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Der Feuergott der Marranen

Der Feuergott der Marranen

Titel: Der Feuergott der Marranen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Wolkow
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schnüffelte und die
Eichhörnchen anbellte, die von den Zweigen zurückschimpften.
Mit einem sonderbaren Gefühl beschritt Ann den märchenhaften Weg, von dem sie
geträumt hatte, als sie noch ganz klein war. Auf diesem Weg hatte Elli einst den
Scheuch, den Eisernen Holzfäller und den Feigen Löwen kennengelernt… Ann
erschauerte bei dem Gedanken, daß hinter den Büschen der schreckliche
Menschenfresser lauern könnte, der einst ihre Schwester entführt hatte. Sie beruhigte
sich jedoch bald, wußte sie doch, daß der Menschenfresser schon vor zehn Jahren vom
Eisernen Holzfäller erschlagen worden war.
Am nächsten Tag, als die Sonne bereits hoch Himmel stand, tauchte in der Ferne das
Dorf der Erzgräber auf. Der Weg hatte sich in eine breite Straße verwandelt, zu deren
beiden Seiten Weizenfelder rauschten und Gärten blühten. Auf einem Stoppelfeld
war ein Bauer mit einem Pflug zu sehen, den ein Sechsfüßer zog. Die Augen des Tieres
waren verbunden - wahrscheinlich, weil es sich an das grelle Sonnenlicht noch immer
nicht gewöhnt hatte.
Neugierig betrachteten Tim und Ann das seltsame Tier mit dem struppigen weißen Fell,
dem großen runden Kopf und dem runden Körper, der sich auf sechs runden Füßen
vorwärtsbewegte. Das Tier mußte sehr stark sein, denn es zog mit Leichtigkeit den
großen Pflug, der breite Furchen in der schwarzen fetten Erde hinterließ.
Der Bauer betrachtete verwundert die Ankömmlinge, die auf hochbeinigen Tieren ritten,
wie man sie im Zauberlande nicht kannte.
Am Rande des Dorfes lag eine kleine Fabrik, aus der das Rattern von Maschinen und
das Klopfen von Hämmern zu hören war. Die Erzgräber, die sich auf der Erdoberfläche
angesiedelt hatten, fuhren fort, das Metall zu bearbeiten, das aus der Höhle kam.
Tims und Anns Erscheinen rief im Dorf großes Aufsehen hervor. Aus den schönen
hohen Häusern mit den roten Dächern kamen Kinder und Erwachsene gelaufen, die die
kleine Schar neugierig umringten. Die Erzgräber hatten lange fahle Gesichter. Sie hoben
ihre Augen nur für kurze Zeit zu den Reisenden empor und senkten sie sofort wieder.
Ein hagerer alter Mann mit einem langen grauen Bart trat aus der Menge und sagte:
„Ich heiße Ruschero und bin der Herrscher im Lande der Erzgräber.”
„Oh, meine Schwester hat mir viel über Euch erzählt”, sagte Ann erfreut. „Ihr wart doch
der letzte Hüter der Zeit im unterirdischen Lande, nicht wahr?”
Ruschero schmunzelte:
„Ich wußte nicht, daß man sich jenseits der Berge noch meiner erinnert. Das habe ich
wohl Elli zu verdanken?” „Wem sonst?” sagte Tim. „Bei uns kennen alle Kinder auf
den Farmen die Namen der unterirdischen Könige. Euren natürlich auch”, fügte er
höflich hinzu.
Ruschero lud Ann und Tim zu sich ein. Die Maultiere wurden in die Sonne gestellt,
damit sie sich aufluden, und Arto blieb bei ihnen als Wächter zurück.
Das Haus Ruscheros hatte viele, schön ausgestattete Zimmer, an deren Decken kleine
Kugeln hingen, die, wie der Herrscher sagte, nachts das Haus beleuchteten. Der
Anstrich der Wände und Möbel war überwiegend von einem grellen Grün, Hellblau und
Orange.
Die Erzgräber mochten jetzt nicht mehr die blassen und trüben Farben, die sie in den
Jahrhunderten ihres unterirdischen Lebens umgeben hatten.
Zu Ehren der Gäste gab Ruschero ein großes Festessen. Bevor man sich an die Tafel
setzte, sagte er zu Ann und Tim:
„Die Reden einiger meiner Stammesgenossen werden euch vielleicht sonderbar
vorkommen, aber ich bitte euch inständig, ernst zu bleiben, selbst wenn es euch
schwerfallen sollte.”
In dem großen Saal nahmen an langen Tischen mehrere Dutzend Menschen Platz. In
dem halbdunklen kühlen Raum fühlten sich die Erzgräber ungezwungen, und Ann
bemerkte, daß sie kühne Augen und würdevolle Gesichter hatten.
Der Hausherr setzte das Mädchen zwischen zwei ältere Männer. Der Nachbar links, der
beleibt und rothaarig war, stellte sich vor:
„Barbedo!”
Der andere, zur Rechten, ein Mann mit dichten Brauen, dem eine schwarze Haarsträhne
in die Stirn fiel, sagte: „Mein Name ist Mentacho!”
Es waren zwei der letzten unterirdischen Könige. Ann hatte beinahe aufgelacht, aber der
Bitte Ruscheros eingedenk, unterdrückte sie das Lachen.
Auf den Tischen standen viele Leckerbissen: Torten auf großen Tellern, Zuckergebäck,
Kuchen, dampfende Schildkrötensuppe, Schalen mit herrlichem Obst, Pfannkuchen mit
Honig und Limonade.
Die Tischnachbarn unterhielten

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