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Der Feuergott der Marranen

Der Feuergott der Marranen

Titel: Der Feuergott der Marranen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Wolkow
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auch die letzten Kleider geraubt.
OICHOS KAMPFTATEN
    Das von Urfin zur Eroberung des Blauen Landes ausgesandte Marranenregiment
befehligte Oberst Chart, ein breitschultriger, gedrungener Kerl mit riesigen Fäusten. Die
tiefe Furche in seiner Stirn verriet, daß er viele Jahre Sklave gewesen war wahrscheinlich hatte er es mit dem Wetten zu weit getrieben.
Vor dem Erzgräberdorf stellten sich die Kolonnen auf. Chart schickte Kundschafter aus,
die bald mit der Meldung zurückkehrten, daß sie niemandem begegnet seien. Nur habe
ihnen eine Anlage, sagten sie, die sie sich nicht zu erklären wußten, den Weg versperrt.
Das Regiment rückte gegen das Dorf vor, aber hinter einer Wegkrümmung stieß es auf
eine Barrikade, die ihm Einhalt gebot. Die Erzgräber hatten in Erwartung des Feindes
die Zeit nicht vertrödelt.
Am Dorfrand erhob sich ein Wall aus Baumstämmen, eisernen Pflügen, umgekippten
scharfzähnigen Eggen, massiven Wandschränken und Gartenbänken.
Zu beiden Seiten des Walls klafften tiefe Gräben, aus deren Boden spitze Pfähle ragten.
Während Chart überlegte, was er unternehmen solle, erschien auf der Barrikade ein
hagerer Mann mit wallendem weißem Bart. Es war Ruschero.
„Menschen aus fernem Lande, was sucht ihr hier?” fragte er laut.
Da trat Oberst Chart vor und rief
„Im Namen seiner Majestät Königs Urfin I. fordere ich euch auf, die Waffen zu
strecken und euch zu ergeben!”
„Welchen Nutzen werden wir davon haben?` fragte Ruschero.
„Na, welchen…” In diplomatischen Verhandlungen unerfahren, stockte Chart. „Ihr
werdet dem Großen Urfin Steuern entrichten und dafür wird er euer Land vor
Feinden schützen…”
Ruschero lachte schallend:
„Wir leben seit acht Jahren hier, und es ist das erstemal, daß wir Feinde sehen.
Diese Feinde seid ihr! Ihr werdet uns doch nicht vor euch selbst schützen wollen,
wie?”
Der Oberst sah, daß er im Wortgefecht den kürzeren zog, und wurde wütend.
„Halt den Mund!” brüllte er, und, zu den Soldaten gewandt, „schlagt ihn tot,
Leute!”
Aber ehe die Soldaten die Waffen erheben konnten,
verschwand Ruschero hinter der Barrikade, aus der plötzlich kalte Wasserstrahlen
hervorschossen, die die verdutzten Marranen umwarfen und sie bis auf die Haut
durchnäßten.
Das war die erste Überraschung der Erzgräber, die aus ihren Gärten Pumpen
herbeigeschafft und Fässer mit Wasser bereitgestellt hatten, das jetzt den
kriegerischen Eifer der Marranen abkühlte.
Die Soldaten glitten in den Pfützen aus, stolperten übereinander, fielen, erhoben
sich wieder und wichen entsetzt zurück. Chart und seine Zugführer hatten Mühe,
die Reihen ihrer Männer leidlich wieder in Ordnung zu bringen.
Wütend schüttelte der Oberst die Fäuste.
„Das sollt ihr mir büßen!” drohte er den unsichtbaren Verteidigern.
Die heiße Sonne des Zauberlandes trocknete rasch die Kleider der Marranen, und die
Truppe ging erneut zum Angriff über.
Der Wasservorrat der Erzgräber war verbraucht, und die dünnen Strahlen, die
stellenweise noch hervorsickerten, konnten den Angreifern nichts anhaben. An
Baumzweigen, Pfluggriffen und anderen Vorsprüngen kletterten die Marranen die
Barrikade hinauf. Doch als sie sie fast erklettert hatten, setzte die zweite Überraschung
Ruscheros ein.
Aus dem nahen Dickicht schoß mit gefletschten Zähnen ein riesiger Drache hervor, der
sich auf den Feind stürzte. Der uralte Stamm der fliegenden Drachen war zu jener Zeit
fast ausgestorben. Nur im feuchten Halbdunkel des unterirdischen Landes hatten sich
einige Exemplare erhalten, die von den Erzgräbern noch unter der Regierung der
Könige gezähmt und von den königlichen Wachen beim Patrouillendienst benutzt
worden waren. Der zahmste und aufgeweckteste unter den Drachen war Oicho, der Elli
nach ihrem dritten Besuch im Zauberland heimgeflogen hatte.
Diesen Oicho hatten die Erzgräber nun aus der Höhle geholt und in den Kampf
geschickt. Auf seinem Rücken saß Mentacho. Mentacho war jetzt zwar Weber, aber als
Sproß eines Königsgeschlechts hatte er seinerzeit eine gute militärische Ausbildung
erhalten. Als die Erzgräber in höchster Gefahr schwebten, traten seine alten
militärischen Erfahrungen wieder zutage.
Das Ungeheuer hätte die Marranen haufenweise vernichten können, doch einen solchen
Befehl hatte man ihm nicht gegeben. Der kluge Ruschero wußte, daß allein der ehrgeizige Urfin die Schuld an allem Unheil im Zauberland trug und die Springer lediglich

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