Der Feuergott der Marranen
diesen Waschlappen zeigen, ha-ha-ha!”
Ein Chor kriegerischer Stimmen unterstützte ihn.
So lenkte Urfin den Zorn des Volkes gegen die völlig unschuldigen Zwinkerer und
Käuer.
Nach der Versammlung begann Urfin, Befehle zu erteilen. Er ernannte Boris, Klem,
Hart und andere Raufbolde, alles kräftige Kerle und Draufgänger, zu Führern der Hundertschaften, die er aufstellen wollte.
„Nehmt in eure Hundertschaften nur junge kräftige Burschen auf. Altes Gerümpel
brauchen wir nicht, mag es zu Hause bleiben und sich auf den Empfang der Kriegsbeute
vorbereiten.”
An jenem Morgen hatte sich Karfax auf die Jagd in die Berge begeben. Zurückgekehrt
gewahrte er mit Staunen die ungewöhnliche Geschäftigkeit. Auf den Straßen
marschierten Trupps. Auf festgestampften Plätzen exerzierten Marranen mit Knüppeln.
Überall waren kriegerische Stimmen zu hören.
„Was ist los?” fragte der verwunderte Adler.
„Die Marranen wollen gegen die Zwinkerer und Käuer in den Krieg ziehen, und ich
kann sie, auf Ehr und Gewissen, nicht davon abhalten”, erwiderte Urfin unverfroren.
„Die Ärmsten leben ja so schlecht in ihrem Jammertal!”
„O du Nichtswürdiger!” rief Karfax . „Du hast sie dazu aufgestachelt, weil du die
Früchte eines Eroberungskrieges einheimsen willst!”
Mit weit aufgesperrtem Schnabel bewegte sich der riesige Vogel auf Urfin zu. Dieser
aber entblößte seine Brust und sagte:
„Da, töte mich, wenn du kannst!” Karfax wich zurück.
„Schurke!” rief er. „Du weißt, daß ich meinem Retter kein Leid zufügen kann. Das hast
du schon immer gewußt, Elender! Hast hinter meinem Rücken Ränke geschmiedet, und
ich habe dir dabei sogar geholfen. O ich Unglücklicher! Ich war ein nichtswürdiges
Werkzeug in den Händen eines Schurken! Aber ich will meine Sünde durch den Tod
büßen. Nur merke dir, Urfin! Du wirst kein gutes Ende nehmen, das sage ich dir in der
Stunde der Voraussicht, die uns Riesenadler manchmal erleuchtet!”
Nach dieser Prophezeiung schwang sich Karfax in die Lüfte und flog in Richtung des
Adlertals seinem Schicksal entgegen. Er wußte, daß Arraches, sein ärgster Feind, ihn
töten würde. Aber er wollte nicht länger bei Urfin bleiben, damit niemand denke, daß er
die tückischen Pläne des Bösewichts gutheiße.
AUF DEM MARSCH
Urfins Armee bestand aus 20 Kompanien, jede 100 Mann stark. Juice dachte, daß 2000
Soldaten für die Eroberung des Violetten und des Blauen Landes sowie der
Smaragdeninsel ausreichen würden. Um die Mittagszeit setzte sich die Armee in
Marsch. Bis zu den Bergen gab ihr die Bevölkerung des Tals das Geleit. Jeder Soldat
trug eine Schleuder mit Steinen als Munition, einen dicken Knüppel und einen Ranzen
mit Proviant.
Als die Marranen vom Berg hinabstiegen, kostete es die Obersten große Mühe, die
Marschordnung aufrechtzuerhalten. Immer wieder gerieten die Kolonnen in Unordnung,
weil bald ein Soldat, bald ein anderer aus der Reihe lief, um nach einem Schmetterling
oder einem Vogel zu haschen oder ein Blümchen zu bestaunen, -das alles gab es
nämlich in ihrer Heimat nicht.
Urfin saß rittlings auf seinem Bär und dachte mit Kummer an seine ehemaligen
disziplinierten Holzköpfe. Es sollte aber noch schlimmer kommen.
Als es dunkelte, entstand ein wirres Durcheinander, weil sich die Soldaten des Schlafs
nicht erwehren konnten. Urfin konnte gerade noch Posten aufstellen, da versank die
ganze Armee in tiefen Schlaf. Nach einer halben Stunde ging er die Posten inspizieren
und fand sie alle schlafend, obwohl sie strengen Befehl hatten, das Lager zu bewachen.
Manche lagen zusammengerollt auf der Erde, andere schnarchten sitzend, andere wieder
waren stehend eingeschlafen und hielten sich an den Bäumen fest. Zornig befahl Urfin
dem Bären, sie auf den Kopf zu stellen und an die Bäume anzulehnen. Keiner der
Schlafenden wachte darüber auf.
Bei einem nächtlichen Überfall hätte ein Feind alle diese „Helden” wie Küken
abschlachten können. In der Nähe gab es aber keinen Feind, und Urfin beschloß, es mit
den Dienstvorschriften nicht so genau zu nehmen. Er ging in sein Zelt und legte sich
schlafen. Über seine Ruhe wachte der nimmermüde Bär.
Ein kühler Morgenwind weckte die Marranen. Fröstelnd liefen sie zum nahen Bach, um
sich zu waschen. Nach einem kargen Frühstück setzte sich die Armee wieder in Marsch.
Einige Stunden später stand sie vor dem großen Fluß, an dem einst das Hochwasser Elli
und ihre Freunde
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