Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Feind meines Vaters - Roman

Der Feind meines Vaters - Roman

Titel: Der Feind meines Vaters - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Almudena Grandes
Vom Netzwerk:
erfuhr, dass er nicht zum Gefreiten befördert würde, und auch Izquierdo, als er erfuhr, dass er nun doch nicht zum Feldwebel aufsteigen würde, doch keiner der beiden hatte jemanden wie Doña Concha zu Hause, die sich wie eine Furie von morgens bis abends Luft zufächelte. Ihre Frauen beschimpften sie auch nicht als Versager, warfen ihnen nicht vor, ihnen das Leben zur Hölle zu machen, oder zwangen sie, auf dem Sofa zu schlafen. Doch nicht einmal das konnte den gewaltigen Wutausbruch erklären, mit dem sich ein ansonsten ruhiger Mann, der sich mit der Tyrannei seiner Frau abgefunden hatte, in ein Ungeheuer verwandelte und eine Gewalt entfesselte, wie sie Fuensanta de Martos noch nie erlebt hatte, nicht einmal zu Zeiten des ersten Cencerro.
    »Er hat den Verstand verloren«, sagte Vater, als er zum Abendessen nach Hause kam, nachdem er mitgeholfen hatte, das völlig überfüllte Gefängnis noch weiter zu füllen. »Er ist verrückt geworden, anders kann ich es mir nicht erklären. Er hat einen Anfall. Und es wird nichts bringen, gar nichts, sondern nur alles schlimmer machen, und eines Nachts kommen die aus den Bergen herunter und bringen uns alle um …«
    »Antonino! Bitte, sag so etwas nicht, um Gottes willen!«
    »Was willst du hören, Mercedes? Dass du nicht wach bleiben und auf mich warten sollst?«
    Am 19. April, zwölf Tage bevor der neue Feldwebel Mariñas seinen Dienst in Fuensanta de Martos antrat, befahl Michelin, alle Dorfbewohner, Männer, Frauen, Greise und Kinder, zu verhaften, die direkt oder indirekt mit den beiden Cencerros, dem alten und dem neuen, zu tun gehabt hatten. Am selben Morgen hatte er Besuch vom Leiter des Postens in Los Villares erhalten, der nicht mehr sicher war, ob Michelin noch sein Vorgesetzter war oder nicht, die schlechte Nachricht jedoch auf jeden Fall persönlich überbringen wollte.
    Aniceto Gómez Gutiérrez, besser bekannt als Burropadre, Vater der Esel, weil er sich neben der Bienenzucht seinen Lebensunterhalt mit zwei männlichen Eseln verdiente, von denen Hofbesitzer in der ganzen Provinz ihre Stuten decken ließen, um Maultiere zu zeugen, war Mitte März eines natürlichen Todes gestorben. Deshalb war er nicht zu seiner Verabredung mit Pepe, dem Portugiesen, erschienen, der aus freien Stücken in die Kaserne kam, um eine Aussage zu machen und damit unfreiwillig die Razzia auslöste. Zuerst hatte er mich abgeholt und gesagt, ich solle mein neues Schmetterlingsnetz mitnehmen. Gehen wir zum Fluss?, fragte ich. Ja, mal sehen, aber zuerst müssen wir zum Leutnant, antwortete er. Wozu brauchen wir denn das? Ich hielt das Netz in die Luft, doch er sah nicht einmal hin.
    »Ich habe nämlich kein Händchen für Bienenstöcke, wissen Sie, Herr Leutnant. Und da es hier im Dorf niemand zu geben scheint, der Bienen züchtet, hatte der Feldwebel gesagt, dass er mit diesem Mann gesprochen habe, er würde zur Mühle kommen und mir seinen Honig verkaufen. Er hatte immer viel zu tun, kein Wunder bei dem Spitznamen und dem Beruf. Stellen Sie sich vor, wenn die Esel die richtige Stelle nicht fanden, musste er mit der Hand nachhelfen!«
    Er hatte mich an der Tür des Wachbüros stehen lassen, als wollte er, dass ich von dort aus alles mitbekam, ohne mich einmischen zu können, während er Michelin mit seinem harmlosesten Gesicht und der Stimme eines verirrten Stieglitz, die er nach Belieben nachahmen konnte, in einem Zug Bericht erstattete. Doch in diesem Augenblick drehte er sich um, sah mich an und senkte die Stimme.
    »Sie wissen ja, was das Vögelchen so getrieben hat, nicht wahr? Ich will vor dem Jungen nicht in Details gehen.« Der Leutnant nickte, ohne mich anzusehen. »Wie auch immer, eigentlich war der Honig für die Frau des Feldwebels bestimmt, aber er wollte nicht, dass sie mit ihm direkt zu tun bekam, verständlich, oder? Er hatte mir gesagt, der Kerl wäre kein guter Mensch, sondern ein Verbrecher, mit dem er sich lieber nicht in der Öffentlichkeit zeigen wollte … Nun, mir mache es nichts aus, erklärte ich ihm, ja wirklich, ich bin ledig, und hier kennt niemand meine Familie.« Er zuckte die Achseln, um dann aufs Ganze zu gehen. »Fazit: Letzten Monat hatten wir uns für vorgestern verabredet, und der Kerl ist nicht erschienen. Heute wieder nicht, und da Carmona mich gebeten hatte, Sie über alles zu informieren, was mit Feldwebel Sanchís im Zusammenhang stehen könnte, weil es wichtig sein könnte, na ja, da ist mir eingefallen, dass vielleicht er … Ich will nicht

Weitere Kostenlose Bücher