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Der Feuerthron

Der Feuerthron

Titel: Der Feuerthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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ihnen kam auf sie zu, fasste ihre Hand und sendete über den Hautkontakt, damit Sianderilneh seine Worte trotz des aufkommenden Sturms verstehen konnte.
    »Herrin, wenn wir bleiben, sind wir verloren! Das Schwarz wirduns lähmen, und wir werden hilflos auf den Grund des Meeres sinken und nie wiederkehren.«
    Über Sianderilnehs Wangen perlten weiß leuchtende Tränen. Seit ihr Volk den schwarzen Magier Wassuram niedergerungen hatte, war keiner mehr von ihnen vor seiner Zeit umgekommen, und wenn sie hier starben, würden sie wohl nicht einmal den Weg zu Meandirs Seelendom finden, sondern auf ewig als Geister an diese Klippen gefesselt sein.
    Diese Erkenntnis gab den Ausschlag. Sianderilneh warf der Barriere, die sie wie eine Mauer aus Erz von ihrem Triumph fernhielt, einen letzten, hasserfüllten Blick zu, dann verschmolz ihr Geist mit dem ihres Schiffes, und sie begann einen verzweifelten Kampf gegen das Wasser, das durch die Lecks in den Rumpf strömte, und gegen den Hexensturm, der sie vor sich hertrieb wie ein Blatt im Wind.
12
    Kip sah, wie das andere Schiff wendete und im dunkler werdenden Dunst verschwand. »Juhu, wir haben es geschafft!«, rief er und reckte die Arme in die Höhe.
    »Nein, noch nicht! Wir müssen sofort an Land gehen und einen Unterschlupf finden, am besten eine tiefe Höhle!« Mera war wieder zu sich gekommen und zeigte in Panik auf das steile Ufer, das nicht gerade einladend aussah. Ihre Worte galten Hekendialondilan, doch die saß mit bleichem Gesicht und zitternden Lippen auf ihrem Platz und war wegen der starken Ausstrahlung des schwarzen Sturms nicht mehr in der Lage, etwas Sinnvolles zu tun.
    »Ihr müsst das Boot ganz schnell anlanden!«, beschwor Mera Girdhan und Kip.
    Die beiden Jungen packten das Segel und zogen es herum. Eine andere Möglichkeit, den Kurs des Bootes zu beeinflussen, gab es nicht mehr.
    »Da ist eine Höhle! Wenn wir hineinkommen, haben wir es geschafft!« Kips scharfe Augen hatten ein großes Loch in der Küste entdeckt. Nun zerrte er aufgeregt am Segel, um sie dorthin zu manövrieren. Jetzt halfen auch Mera und Careela mit. Die Prinzessin wimmerte vor Angst, obwohl ihr als Violetter die schwarze Ausstrahlung nichts anhaben konnte. Doch die Sturmwand, die bereits den halben Himmel bedeckte, flößte ihr Todesangst ein.
    Hinter ihnen bildeten sich Windhosen, die wie Mäuler das Wasser aufsogen und groß genug waren, das Boot mit allem, was darauf war, zu verschlucken. Doch als einer dieser Rüssel nach ihnen griff, glitt das Boot in die Höhle und erhielt von den aufgewühlten Wellen sogar noch einen Stoß, der es weiter in die Dunkelheit trieb. Irgendwo scharrte der Bug an einem Hindernis entlang.
    Kip stöhnte auf, als würde er den Schmerz des Bootes fühlen. »Wir müssen irgendwie Licht machen – oder wir bräuchten eine Stange, um den Grund vor uns abzutasten.«
    Es war, als hätte das Boot ihn verstanden, denn am Bug begannen zwei Stellen zu leuchten, und sie sahen, dass die Höhle sich rasch verengte und dann in mehrere Gänge verzweigte.
    »Welchen Kurs sollen wir steuern, Mera?« Kip schien längst vergessen zu haben, dass er sich selbst einmal als Kapitän und das Mädchen als Schiffsjungen bezeichnet hatte, denn er akzeptierte sie zumindest in dieser Situation als Anführerin.
    Mera schnupperte wie Fleckchen und wies dann auf die linke der drei Öffnungen. »Von dort strömt uns frische Luft entgegen, als gäbe es einen Ausgang. Vielleicht gelangen wir auf diesem Weg auf festes Land.«
    Da die Felsen die draußen tobende Magie zurückhielten, gehorchte das Boot Mera wie ein gut abgerichteter Hund und fuhr in den von ihr gewiesenen Gang hinein. Drinnen kam es nur langsamvoran, denn ohne Wind war es auf einen Rest magischer Kraft angewiesen, die es vorwärtstrieb. Zudem hatte es kaum noch eine Handbreit Wasser unter dem Kiel, und die Wände schlossen sich eng um seinen Rumpf. Wenig später senkte sich die Decke so tief, dass es den Mast umlegen musste. Schließlich streckte es seinen Kristallrumpf, um noch schlanker zu werden.
    Da die Kraft des Bootes erlahmte, mussten Kip und Girdhan ihm helfen weiterzukommen. Sie stemmten sich gegen die Reling, hangelten sich mit den Händen an den Wänden entlang und schoben es auf diese Weise weiter. Es ging nur langsam voran, und alle befürchteten, jeden Augenblick stecken zu bleiben. Daher atmeten sie auf, als sie ein größeres Becken erreichten, an dessen Ende sich der Höhlenboden über die Wasseroberfläche

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