Der Feind meines Vaters - Roman
Was du gestern oder heute Morgen gemacht hast, und lächele. Sprich zu mir, es ist das einzige, weswegen ich durchgehalten habe, das einzige.« Und während Vida ihn ansah und lächelte und ihn immer wieder küsste, weinte nun er. »Ich stellte mir vor, dass ich es bis hierhin schaffen würde, dass wir das tun würden, was wir jetzt tun, und ich erinnerte mich an meinen Vater, an meinen Onkel Lorenzo, an meine Cousins, die weggehen werden, die weggehen müssen, die es bis Frankreich schaffen müssen, verdammt nochmal. Aber vor allem dachte ich an dich, Vida, und ich wusste, dass ich durchhalten würde, dass es ihnen nicht gelingen würde, mich zu brechen, und sie haben es nicht geschafft, Vida, sie haben es nicht geschafft …«
Joaquín Fingenegocios war bereits Halbwaise, als auch sein Vater in den ersten Monaten des Krieges an der Front vor Córdoba fiel. Anschließend hatte sein Onkel ihn wie einen eigenen Sohn behandelt, bis auch er dem Fluchtgesetz zum Opfer fiel. Seit er elf war, waren Lorenzo und Enrique seine großen Brüder und zugleich seine Cousins gewesen, doch auch Pirulete war im Haus der Pesetillas aufgewachsen, und seine Kindheit hatte ihn nicht daran gehindert, Regalito ans Messer zu liefern. Das dachte ich, als sie mir ganz nah waren, und deshalb blieb ich stehen und sah ihn so an, als hätte ich die Schulden nie bezahlt, die ich bei ihm hatte, ihm nie die fünfzig Céntimos zurückgegeben, mit denen ich Elena zu einer Portion Churros eingeladen hatte.
» Adiós , Joaquín«, sagte ich, als er an mir vorbeikam. Und er blieb stehen, drehte sich um und lächelte.
» Adiós , Knirps.«
Ich sah ihnen nach. An der Ecke wollte er nicht nach links abbiegen zu seinem Haus, wir gehen in die Bar deines Vaters, Vida, das werden wir machen, hörst du? Ich will, dass sie mich sehen, sie sollen sehen, dass man es schaffen kann, und außerdem habe ich Lust auf ein Bier. Sie wollte nicht, zog ihn mit sich und fragte, ob er noch bei Trost wäre, doch als sie um die Ecke bogen, verlor ich sie aus dem Blick. Ich musste nicht lange warten, um zu erfahren, was passiert war, denn am Tag danach gab es in meinem Dorf kein anderes Gesprächsthema.
Als sie die Bar erreicht hatten, stützte sich Joaquín auf den Tresen und bat seinen Schwiegervater um ein Bier, woraufhin Vida nein sagte, er solle ihm keins geben, aber Joaquín warf ihm einen Blick zu und nickte, und sein Schwiegervater verstand, nahm ein Glas, zapfte ihm ein Bier und stellte es vor ihn.
Antonio Cuelloduro war von Anfang an gegen diese Ehe gewesen und hatte sie nur deshalb nicht verhindert, weil ihm seine Prinzipien heilig waren und er sie auch dann nicht verletzen wollte, als seine einzige Tochter mit neunzehn Jahren aus Liebe den Sohn eines Kommunisten heiratete. Er gab gerne damit an, dass er seinen Kindern niemals etwas hatte verbieten müssen, trotzdem hätte er alles gegeben, damit seine Tochter Vida zu Hause geblieben wäre und mit einem anderen angebändelt hätte, einem guten Jungen aus irgendeiner anarchistischen Familie. Sollen sie es verbieten, sagte er, sie, die so gerne alles bestimmen und verbieten, denn darin sind sie doch genauso wie die Faschisten. Aber im Haus der Fingenegocios gab es keinen kommunistischen Mann mehr, nur Joaquín, und er würde sich bestimmt nicht seine eigene Hochzeit verbieten.
Deshalb blieb Cuelloduro nichts anderes übrig, als sich damit abzufinden, und als sein Schwiegersohn an diesem Nachmittag an seinem Glas nippte, war er stolz auf ihn und stolz auf Vida. Und als er sah, wie er schwankend versuchte, sich mit dem linken Ellbogen auf den Tresen zu stützen, und sagte, er wisse auch nicht, was los sei, aber seine Beine seien plötzlich so wacklig, und dann das Bewusstsein verlor, war er es, der ihn auffing, nach Hause schleppte und zum Arzt lief. Leute, die ihn an diesem Tag auf der Straße sahen, erzählen, er habe bittere Tränen vergossen, und in Fuensanta de Martos hatte noch nie jemand Antonio Cuelloduro weinen sehen. Vielleicht stritt er es deshalb immer ab, obwohl Joaquín, den er seit diesem Tag wie einen eigenen Sohn behandelte, ihn gerne daran erinnerte, wenn er ihn aufziehen wollte.
Aber als ich an diesem Nachmittag in die Kaserne kam, war dieses glückliche Ende noch weit entfernt. Mutter war völlig außer sich, wütend und erschrocken zugleich.
»Glaubst du, die lassen uns so einfach davonkommen? Eines Tages erschießen sie deinen Vater, ich sehe es vor mir, oder einen anderen, jeden, nur diesen
Weitere Kostenlose Bücher