Der Feuergott der Marranen
wurde sofort ein Kriegsrat abgehalten, an dem auch die Maultiere teilnahmen,
weil Hannibal gesagt hatte: „Da wir die Namen berühmter Feldherren tragen, ist es
nur gerecht, daß wir in militärischen Angelegenheiten mitreden”, wogegen Tim
und Ann nichts einzuwenden hatten.
„Wie sind die Springer bewaffnet?” fragte das Mädchen. „Sie haben Schleudern
und schwere Keulen”, erwiderte das Hündchen.
Cäsar sagte:
„Hannibal und ich können an den Wachen so schnell vorbeisprengen, daß sie nicht
dazukommen, die Waffen zu heben. Wollt ihr euch davon überzeugen?”
„Um einen Stein in den Rücken zu bekommen, ja? Danke schön!” sagte Ann.
„Außerdem darf Urfin nicht erfahren, daß wir im Zauberland sind, sonst wird er
sich in acht nehmen und wir werden es viel schwerer haben, die Vorhersage des
Zauberbuchs in Erfüllung gehen zu lassen.”
„Wir könnten einen Bogen um den Feind machen”, sagte Tim.
„Das geht nicht, weil der Wald zu dicht ist”, entgegnete Arto.
Alle dachten angestrengt nach, dann rief Ann aus: „Ei, wie dumm wir doch sind! Wir
haben den Reif völlig vergessen! Er kann uns ja unsichtbar machen!”
Damit die Marranen nichts hörten, zogen die Kinder ihre Schuhe aus und hüllten die
Hufe der Maultiere in Blätter, die sie mit Lianen umwanden.
Um den Plan auszuprobieren, nahmen sich die Kinder bei den Händen und führten die
Maultiere am Halfter hinter sich. Als sie sich Arto näherten, der den Beobachter spielte,
berührte Ann den großen Rubin des Reifs.
„Nichts zu sehen und nichts zu hören!” rief Arto freudig. Hatte der Hund mit seinen
scharfen Augen und der feinen Nase nichts gemerkt, so konnte die Vorhut der Springer
erst recht nichts sehen oder hören. Die List hatte sich bewährt.
Kurze Zeit später hörten Ann und Tim das Getrampel zahlreicher Füße und den Lärm
vieler Stimmen. In der Ferne wurde der große Marranentrupp sichtbar, den Urfin gegen
die Käuer und Zwinkerer ausgeschickt hatte. Der Weg war hier viel zu schmal, als daß
die Kinder den Soldaten hätten ausweichen können. Zum Glück hatten sie etwa 50
Schritt vorher einen Pfad in den Wald abbiegen sehen. Auf diesen zogen sie sich nun
zurück, und Ann berührte erneut den Rubin.
Drei Züge von Urfins Armee zogen lachend und schwätzend an der kleinen Schar
vorbei, und keiner der Soldaten ahnte, daß sich in der Nähe Feinde verbargen.
Am Abend des nächsten Tages erreichten die Kinder den Großen Fluß.
Da die Überfahrt, wie sie von Rellem wußten, bewacht war, bogen sie vom Weg ab und
ritten am Ufer entlang, bis sie eine Stelle fanden, die sie, ohne absteigen zu müssen,
leicht überquerten.
Bis zur Smaragdeninsel waren es jetzt zwei Tagereisen zu Fuß, aber nur ein paar
Stunden zu Pferd. In dieser dicht bevölkerten Gegend mußte man gut aufpassen, denn
überall trieben sich Springer herum, denen unter die Augen zu kommen nicht ratsam
war. Selbst die Einwohner des Smaragdenlandes würden, wenn sie einem Mädchen
begegneten, das Elli wie aus dem Gesicht geschnitten war, überall davon erzählen, was
Urfin zu Ohren kommen konnte. Deshalb beschlossen die Kinder, den Weg zu Fuß
zurückzulegen, um die Zauberkraft des Reifs besser nutzen zu können.
Sie überlegten, was sie mit den Maultieren anfangen sollten. Sie in die Sonne zu stellen
war gefährlich, denn die Tiere würden sich so sehr aufladen, daß keine Fessel sie würde
halten können.
Tim legte Cäsar und Hannibal ins schattige Dickicht, band ihnen auf alle Fälle die Beine
zusammen und bedeckte sie mit Zweigen und Laub, damit kein Vorübergehender sie
bemerke.
Dann legten die Kinder das Allernotwendigste in ihre Rucksäcke und baten die Tiere, so
lange auf sie zu warten, bis sie zurückkehrten, selbst wenn das eine geraume Weile
dauern sollte.
Nach dem Abschied von den treuen mechanischen Gefährten kehrten Ann und Tim auf
die GBP-Straße zurück und nahmen, unsichtbar für die Umgebung, Kurs auf die
Smaragdeninsel.
Hier war alles grün. In grünen Hainen standen Farmerhäuser mit grellgrünen Wänden
und blaßgrünen Dächern. Die Einfriedungen der Gärten und Felder waren meergrün und
die Wegweiser hatten einen dunkelgrünen Anstrich.
Von ihrer Schwester wußte Ann, daß auch in der Kleidung der Einwohner die grüne
Farbe vorherrschte. Aber die wenigen Farmer, denen die Kinder begegneten, hatten nur
Fetzen am Leibe, deren Farbe schwer zu erkennen war. Die Marranen hatten ihnen nicht
nur Hab und Gut, sondern
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