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Der Feuerthron

Der Feuerthron

Titel: Der Feuerthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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meisten nachrangigen Hexen Ilyndhirs sind durch fehlgeleitete Zauber umgekommen. Nun ziehen die schwarzen Heere unaufhaltsam nach Norden, um auch noch den Rest unseres Archipels zu unterwerfen. Aber einen Punkt gibt es, den der Herr des Feuerthrons nicht beachtet hat.«
    »Und auf diesen sollen wir bauen?«, fragte der König mit ätzendem Spott.
    »Ich sah Euch in einer Vision, Euer Majestät, um etliches älter als jetzt, aber auf Eurem Thron in Malvonrah sitzend. Deshalb fliehen wir. Wenn die Gurrländer Euch töten, wird die Zukunft anders verlaufen, und alle Inseln auf ewig unter der Herrschaft des Feuerthrons stehen.«
    »Was für ein Irrsinn, sein Leben nach einem Traumgebilde auszurichten! Ich werde als Feigling in die Geschichte Malvones eingehen, als einer, der der Krone seiner Ahnen nicht würdig war.« Tendel wandte sich abrupt ab, und sein Hofmagier befürchtete für einige Augenblicke, der König würde befehlen, zu wenden und wieder nach Süden zu steuern, um sein Ende in einem aussichtslosen Kampf zu suchen.
    Tendel aber kehrte nur dem Meer den Rücken zu und ließ seinen Blick über das überfüllte Schiff schweifen. Dabei fühlte er die Verantwortung für die Menschen, die mit ihm geflohen waren, aber auch für sein Volk, das nun unter der Knute der Gurrländer ächzte.
    »Bete zu Tenelin, Magier, dass deine Träume nicht wie Seifenblasen zerplatzen. Ich will mich nicht vor diesem blauen Weibsbilddemütigen, um mir hinterher sagen zu müssen, dass es vergeblich gewesen sei.«
    Er erhielt keine Antwort. In seinen Visionen hatte Ethrul eine blaue Flamme gesehen, die den Feuerthron überdeckt hatte, und er klammerte sich an die Hoffnung, dass es einer der Hexen aus Ilyndhir gelingen würde, das Blatt zu wenden. Aber auch er zweifelte daran, denn es waren zu viele blaue Magier umgekommen, und Yanga, die Zweite Hexe, hatte nach Torrix’ Verschwinden Fehler über Fehler gemacht.
    »Dort ist die Küste!« Der Ausruf brachte die Leute an Bord dazu, sich gen Backbord zu drängen und hinüberzustarren. Obwohl das Schiff groß war, geriet es durch die Masse der Menschen in Schieflage.
    Der Kapitän fluchte unflätig und brüllte sie an. »Macht, dass ihr wieder auf eure Plätze kommt! Oder wollt ihr, dass wir hier vor Ilynrah absaufen? Dafür hätten wir nicht zu diesen verdammten Blauschädeln segeln müssen! Äh... Ihr seid natürlich nicht damit gemeint, Euer Majestät, und der Magier auch nicht. Der Rest aber verschwindet von der Reling.«
    Die meisten zogen sich nur langsam zurück, und einige, denen es ihr Rang erlaubte, blieben in der Nähe des Königs und blickten mit angstvoll aufgerissenen Augen auf die ilyndhirische Küste. Für viele an Bord waren die Anhänger der Blauen Göttin schlimmere Feinde als die Gurrländer, und sie erwarteten, von den Blauen gefangen genommen und versklavt zu werden.
    Tendel und sein Hofmagier wussten, wie es in ihren Leuten aussah, konnten aber nicht mehr tun, als sie zur Vernunft zu rufen. Der König fand es bedauerlich, dass sein Land so rasch überrannt worden war. Auf Gelonda hatte die lange Zeit des Krieges ausgereicht, um aus den Einheimischen und den zu ihnen geflohenen Ardhu-Völkern echte Verbündete zu machen. Dort hatten die einstigen Farbfeinde Schulter an Schulter gekämpft. Doch der Graben zwischen Blau und Grün, zwischen den Völkern Tenelins undIlynas, war zu tief. Noch hatte keine der beiden Seiten vergessen, wie erbittert ihre Reiche um die Oberherrschaft über das Herzogtum Teren gekämpft hatten.
    Mehrere ilyndhirische Schiffe kreuzten ihren Kurs, und prompt griffen einige der Soldaten und Edelleute an Bord zu den Waffen.
    Ethrul fuhr wütend auf. »Was soll dieser Unsinn? Wir kommen als Hilfesuchende und nicht als Feinde!«
    Widerwillig lösten die Männer die Hände von den Schwertgriffen und Bogensehnen, während die Frauen, die sich mit an Bord befanden, die Hände vors Gesicht legten und inbrünstig zu dem Grünen Gott Tenelin beteten, auf dass er ihnen in dieser schweren Stunde beistehen möge.
    Der größte der ilyndhirischen Segler, ein Kriegsschiff, das nicht einmal halb so lang war wie das malvonische Flaggschiff, fuhr nun auf Rufweite neben ihnen her. Mehrere Matrosen stellten ein Podest neben die Reling, und der Kapitän, der seine blaustrotzende Uniform mit einem grauen Mantel bedeckt hatte, stieg hinauf.
    »Unseren Göttinnen und Göttern zum Gruß! Ich heiße Euch im Namen Ihrer allererhabensten Majestät, Ilna V., Königin von

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