Der Feuerstein
und zerdrückt, aber reichlich mit Feigen und Nüssen gespickt. Dann schlafe ich ein, noch während ich Gott um mehr Mut bitte und darum, dass wir unentdeckt bleiben. Und ich danke ihm, dass ich noch einmal ein Abendessen genießen durfte, das mich richtig satt und zufrieden gemacht hat.
Wieder schlafen wir lange. Nachdem wir unsere Decken zusammengepackt haben, nehme ich Cosmé beiseite.
»Falls ich nicht wieder mit euch zurückkehre«, sage ich, »aber du es schaffst, versprichst du mir, dass du unseren Plan weiter fortführst?«
Nachdenklich sieht sie mir ins Gesicht, dann nickt sie. »Die Malficio werden zum Leben erwachen, das verspreche ich.«
»Danke.«
»Du glaubst, dass du sterben wirst.«
Das tue ich mit einem betont gleichgültigen Achselzucken ab. »Der Afflatus ist in diesem Punkt nicht eindeutig. Aber letztlich finden alle Träger den Tod.«
»Warum hast du dann eingewilligt, mitzukommen?«
Aus so vielen Gründen. Weil ich einfach nicht mehr nutzlos sein wollte. Weil ich beschlossen hatte, den Tod in Kauf zu nehmen, wenn ich dann wenigstens meine Aufgabe erfüllen werde. Weil Alodia oder Ximena oder Lord Hector an meiner Stelle auch nicht gezögert hätten. Weil es an der Zeit war, erwachsen zu werden.
»Es ist Gottes Wille«, erwidere ich. Eine schwache Antwort und noch dazu reine Heuchelei, denn wenn es um Gottes Willen geht, weiß ich davon genauso viel wie ein Lamm, das sich im Dornengestrüpp verirrt hat. Aber die wahren Gründe zu äußern, wäre zu hart.
Humberto schlingt sich den Rucksack über eine Schulter und kommt zu uns herüber.
»Wir sollten es heute bis zur Höhle schaffen«, sagt er. »Jacián wird vorausgehen und dafür sorgen, dass sie nicht entdeckt werden kann. Falls das nicht klappt, dann weiß ich
noch einen Ort, zu dem wir gehen könnten, aber die Höhle wäre ideal.«
Er wendet sich nach Osten, und als wir ihm folgen, schießt lähmende Kälte durch die Knochen meiner Beine. Ich fange an zu beten, schnell und voller Inbrunst, bis meine Muskeln sich entspannen und das Gehen zu einer ganz natürlichen, fließenden Bewegung wird. Vater Alentín hat gesagt, ich sollte beten, wenn mich die Zweifel übermannen, und genau das tue ich. Unaufhörlich rede ich mit Gott, erzähle ihm von meinen Ängsten, von dem Schmerz in meinem Fußgewölbe, sogar von den kleinen Eidechsen, die über den Weg huschen, und von den Falken, die über unseren Köpfen schreien. Ich frage mich, ob er über mein sinnloses Geplapper lacht, ob er es überhaupt beachtet. Der Feuerstein strahlt jedenfalls weiterhin Wärme aus, solange ich damit weitermache.
Allerdings ist es nicht leicht, sich möglichst unauffällig zu bewegen und gleichzeitig ein unaufhörliches einseitiges Gespräch aufrechtzuerhalten, schon gar nicht für mich. Diese Aufgaben nehmen mich voll und ganz in Anspruch, und ich merke kaum, wie der Nachmittag vergeht. Verblüfft stelle ich fest, dass Jacián plötzlich vor uns steht, überraschenderweise mit einem Grinsen auf den Lippen. »Die Höhle ist sicher«, lässt er uns wissen. »Und der Eingang ist ordentlich überwachsen.«
Humbertos Körper entspannt sich sichtbar. Mir war gar nicht aufgefallen, wie besorgt er war. Nun führt er uns in ein schmales, trockenes Bachbett. Es ist staubig und eng und voll Dornengestrüpp, und von daher bin ich wenig begeistert, als ich höre, dass wir bis zum Einbruch der Dunkelheit
hier ausharren müssen. Als ich unwillig das Gesicht verziehe, erklärt Humberto grinsend: »Und nimm dich vor den Schlangen in Acht.«
Ich werfe ihm einen bösen Blick zu, lehne mich gegen die unebene Böschung und schließe die Augen. Dann erzähle ich Gott, dass ich mich nach einem Bad in dem kleinen See in der Grotte sehne, gefolgt von einer leckeren Portion Lammkeulen mit gedünsteten Karotten.
Wir müssen allerdings gar nicht so lange warten, denn hier in den Bergen geht die Sonne früher unter als in der Wüste. Jetzt ist es wichtiger denn je, möglichst geräuschlos weiterzugehen, aber im rötlichen Dämmerlicht sehe ich nicht besonders gut und kann kaum darauf achten, wohin ich meine Füße setze. Jedes Knacken unter meinen Stiefeln, jedes Entlangschrammen am Schiefergestein scheint uns wie mit einem Donnerschlag ankündigen zu wollen. Meine verzweifelten Gebete dringen aus meinem Kopf über meine Lippen, und ich merke irgendwann, dass ich halblaut vor mich hin murmele. Seltsamerweise ermahnt mich niemand zum Schweigen.
Die Nacht bricht herein, als wir
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