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Der Feuerstein

Der Feuerstein

Titel: Der Feuerstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rae Carson
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allen Abstand. Obwohl wir einen Monat lang zusammen durch die Wüste gewandert sind, ist er mir immer noch fremd. Manchmal vergesse ich, dass er da ist.
    »Legt euch schlafen«, befiehlt Cosmé. »Ich übernehme die erste Wache.«

     
    Zur Abwechslung lässt uns Cosmé einmal länger ausschlafen. »Die Inviernos sind meist früh am Tag unterwegs, denn sie mögen die Hitze nicht«, erklärt sie. »Da wir ihnen jetzt so nahe sind, sollten wir hierbleiben, bis die Sonne hoch am Himmel steht.«
    Die Stille finde ich inzwischen schwerer zu ertragen als das Marschieren. Wenn ich in Bewegung bin, kann ich meinen Verstand beschäftigen, mich darauf konzentrieren, wohin ich meine Füße setze und wie stark meine Schultern schmerzen. Wenn ich mich hingegen an einem einigermaßen bequemen Ort verberge, dann erinnere ich mich an die Angst. Ich weiß allerdings auch nicht, ob ich wirklich erleichtert sein soll, als wir endlich wieder unsere Rucksäcke schultern und Humberto aus der Senke in den Schatten der Sierra Sangre folgen.
    Der Feuerstein wird kälter und kälter. Ich achte sehr genau darauf, weil ich inzwischen nicht mehr sicher bin, ob eine eisige Warnung mir jetzt überhaupt noch auffallen und mich in Alarmbereitschaft versetzen würde. Mein Magen krampft sich entsprechend zusammen, meine Muskeln versteifen sich. Als Cosmé uns wieder eine Pause machen lässt, zittere ich vor Kälte.
    Wir finden Unterschlupf in einem kleinen Kiefernwäldchen. Bei dem Versuch, meine Decken auf dem Teppich aus Kiefernnadeln auszubreiten, lasse ich sie zweimal fallen.
    »Elisa?« Humberto klingt besorgt. »Du zitterst ja.«
    Ich nicke und hole erschauernd Luft. »Es ist so kalt.«
    Er legt mir eine Hand auf die Wange, und ich kuschele mich an seine Wärme. »Gott! Elisa, deine Haut ist ja wie Eis.« Er stürzt zu seinem Gepäck und holt die Zunderbüchse hervor.

    »Was hast du vor?«, fragt Cosmé, als er sich mit Flintstein und Stahl hinhockt.
    »Wir brauchen ein Feuer. Schnell, bevor die Sonne untergeht.«
    »Kein Feuer!«
    »Aber Elisa ist eiskalt! Wir müssen sie wärmen.«
    Cosmé wendet sich mir zu. »Bewirkt das der Feuerstein?«
    Ich nicke nur.
    »Kommt jemand?«, fragt Belén.
    »Ich – ich weiß nicht. Glaube nicht. Wird nur immer kälter. Je näher wir kommen.«
    Cosmé schließt die Augen und massiert ihre Nasenwurzel. »Was ist, wenn wir sie gar nicht näher ans Heer heranbringen können?«
    Die anderen sehen mich entgeistert an. Selbst durch mein Frostfieber hindurch kann ich den Gedanken in ihren Augen lesen: Was, wenn wir sie den ganzen Weg umsonst mitgeschleppt haben?
    »Gleich habe ich eine Flamme«, sagt Humberto. »Nur noch einen Moment.«
    Wir sind so weit gekommen. Der Gedanke, unverrichteter Dinge ins Dorf zurückkehren zu müssen, erfüllt mich mit Entsetzen. Und jetzt sind meine Begleiter sogar bereit, unsere Entdeckung zu riskieren, nur damit ich wieder warm werde.
    Ich lege meine Fingerspitzen auf den Feuerstein. Die Kälte ist durch die Kleidung zu spüren. Gott, bete ich wortlos. Was soll ich tun? Wie immer reagiert der Stein mit tröstlichem Vibrieren. Mein Bauch erwärmt sich.
    »Humberto!«, zische ich leise. »Mach das Feuer aus!« Lächelnd schließe ich die Augen. Danke, Gott. Wenn ich die
ganze Nacht und morgen den ganzen Tag beten muss, dann werde ich das tun. Wärme kriecht meinen Rücken hinauf, meine Beine hinab, in meine Arme und Fingerspitzen. Ich höre das Knacken kleiner Äste und Zweige, als Humberto das Feuer austritt.
    Als ich wieder aufsehe, bin ich locker und entspannt. »Ich muss einfach immer nur beten«, erkläre ich. »Wenn ihr nachts die Wache übernehmt, müsst ihr mich jedes Mal kurz wecken, damit ich mich aufwärmen kann.«
    Humberto legt mir wieder die Hand auf die Wange und tut dabei so, als wollte er nur prüfen, ob sie wirklich wärmer geworden ist. »Dieser Feuerstein ist ein seltsames Ding«, bemerkt er beiläufig, aber ich erkenne die Erleichterung in seiner Miene. Die anderen sehen mich mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Besorgnis an.
    Nachdem wir unsere Decken ausgebreitet haben, zieht Belén zu unser aller Überraschung einen Laib Brot aus seinem Rucksack. »Habe ich aufgespart«, sagt er. »Für den letzten Abend, bevor wir den Feind erreichen. Ist aber wahrscheinlich schon ziemlich trocken.«
    Humberto gibt ihm einen Klaps auf den Rücken. »Du bist ein guter Mann, Belén.«
    Ich bete vor dem Essen laut, später dann leise für mich. Das Brot ist tatsächlich trocken

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