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Lindenblütentee zu holen. »Ihre Tochter ist volljährig. Wenn Sie wünschen, können Sie eine Vermisstenanzeige aufgeben, aber …«
    »Natürlich wünsche ich das! Sie müssen sie finden, Salvador, Sie müssen sie finden und sie mir wiederbringen, hierher, nach Hause, ich verstehe das nicht …« Sie konnte vor lauter Schluchzen kaum sprechen und war so nervös, dass sie mehr Tee verschüttete als trank, so sehr zitterte ihre Hand. »Das kann nicht sein, es ist einfach unmöglich. Verstehen Sie denn nicht? Man muss sie entführt haben, ja, entführt, aus eigenem Willen hätte meine Tochter so etwas niemals getan, so ein braves Mädchen, so fromm, so fügsam … Sie hat nicht einmal zur Hochzeit ihrer Cousine mitkommen wollen! Sie kennen sie ja, außerdem war sie in letzter Zeit so abwesend, so mit sich selbst beschäftigt, tat so geheimnisvoll, dass ihr Vater schon Angst hatte, sie wolle ins Kloster eintreten, mehr brauche ich Ihnen wohl nicht zu sagen. Und manchmal bekam sie … ich weiß nicht, wie ich es nennen soll, so etwas wie Anfälle von Verzückung, dann stieg ihr die Farbe ins Gesicht und ihre Augen strahlten wie auf den Bildern in der Kirche. Mein Mann sagte immer, sieh sie dir an, wie eine Heilige … und so war es tatsächlich, Sie hätten sie sehen müssen. Sie verbrachte den ganzen Tag zu Hause, lächelte in sich hinein und sprach mit niemandem. Sie ging ja nicht einmal mehr aus dem Haus, das ganze Dorf weiß es, sie ging niemals tanzen oder mit Freundinnen ins Kino, und von Männern wollte sie erst recht nichts wissen. Komm mir bloß nicht damit, Mutter, sagte sie, ich habe keine Lust auf den Unsinn, und es stimmte, oder wollen Sie das bestreiten? Sie hatte nichts übrig für Männer, ihre ganze Zeit widmete sie ihrer Großmutter. Die Arme, sagte sie immer, sie ist schon so alt, eines Tages stirbt sie uns weg, und sie ist immer so froh, wenn sie mich sieht, sie hat es gern, wenn ich Tag und Nacht bei ihr bin …«
    An diesem Punkt runzelte der Leutnant die Stirn, und Doña Felisa verstummte, als hätte sie bislang nicht darüber nachgedacht, wo sich jenes Haus befand, der Hof, den ihre Schwiegermutter um keinen Preis hatte verlassen wollen, obgleich er jenseits der Kreuzung lag und ihre Söhne sie seit Jahren gedrängt hatten, in die Wohnung zu ziehen, die sie im Dorf besaß.
    »O Gott!« Ihre Hand fuhr zu ihrem Ausschnitt, als müsste sie eine Öffnung verschließen, durch die ihr Leben entwich. »O Gott, mein Gott! Mörder, Mörder!«
    »Nun ja«, sagte der Leutnant, »Mörder … das will ich gar nicht bestreiten, aber ich glaube nicht, dass sie Isabel mitgenommen haben, um sie zu töten. Da können Sie ganz beruhigt sein.«
    »Dann eben Verbrecher …«, beharrte die Mutter jenes zweifelhaften Opfers. »Verbrecher, Banditen! Meine arme Tochter!«
    Nachdem es ihm gelungen war, Doña Felisa zu überreden, wieder zu ihrem Mann nach Hause zu gehen, verschränkte Michelin die Arme vor der Brust und grinste Curro spöttisch zu.
    »Wer weiß, mit wem Isabelita die Nächte verbrachte, wenn sie vorgab, bei ihrer Großmutter zu schlafen … Kein Wunder, dass sie nichts von dir wollte. Ich würde nur allzu gern erfahren, wer derjenige welcher war. Von wegen Verzückungen und Gedanken ans Kloster! Frauen! Man kann ihnen einfach nicht trauen.«
    Obwohl er wusste, dass die Angehörigen der anderen drei verschwundenen Frauen dichthalten würden, weil sie wahrscheinlich von Beginn an eingeweiht gewesen waren, befahl er seinen Männern, zumindest einen aus jeder Familie auf die Wache zu bringen, und nahm für Isabel eine Vermisstenanzeige auf, hauptsächlich, um sich mit Don Carlos, Don Justinos jüngerem Bruder, gutzustellen. Er war ziemlich sicher, dass sich die Frauen getrennt hatten, um nicht aufzufallen, wenn sie nicht längst in Frankreich oder Portugal waren, oder über Algeciras, Málaga oder Almería nach Afrika gelangt waren. Wenn sie sich beeilt hatten, hätten sie mit ihren Papieren innerhalb von einem Tag und zwei Nächten überall hingelangen können, da sie auf keiner Fahndungsliste standen. Der Leutnant war überzeugt, dass Isabel hinter der aus Liebe, nicht aus politischen Gründen organisierten Flucht gestanden hatte, und erkannte sofort, dass sie den günstigsten Zeitpunkt ausgewählt und auch alles andere so perfekt eingefädelt hatte, dass selbst die gründlichste Suche reine Zeitverschwendung wäre.
    Das war seine einzige Folgerung. Er sollte die Angelegenheit nicht weiterverfolgen, nicht

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