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Der Feuergott der Marranen

Der Feuergott der Marranen

Titel: Der Feuergott der Marranen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Wolkow
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Ann, wie sie nur konnten. Der ehemalige König
Mentacho lobte eifrig seinen jetzigen Beruf, das Weben.
„Ich bin so stolz darauf, liebe Ann, daß ich Weber bin wie meine Vorfahren”, sagte
Mentacho. „Ich glaube, das Weben ist die allerwichtigste Beschäftigung auf der Welt.
Stellt Euch einmal vor, es gäbe keine Weber. Dann würden die Menschen in Tierfellen
umherlaufen, wie vor tausend Jahren, und ihr Verstand würde gewiß auf den Stand der
Tiere herabsinken!”
„Oh, Mentacho”, rief einer der Gäste fröhlich. „Du vergißt diejenigen, die Flachs
bauen!”
Ein anderer sagte:
„Sag, Freundchen, was würden deine Stoffe nützen, wenn wir Schneider nicht wären?”
Die Gäste lachten und scherzten ausgelassen.
Mit besonderer Aufmerksamkeit hörte Ann Barbedo zu. „Ich kann es nicht
begreifen”, sagte er erregt, „wie unsere Väter und Großväter die Macht der Könige
so lange geduldet haben. Hätte ich damals gelebt, ich hätte mich sicher als erster
gegen die Tyrannen erhoben!”
Die flammenden Reden Mentachos und Barbedos kamen Tim und Ann lächerlich
vor. Jetzt verstanden sie, warum der Hausherr sie gebeten hatte, ernst zu bleiben.
Am meisten staunten sie aber darüber, daß die vielen Tischgäste mit ernsten Mienen
den gestürzten Königen zuhörten. Nicht nur, daß niemand schmunzelte, man nickte
sogar beifällig und machte ermunternde Zwischenrufe. Diese Menschen, die viele
Jahrhunderte lang in ihrem unterirdischen Reich gedarbt hatten, besaßen reine und
edle Herzen. Nachdem sie ihre ehemaligen Könige umerzogen und aus
Schmarotzern und Gewalttätern in fleißige Handwerker umgewandelt hatten,
wollten sie sie mit keinem Wort an die Vergangenheit erinnern, um sie nicht zu
erniedrigen. Dieses feinfühlige Volk hatte alles verstanden und alles verziehen.
Tim und Ann bewunderten den Edelmut der Erzgräber. Nach dem Essen, als der
Hausherr die Gäste verabschiedet hatte, teilte Tim ihm mit, daß Urfin die
Smaragdenstadt erneut erobert habe.
„Darüber haben mich die Käuer längst unterrichtet”, sagte Ruschero. „Wir haben mit
ihnen ein Bündnis über gegenseitigen Beistand geschlossen.”
„Wie gedenkt ihr, euch der Feinde zu erwehren?” fragte Ann besorgt. „Meine
Schwester hat erzählt, die Springer seien ein sehr starkes und kriegerisches Volk.”
„Wir haben für sie etliche Überraschungen parat”, erwiderte schmunzelnd Ruschero,
„aber davon darf niemand etwas erfahren.”
Tim und Ann waren bereits mehrere Stunden unterwegs, als aus einem Seitenweg eine
sonderbare Gestalt hervortrat. Es war ein hölzernes Menschlein, das jedoch anders
aussah als die Holzköpfe, die man den Kindern beschrieben hatte. Es hatte lange dürre
Arme mit vielen Fingern, hohe Läuferbeine und eine lange spitze Nase, mit der es in
einem fort schnupperte.
Ann begriff, daß es ein ehemaliger Polizist war, der nach Urfins Sturz das Amt eines
Boten und Briefträgers versah.
„Halt!” rief sie laut und stellte sich dem Männchen in den Weg.
Das blieb wie angewurzelt stehen. „Wer bist du?” fragte das Mädchen.
„Ich heiße Rellem und bin der Eilbote des Herrschers der Smaragdenstadt, des
Dreimalweisen Scheuchs.”
„Also ist der Scheuch frei?” fragte Ann erfreut. „Hat er dir eine Botschaft aufgetragen?”
„O nein, gnädige Frau, leider! Die Smaragdenstadt ist von Feinden besetzt, und unser
Herrscher ist gefangen. Man hat die Einwohner aus ihren Häusern vertrieben, und jetzt
irren sie, elend und hungrig, auf den Feldern umher.”
„Wohin eilst du?” fragte Tim.
„Zum ehrenwerten Prem Kokus, dem Herrscher der Käuer, und zum ehrenwerten
Ruschero, dem Herrscher der Erzgräber. Ich soll sie vor der Gefahr warnen, hat mir
Frau Kaggi-Karr aufgetragen, die zeitweilige Herrscherin der Smaragdeninsel. Natürlich
werden die Käuer und die Erzgräber gegen die kriegerischen Springer nichts ausrichten,
aber zumindest werden sie bis zu deren Ankunft ihr Hab und Gut und ihren
Lebensmittelvorrat in Sicherheit bringen können.”
„Ein guter Einfall von Kaggi-Karr”, bemerkte Tim. „Oh, Frau Kaggi-Karr ist der
klügste Vogel im Zauberland”, sagte Ann. „Ich bin überzeugt, daß sie uns im Kampf mit
Urfin Juice beistehen wird. Sag, Rellem, sind die Springer weit von hier?” wandte sie
sich an den Boten. „Einen Tagesmarsch entfernt”, antwortete das Holzmännchen. „Das
ist allerdings nicht nahe, denn ihr müßt bedenken, ich laufe sehr schnell. In unserem
Lande gehe

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