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Der Feind meines Vaters - Roman

Der Feind meines Vaters - Roman

Titel: Der Feind meines Vaters - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Almudena Grandes
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Curro meinen Eltern und spielte auf das Gerücht einer Schwangerschaft seiner Verlobten an, um von seiner Verbitterung abzulenken, als wüssten sie nicht alle drei genau, dass man sich in Cuelloduros Bar über das Ende von La vaca lechera hinwegtröstete, indem man jeden Abend irgendwelche Liedchen über seine unglückliche Liebe zu Isabel sang, »aber sobald Don Bartolomé das Aufgebot verkündet hat, werden Sonsoles und ich heiraten.«
    »Wie schön«, antworteten meine Eltern unisono. »Herzlichen Glückwunsch.«
    »Es wird keine pompöse Hochzeit wie die von Marisol, wir wollen hier im Dorf feiern, es soll eine einfache Zeremonie werden. Hauptsache, wir heiraten, nicht?«
    »Natürlich«, entgegnete Mutter, und kaum dass er gegangen war, drehte sie sich mit einem mitleidigen Ausdruck zu Vater um, konnte dabei aber nur mit Mühe einen Lachanfall unterdrücken. »Der Arme.«
    »Ja«, pflichtete Vater ihr bei und versuchte, sich nicht von ihr anstecken zu lassen. »Aber ich glaube, dass er vom Regen in die Traufe kommen wird. Wegen der Liedchen, meine ich, manche sind wirklich lustig.«
    Seine Prophezeiung war richtig. Statt dass Cuelloduro darauf verzichtete, Reime auf Kosten von Curros Liebesleben zu schmieden, verstärkte er seine Produktion noch, doch Sonsoles machte es nichts aus. Am Tag der Hochzeit war der Himmel verhangen, es drohte zu regnen, trotzdem bestand sie auf denselben Albernheiten wie die Protagonistinnen ihrer geliebten Groschenromane. Sie nötigte Curro, zwei Stunden vorher aus der Kaserne zu kommen, legte den Spitzenschleier ihrer Großmutter an, dazu Ohrringe ihrer Mutter, etwas Neues, etwas Altes, etwas Blaues, etwas Geliehenes, verdrückte ein paar Tränen, als sie sich endgültig von ihrem Mädchenzimmer verabschiedete, wählte einen Strauß weißer Blüten, die billig aussahen, als wären es Feldblumen, aber einen französischen Namen hatten und ihrer Meinung nach das Eleganteste waren, was eine Braut tragen konnte, und traf am Ende eine Viertelstunde zu spät in der Kirche ein. Doch als sie diese frisch getraut wieder verließ, kam die Sonne heraus, als wollte sie den glücklichsten Tag im Leben der romantischsten und lächerlichsten Braut, die je in Fuensanta de Martos geheiratet hatte, nicht verderben.
    Nicht alle Liebesgeschichten in diesem Jahr hatten ein glückliches Ende. Ende September schrieb mir Elena aus Oviedo, dass sie ihre Großmutter überredet hätte, sie bei ihrem Onkel und ihrer Tante zu lassen. Ich werde dich vermissen, Nino, lautete ihre letzte Zeile, schreib mir, bitte, Kuss. Ich tat es nie, weil ich nicht wusste, was ich ihr hätte schreiben sollen, außer dass ich mir bereits im Juni, als sie weggegangen war, gedacht hatte, dass es so kommen würde. Deshalb bat ich sie an unserem letzten Nachmittag um einen Kuss, für den Fall, dass wir uns nicht wiedersahen. Sie presste ihren Mund auf meine Wange, und ich traute mich, um mehr zu bitten. Nein, nicht so, küss mich auf den Mund, los! Nino, du nervst!, antwortete sie und lief den Hang hinauf, ohne sich umzudrehen. Ich antwortete nicht auf ihren Brief, und sie schrieb nicht wieder, doch es machte mir nicht mehr so viel aus. Sie hatte mir wiederholt gesagt, dass sie die Berge nicht mochte und auch nicht auf einem Hof leben wollte, es sei schade, aber wahrscheinlich würde sie am Ende einen Arzt oder Anwalt aus Oviedo heiraten. Da hatte ich bereits beschlossen, dass ich lieber so sein wollte wie der Portugiese, und während ich in eigener Verantwortung allein und insgeheim über den Dachboden auf Doña Angustias’ Hof phantasierte, wurde mir bewusst, dass mir ein Mädchen wie Elena mit ihren Schleifen, Strumpfhosen und ihrer Affektiertheit zwar gefiel, dass sie aber nicht in das Leben passte, das ich führen wollte. Mir war eine Bergziege lieber, die ich auf einem schmalen Pfad festhalten konnte, um ihr einen Handel vorzuschlagen, dessen Einzelheiten man sich nur ins Ohr flüstern konnte.
    »Ich weiß nicht, was ich ohne sie machen soll«, gestand mir Doña Elena, als sie Anfang Oktober allein aus Asturien zurückkehrte. »Sie war das einzige, was ich hatte, und jetzt …«
    Ich glaubte, dass früher oder später auch sie wegziehen würde, doch auch darin irrte ich. Doña Elena war die einzige, die blieb, das einzige, das ich aus diesen intensiven und schrecklichen Jahren behielt. Und als ich wegging, blieb sie da, in ihrem schönen, sauberen Haus, das ihr so ähnelte und in das sie mich weiterhin zu Pfannkuchen und Wein

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