Der Feuerthron
Sianderilneh zu hören und zu sehen.
Nach ein paar Tagen zog Hekendialondilan sich Kips Zorn zu, als sie mehr aus Neugier eines der Seetiere probierte, das der Fischerjunge ihr anbot. Sie verzog den Mund und meinte, es würde nach gar nichts schmecken außer nach Salz.
»Ein solcher Krebs wird auf dem Fischmarkt in Ilynrah mit zehn Silberringen bezahlt«, erklärte Kip beleidigt und widmete sich wieder seiner eigenen Mahlzeit.
Mera blickte mit Bedauern in den Korb mit den Wunschbeeren, die sie den ungekochten Krebsen ebenfalls vorzog, und stellte fest, dass ihre Vorräte sichtlich abnahmen. Es wurde Zeit, nach draußen zu kommen und sich umzusehen.
Als sie den Kopf hob und lauschte, hatte das magische Tosen nachgelassen, und der Wind heulte ebenfalls nicht mehr in den Höhleneingängen. »Ich glaube, der Sturm hat sich gelegt. Die Wolken schwarzer Magie scheinen sich aufgelöst zu haben.«
»Das heißt, wir können diesen Ort hier endlich verlassen!« Girdhan war es müde geworden, in einer winzigen, nur vom Schein weißmagischer Lichter erhellten Höhle ein paar Schritte auf und ab zu gehen oder auf dem Boot zu hocken.
Er schluckte den Rest seines Essens hinunter, stand auf und stieg über Bord. »He! Der Meeresspiegel ist gesunken, und das Boot liegt auf dem Trockenen!«
»Kriegen wir es wieder ins Wasser?«, fragte Kip.
Hekendialondilan lächelte sanft. »Das Boot kann sich so leicht machen, dass ich es über eine gewisse Strecke tragen kann. Wir bringen es gewiss wieder ins Meer.«
»Dann bin ich ja beruhigt!« Kip sagte sich, dass er als alter Seebär Girdhan nicht den Vortritt lassen durfte, und sprang deshalb dicht neben ihm herab. Anders als sein Freund aber schritt er landeinwärts auf der Suche nach einem trockenen Ausgang. Zu seiner Überraschung stellte sich heraus, dass das, was sie die ganze Zeit für eine feste Wand gehalten hatten, ein Felsvorsprung war, der einen Spalt im Gestein verdeckte. Kip trat hindurch und stieß im nächsten Augenblick einen begeisterten Ruf aus.
»He, Leute! Hier liegt noch ein Boot. Aber es muss schon vor sehr langer Zeit hier gestrandet sein, denn es ist fast ganz mit Sand bedeckt.«
Diese Nachricht machte auch die anderen neugierig. Hekendialondilan hatte eine der beiden Lampen aus dem Bootskörper gelöst und brachte sie mit. Als das Licht direkt auf das fremde Schiff fiel, schluckten alle. Es war wohl viermal so lang wie ihr eigenes und mindestens fünfmal so breit.
»Das Ding kann niemals auf normalem Weg hier hereingekommen sein. Hinten ist die Fahrrinne zu schmal, und durch den Riss da konnte es sich gewiss nicht quetschen«, erklärte Kip kopfschüttelnd.
Hekendialondilan kniete neben dem Schiffsrumpf nieder und legte ihre Hände dagegen. »Du hast recht. Es hängt noch ein Rest Versetzungszauber daran, der ausgereicht hat, um dieses Schiff vom Eingang der Höhle hierher zu versetzen. Aber der muss vor vielen hundert Jahren gewoben worden sein. Es handelt sich übrigens um ein Runischiff, aber sein Geist ist erloschen. Das ist schade, denn sonst hätte es uns etwas über seine Besitzer erzählen können.«
Sie strich über den stumpf gewordenen Kristall der Bordwand und fragte sich, wen dieses Schiff einmal befördert hatte. »Wahrscheinlich stammt es noch aus der Zeit des Großen Krieges und wurde hier versteckt, aber nie mehr abgeholt.« Eine Träne glitzerte im warmen Schein der Lampe auf Hekendialondilans Wange, denn sie dachte an all jene ihres Volkes, die damals lange vor ihrer Zeit den Gang zu Meandirs Seelendom hatten antreten müssen. Dabei fragte sie sich, ob sie eine wiedergeborene Seele war. Doch als sie in sich hineinhorchte, fand sie keine Erinnerung an ein früheres Leben.
»Dort vorne ist ein Ausgang!« Mera war ein paar Schritte weitergegangen, um hinter eine Krümmung der sich zu einem Gang verengenden Höhle zu schauen, und hatte dabei eine Öffnung entdeckt, durch die Licht hereindrang. Draußen war es also Tag. Erleichtert ging sie weiter und trat, ohne an mögliche Gefahren zu denken, ins Freie.
Die Insel war weitaus größer, als es den Anschein gehabt hatte,ragte aber an der höchsten Stelle kaum mehr als zwanzig Schritt über den Wasserspiegel hinaus. Wind und Wellen hatten den Fels blank geschliffen, und er schimmerte in allen sechs magischen Farben und auch in einigen anderen, in denen Mera jedoch keine Magie zu spüren glaubte. Um sie herum war alles kahl. Hier wuchs nicht einmal ein Grashalm, und das einzige Wasser, das in
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