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Der Feind meines Vaters - Roman

Der Feind meines Vaters - Roman

Titel: Der Feind meines Vaters - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Almudena Grandes
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…«
    Er hielt inne und suchte Hilfe in seinen Aufzeichnungen, blätterte immer wieder in den Seiten vor und zurück, als könnte er dort etwas entdecken, das er nicht wusste, oder die dringend benötigte Eingebung, auf die er nicht kam. Schließlich schnaufte er, atmete mehrmals lautstark ein und aus und fuhr fort:
    »Wie auch immer, Izquierdo und Carmona sind in den Bergen, auf der Erhebung von Los Pajaritos, als Banditen verkleidet, Curro und Arranz auch, aber auf einer anderen Anhöhe, weil ich der Meinung war, sie würden über den Moreno flüchten, ich war ganz sicher, deshalb habe ich Antonino und Romero mit dem Jeep zur Kreuzung geschickt, die Stelle, die zwischen den beiden Erhebungen und am nächsten zur Kaserne liegt, weil ich dachte …« Er schüttelte mehrmals den Kopf, als wollte er sich nicht daran erinnern, was er gedacht hatte. »Jedes Paar hat ein Funkgerät bei sich, damit sie untereinander Verbindung halten können. Wenn Izquierdo und Carmona etwas sehen, irgendeine Bewegung, so klein sie auch sein mag, haben sie Befehl, es den anderen sofort mitzuteilen. Curro und Arranz können dann Stellung beziehen, und der Jeep kommt mit seinem Funkgerät in die Kaserne zurück, damit ich der Kommandantur die möglichen Fluchtwege mitteilen und um Verstärkung bitten kann. Es war ein guter Plan, die Kollegen in Valdepeñas waren informiert, die in Los Villares ebenfalls, die Truppen in Jaén befanden sich in Alarmbereitschaft. Es gab nur ein Risiko, für alles andere war gesorgt, ich hatte alles studiert und bedacht, und es war ein guter Plan, aber mit einem Risiko, einem einzigen Risiko. Falls etwas Unvorhergesehenes passierte … Aber wer hätte sich vorstellen können …«
    Endlich klappte er sein Heftchen zu und legte es auf den Tisch. Dann sah er Mutter an, doch gleich darauf schweifte sein Blick zu mir, und er betrachtete mich mit derselben Beklemmung und Aufmerksamkeit, die er bislang seinen Notizen gewidmet hatte.
    »Es ist nämlich so, ich habe kein Funkgerät. Ich kann meine Männer nicht benachrichtigen. Wir haben nur drei Geräte, und die haben sie mitgenommen, aber jetzt sitzen sie alle am falschen Ort und werden nichts sehen und nichts mitkriegen, weil der Hurensohn von Cencerro bei seinem Abzug offenbar einen Umweg macht. Er hat Befehl gegeben zurückzuweichen, statt vorzurücken, bis zum Bizca-Hof auszuweichen, eine Abkürzung zum See zu nehmen und am Hang der Mona hinunterzukommen, sich anschließend rechts zu halten und versuchen, über die alte Straße von Torredonjimeno zu flüchten. Das hat er vor, und wenn es ihm gelingt, dann ist er noch vor dem Morgengrauen in Jaén. Dort kann er ein paar Tage untertauchen, bis seine Männer, einer nach dem anderen oder in Zweiergruppen, in verschiedene Richtungen ausgeschwärmt sind, und dann … Wahrscheinlich würden wir sie dann nicht mehr zu fassen kriegen. Jedenfalls nicht wir.«
    Als er seinen Vortrag beendet hatte, sah er uns an. Mutter runzelte die Stirn, zog die Schultern hoch und verzog den Mund, als verstünde sie nicht, wo das Problem lag, die Dringlichkeit, die den Leutnant zu dieser späten Stunde und in dieser Verfassung in ihr Haus verschlagen hatte.
    »Dann rufen Sie doch in Jaén an.« Ihre Stimme, die klar, ruhig und noch ohne jede Vorahnung einer drohenden Gefahr war, klang wie ein Peitschenhieb, mit dem man ein durchgegangenes Pferdegespann zur Vernunft bringen will.
    »Wie?« Michelin wandte ihr seinen verlorenen Blick zu, als hätte er nicht richtig gehört.
    »Ich soll die Kommandantur in Jaén anrufen?«, wiederholte er, bevor er mir einen fragenden Blick zuwarf, und ich nickte, denn dieser Vorschlag war einfach, präzise und für jeden nachvollziehbar.
    »Sollen sie ihre Truppen zur alten Straße von Torredonjimeno schicken und dort auf sie warten.«
    Der Leutnant wich ihrem Blick aus, schloss die Augen und schüttelte den Kopf.
    »Das kann ich nicht machen.«
    »Warum nicht?«
    »Es geht nicht, Mercedes. Weil ich nicht über genügend Information verfüge und nicht weiß, ob ich ihr vertrauen kann. Derjenige, der zu mir gekommen ist, hat gehört, wie man es Jésus Machillo, dem Bruder von Asun, zugeflüstert hat, du weißt schon, die Frau von Cabezalarga. Ich kann einen Einsatz dieses Ausmaßes nicht befehlen, der so viele Einheiten binden würde, ohne zu wissen, was da oben wirklich los ist. Wenn es eine Falle ist …« Er schwitzte und fuhr sich mit den Händen über Gesicht, Hals und Nacken, bis der ganze Kopf vor

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