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Der Feind meines Vaters - Roman

Der Feind meines Vaters - Roman

Titel: Der Feind meines Vaters - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Almudena Grandes
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behaupten, dass er es war, der ihn getötet hat, Gott behüte, aber … nur weil der arme Feldwebel, möge er in Frieden ruhen, immer meinte, er sei ein Schurke, ein Gauner, dachte ich, aber das ist wahrscheinlich Unsinn, oder?« Plötzlich stand er auf und kam bekümmert auf mich zu, dann drehte er sich um. »Verzeihen Sie, Herr Leutnant, Sie werden bestimmt Wichtigeres zu tun haben, ich hätte Sie nicht damit behelligen sollen. Wirklich, es tut mir leid.«
    Michelin stimmte ihm zu, es war Unsinn, trotzdem rief er vorsichtshalber in Los Villares an und wunderte sich, dass man sich dort so zugeknöpft gab. Als er die Akte von Burropadre vor sich liegen hatte, ein langes Vorstrafenregister wegen subversiver Tätigkeiten, die er bereits mit zwölf Jahren begonnen und erst vor zwei Jahren mit seiner jüngsten Entlassung aus dem Gefängnis beendet hatte, verstand er die Zurückhaltung seiner Untergebenen. Trotzdem wollte er nicht wahrhaben, dass in dieser Akte und der Identität von Sanchís’ Verbindungsmann, die der Portugiese ihm sozusagen auf einem silbernen Tablett serviert hatte, seine Zukunft, seine Beförderung und der ersehnte Führungsposten in irgendeiner angenehmen Provinzhauptstadt für immer begraben lagen. Dieser zaghafte, fast ängstliche Mann, der niemals den Mut und die Gelassenheit hätte aufbringen können, mit der Sanchís den Tod gewählt hatte, und überdies wusste, dass seine Karriere auf dem Spiel stand, reagierte mit einer alles umfassenden, wilden Wut wie ein verwundetes, im Käfig seiner eigenen erbärmlichen Zukunft gefangenes Tier. Wenn er schon Sanchís’ Komplizen nicht mehr lebend zu fassen bekam, so schwor er sich, würde er zumindest alles in seiner Macht Stehende tun, egal was es kostete, und statt Jaén von der frustrierenden Entdeckung zu unterrichten, die er gerade gemacht hatte, ließ er Burropadres Akte in einer Schublade verschwinden. Dort würde sie so lange liegen, bis er sie in die Information einbinden konnte, die Pirulete ihm hatte verkaufen wollen, die Fluchtpläne der Banditen, die irgendwer in Fuensanta de Martos notgedrungen kennen musste. Viel Zeit blieb ihm nicht, da mit Mariñas Dienstantritt eine Situation entstehen würde, die sich später nicht mehr so leicht verändern ließe. Daher beeilte er sich.
    Der Portugiese, dieser Ausbund an Kaltblütigkeit, der mir das Blut in den Adern gefrieren ließ, als ich hörte, wie er log und betrog, mit einem Geschick, das Paquitos Meinung von seiner Feigheit nach Strich und Faden widerlegte, wollte nur Michelins Krise zu einer Lösung führen, ohne Gewalt oder Opfer eine Grabinschrift für Miguel Sanchís’ doppelten Tod verfassen. Doch sein Trick führte nicht dazu, dass der Leutnant den Verräter vergaß, im Gegenteil, er weckte seine Erinnerungen auf brutalste Weise erneut, sodass sich alles nur verschlimmerte.
    Die Razzia dauerte fast eine Woche. Da es zu viele Verdächtige gab und die Zellen überfüllt waren, musste man die Leute schichtweise festnehmen, und während der monotonen Hölle von fünf immer gleich verlaufenden Nächten kam meine Schwester Pepa, die nun schon sechs war, nur ein einziges Mal zu mir ins Bett, als wollte sie sich auf die Rolle vorbereiten, die ihr in den nächsten sechs Jahren zukäme, wenn sie sich um den Bruder kümmern musste, der am Ende des Sommers zur Welt käme. Als sich die Schläge, Schreie, Beschimpfungen und Drohungen erschöpften, war Salvador Michelin nicht mehr er selbst. Er hatte mehrere Kilo verloren, seine Augen waren gerötet, der Blick verloren, seine Hände zitterten, und er schwitzte, als hätte er Fieber. Zudem hatte er endlosen Hass geerntet und mehr Informationen, als er brauchte, ein Konglomerat widersprüchlicher Daten, in dem sich Lüge und Wahrheit ebenso unergründlich vermischten wie die Anzahl und Grausamkeit der Schläge, mit denen er sie sich verschafft hatte. Und obgleich jeder wusste, dass Informationen, die durch Folter erzwungen werden, unzuverlässig sind, hielt er alles in einem kleinen Heft fest, das er immer bei sich trug und in dem er nachschlug, während er unentwegt durch das Dorf wanderte, auf der Suche nach Indizien, die diese oder jene Aussage bestätigen konnten, so klein sie auch sein mochten.
    So begann die letzte Woche des Aprils 1949, die auch die letzte Woche von vielen anderen Dingen werden sollte, von dem Leben, der Welt, der Realität, die wir bislang gekannt hatten. Am Sonntagnachmittag entließen sie die letzten Festgenommenen, mit

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