Der Feuerstein
wundervolles Blau. Feuersteinblau.
Gott, sag mir, was ich tun soll.
Die einzelnen Blätter des Amuletts sind leicht gebogen. Sie haben eine kleine Höhlung. Von der Größe eines Feuersteins. Der Stein in meinem Nabel hüpft beinahe, als mein Verstand diese Verbindung zieht. Ungeschickt greife ich nach dem eingesperrten Stein an meinem Hals, versuche, den Riegel zu lösen und das Gitter aufzuklappen, aber meine Finger wollen mir nicht gehorchen.
»Ich bin die Trägerin.« Maras Stimme, etwas entfernt. Sie
muss hinter den Animagi aufgetaucht sein. »Ich bin diejenige, die ihr sucht.«
Oh, Mara, nein. Jetzt ziehe ich das Band mit dem Amulett über den Kopf, schiebe den Riegel mit einem Fingernagel beiseite und drehe den kleinen Käfig um. Der uralte Feuerstein rollt in meine Hand.
Zornige Fragen, die aber zu gedämpft sind, als dass ich sie verstehen könnte. Leises Weinen. »Né es ella.« Sie ist nicht die Richtige.
Ich drücke den Feuerstein gegen das hässliche Amulett, direkt in eines der gebogenen Blütenblätter. Ist es das, was ich tun soll, Gott? Ein Klicken, der Anhänger vibriert, und meine Finger zucken unwillkürlich zurück. Der Feuerstein ist jetzt in diesem Blütenamulett eingefasst, als hätte ihn ein Goldschmied fest darin verankert. Mein Herz klopft vor Angst und Hoffnung. Ich brauche jene drei, die Rosario noch bei sich hat.
Also schiebe ich das Amulett in meine Gürtelschärpe und erhebe mich aus meinem Versteck. Irgendwie muss ich Rosarios Blick auf mich ziehen und ihm vermitteln, was ich von ihm brauche. Wenn er erstarrt ist, dann muss ich irgendeine Möglichkeit finden, an ihn heranzukommen.
Der Feuerstein pulsiert mir mit warmer Ermutigung entgegen, aber mein Herz schlägt mir bis zum Hals, und meine Finger sind eiskalt. Ich trete ins Schlafzimmer.
Mara kniet vor einem Animagus, den Kopf gesenkt, er hält sie fest am Haar gepackt.
Ihre Amulette glühen. Condesa Ariña liegt zusammengesunken am Boden. Ihre Beine sind in einem unnatürlichen Winkel eingeknickt, und auf dem Steinboden sammelt sich
ihr Blut. Sie werden es verwenden, um Antworten aus meiner Zofe zu brennen.
»Wartet.« Entschlossen trete ich vor. Ximena steht der Tür am nächsten, sie wollte offenbar zu Rosario eilen und ist mitten in einem Schritt erstarrt. Der kleine Junge sieht mich flehentlich an. »Ich bin es, die ihr sucht.« Meine Stimme wird kräftiger. Ich tue das Richtige. Selbst wenn es mir nicht gelingt, die anderen Feuersteine zu bekommen – wenn ich mich stelle, besteht zumindest die Chance, dass sie meine Freunde verschonen werden.
Ein Animagus drängt sich an Mara vorbei. »Du trägst das Zeichen?«
»Wenn ihr damit einen Stein so wie diesen hier meint«, damit deute ich auf sein Amulett, »der in meinem Nabel lebt, dann ja.«
Der Animagus reißt die Augen weit auf. Ich achte nicht auf ihn, sondern sehe mich stattdessen nach Alejandro um, den ich zunächst nicht entdecken kann, und frage mich, ob er vielleicht doch geflohen ist. Aber nein, nun sehe ich seinen Kopf, der über den Rand meines Bettes lugt. Er kniet neben Ariña und ist in seiner Erstarrung dazu verdammt, unverwandt ihren gebrochenen Körper anzusehen.
Die Amulette leuchten auf, als der Steinboden das Blut annimmt. Bis sie uns alle verbrennen werden, bleibt nicht mehr viel Zeit. »Wenn ihr meine Gefährten freilasst, dann schenke ich euch das Leben«, behaupte ich.
Der Animagus, der mir am nächsten steht, lächelt, und ich erschauere, als er mir seine zugespitzten, braun gefleckten Zähne zeigt. »Oh, du bist keine Bedrohung«, sagt er leichthin.
Meine Beine zittern, so sehr erfüllt mich der Wunsch, einfach
wegzulaufen. »Ich habe einen lebenden Feuerstein in mir. Dieses tote Ding, das da um deinen Hals hängt, ist ihm nicht gewachsen.« Ein alberner Bluff, der niemanden überzeugen wird.
Aber zumindest zögert er, und seine Augen werden schmal.
»Vielleicht«, fahre ich kühn fort, »sollte ich dir deinen nehmen.« Damit sehe ich Rosario bedeutsam an.
Der Junge fährt zusammen, und sein Kinn bewegt sich ein klein wenig in meine Richtung. Er ist offenbar nicht erstarrt, sondern markiert nur, genau wie ich vor ein paar Monaten, als ich im Zelt des Animagus stand. Kluger kleiner Rosario! Die Feuersteine müssen ihn geschützt haben.
Aber der Animagus glaubt mir nicht. »Du lügst«, zischt er. »Wenn du das Feuer der Erde heraufbeschwören könntest, dann hättest du das schon längst getan.«
Verzweifelt sinne ich über eine
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