Der Feuerthron
sondern den Gurrländern wie eine reife Frucht in die Hände fallen.
König Tendel bemerkte, dass die Gedanken seiner Gastgeberin abschweiften, und wartete mit seiner Antwort, bis Ilna V. sich ihm wieder zuwandte.
»Wir werden Gurrland hier auf Ilyndhir besiegen müssen oder untergehen. Meine Männer werden an der Seite der Euren kämpfen und dabei den Tod nicht fürchten. Wenn Ihr erlaubt, werde ich Euch beratend zur Seite stehen und – wenn es möglich ist – auch einen Flügel Eures Heeres führen.«
»Das ist nicht möglich!«, erklärte Yanga, bevor die Königin antworten konnte. »Es wurde beschlossen, alle wichtigen Personen des Reiches und auch die Flüchtlinge, die hierhergelangt sind, nach Wardania zu evakuieren. Die Festung Wardanstein ist der sicherste Platz im Reich. Dort werdet Ihr ausharren, bis der Feind besiegt worden ist.«
So hatte Tendel sich den Kampf gegen Gurrland nicht vorgestellt und wollte daher auffahren. Doch die Königin hob abwehrend die Hand. »Es ist so, wie Yanga sagt. Ich selbst werde Ilynrah schweren Herzens verlassen, um die Verteidigung von Wardanstein zu leiten. Ich würde mich freuen, wenn Ihr mir dabei helfen könntet. Euer Magier und meine Hexe sind weitaus geeigneter, die weiten Fluren Ilyndhirs zu schützen und dem Feind jene Verluste beizubringen, die es uns ermöglichen werden, mit der Rückeroberung der Inseln zu beginnen.«
»Aber das geht doch nicht! Wollt Ihr Euer Volk in dieser schweren Zeit im Stich lassen und Euch im hintersten Eck Eures Reiches hinter den Mauern einer Festung verkriechen?« Tendel war so schockiert, dass er jede Höflichkeit fallen ließ.
Sein Magier legte ihm die Hand auf den Arm. »Lasst es gut sein. Wir sind nur Gäste in diesem Land und müssen uns denEntscheidungen Ihrer Majestät beugen. Vielleicht ist es wirklich das Beste, wenn die Hexe und ich die Verteidigung dieser Stadt übernehmen. Die Mauern sind stark, und der Hafen wird gut bewacht. Wenn die Gurrländer hier angreifen, werden sie sich etliche Zähne ausbeißen.«
»Wir sind zwar selten einer Meinung, doch in dieser Sache sind wir uns einig.« Yanga lächelte mit schiefem Mund und erklärte, dass die Schiffe, die für Wardania bestimmt waren, noch vor Einbruch der Dunkelheit auslaufen sollten.
»So bald schon?«, fragte Ilna erschrocken.
»Wollt Ihr warten, bis die Schwarzen Galeeren die Bucht abriegeln?« Yangas Stimme klang so, als könne sie es nicht erwarten, das Kommando zu übernehmen.
Die Königin nickte widerwillig. »Also gut! Lass alles vorbereiten. Du selbst haftest mir mit deinem Leben dafür, dass der Feind Ilynrah nicht überrennt!«
»Ich werde tun, was ich kann, Euer Majestät!« Yanga verbeugte sich geradezu unterwürfig, aber ihr Gesichtsausdruck verriet blanken Hohn.
Ethrul begriff, dass seine Zusammenarbeit mit der Hexe von Ilyndhir schwierig werden würde. Doch wenn Yanga den Inseln die Freiheit erhalten konnte und es Hoffnung gab, die bereits verlorenen Reiche zurückzuerobern, würde er der Blauen von ganzem Herzen dienen.
Der König, der nichts von den Überlegungen seines Hofmagiers ahnte, verabschiedete sich gerade noch so höflich von Ilna V., wie es notwendig war, verweigerte der Hexe jedoch jeden Gruß.
»Komm, Ethrul, wir müssen entscheiden, wer bei dir hier in Ilynrah zurückbleiben wird«, sagte er laut genug, dass es seine Gastgeberin mitbekam. Ihm selbst war anzumerken, dass er an diesem Ort bleiben und kämpfen wollte. Doch da er die Ilyndhirer nicht verärgern durfte, musste er die Anweisungen ihrer Königin befolgen.
Yanga wartete, bis das Tor hinter den Malvonern geschlossen worden war, und drehte sich dann mit überheblicher Miene zu Ilna V. um. »Was denkt dieser gewesene König sich eigentlich? Wie kann er sich einbilden, Ihr würdet auch nur einen einzigen Soldaten seinem Kommando unterstellen? Die Gurrländer haben sein Reich in wenigen Tagen erobert. Das ist nicht gerade ein Ruhmesblatt!«
»Dennoch hättest du höflicher sein können. König Tendel ist unser letzter Verbündeter. Außerdem hat er seine Truppen auf Gelonda in mehr als einer Schlacht gegen die Gurrländer geführt und den Feind dadurch einige Jahre lang aufhalten können. Seine Erfahrung hätte Uns wertvoll sein können!«
»Ihr müsst ja nicht auf seine Erfahrung verzichten, Majestät, denn Ihr habt beide das gleiche Ziel!«
»Die letzte Festung am Rande der bekannten Welt, ich weiß!« Die Königin seufzte und tupfte sich einige Tränen aus dem
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