Der Feuerthron
Runimädchen und ein sehr junger Arghan den entscheidenden Schlag gegen den Kaiser führen konnten. Zu seiner Zeit hätten in den Kisten kampfbereite Gelbruni und ausgezeichnete Hexen und Magier aller Farben gesteckt. Dann aber erinnerte er sich an all die Überwachungsartefakte, die es damals noch nicht gegeben hatte, und sagte sich, dass es so besser war. Magisch ausgebildete Kriegerruni und Hexen wären den Leuten des Kaisers längst aufgefallen und von ihnen gefangen genommen worden.
»Hast du etwas dagegen, wenn ich mich zu dir geselle? Hier in den großen Kavernen fühle ich mich im Schutz deiner Abschirmung wohler als draußen. Nicht, dass mir noch etwas passieren könnte, aber ich will die Knechte dieses Verräters nicht durch einen magischen Reflex auf mich aufmerksam machen.«
Mera wich ein wenig zur Seite und schob die schlafende Fleckchen gegen die Kistenwand, um ihm Platz zu machen. Das war eigentlich unnötig, da er nur noch aus seiner Seele und einem Rest an magischer Energie bestand. Aber sie fühlte sich wohler, wenn sie den Geist neben sich wusste und nicht halb in sich drin.
»Wo bringen sie uns hin?«, fragte sie, weil sie hoffte, ein kurzesGespräch würde ihre quälende Anspannung lindern. Zu intensiv durfte sie dabei jedoch nicht denken, sonst würden die Wachartefakte, vor denen der Geisterruni sie gewarnt hatte, es mitbekommen.
Aus dem gleichen Grund zögerte Reodhendhor zunächst mit einer Antwort. Als er feststellte, dass Mera sich und ihre Magie unter Kontrolle hatte, ging er auf ihre Frage ein. »Wenn sich in den letzten tausend Jahren nichts geändert hat, sind die Magazine Stollen, die ein Stück oberhalb des Thronsaals in den Berg getrieben wurden. Wie welcher nun bezeichnet wird, kann ich dir natürlich nicht sagen. Wahrscheinlich werden sie nach den Stockwerken benannt. Das Magazin eins dürfte am weitesten oben liegen, während Magazin sieben sich ziemlich weit unten befinden müsste. Aber nagle mich nicht darauf fest. Es kann genauso gut andersherum sein.«
»Möglich wäre wohl beides. Ich fürchte ja nur, dass wir über verschiedene Magazine verteilt werden.«
»Das dürfte das geringste Problem sein«, beruhigte sie der Geisterruni. »Gemeinsam finden wir die anderen schon – wenn Fleckchen uns hilft. Ihre Nase ist jetzt wertvoller als jeder magische Spürsinn. Wenn du mit deinen Sinnen versuchst, deine Freunde zu finden, fangen die Wachartefakte deine Schwingungen auf, und dann wissen die Leute des Kaisers, dass sich Eindringlinge in den Stollen befinden.«
Da Reodhendhor jetzt etwas heller strahlte, konnte Mera ihn grinsen sehen. Auch sie war froh, Fleckchen bei sich zu haben, war sich aber sicher, dass auch Timpo helfen konnte, die Freunde zu finden. Das Fellknäuel regte sich gerade, stieß ein leises Fiepen aus und steckte seinen Kopf in ihre Hosentasche, so als hoffe er, dort etwas Essbares zu finden.
»Keine Sorge, mein Schatz. Sobald das alles vorbei ist, bekommst du das beste Essen, das du dir wünschen kannst«, tröstete Mera ihn. Dann starrte sie wieder durch das Astloch hinaus.
Es ging immer noch in den Berg hinein. Inzwischen waren die Trennwände aus Eisen solchen aus gemauerten Steinen gewichen. Soldaten in schwarzen Rüstungen mit einem verschlungenen roten Symbol auf der Brust hielten bei jedem Durchgang Wache. Sie kümmerten sich allerdings nicht um die Sklaven, die inzwischen unter ihrer Last ächzten.
Ein Stück weiter bogen die Sklaven in einen Seiteneingang ab und betraten kurz darauf eine sechseckige Höhle mit glatter Decke und einem ebenen Boden, die fast doppelt so groß war wie die Gaststube des »Blauen Fischs«. Für ein Magazin erschien Mera der Raum jedoch zu klein. Im nächsten Augenblick sackte der Boden unter ihnen weg, und es ging in schnellem, aber gleichmäßigem Tempo in die Tiefe.
»Das ist eine Levitationsplatte. Halt dich gut fest, denn sie wird gleich mit einem scharfen Ruck anhalten!« Reodhendhors Warnung kam keinen Augenblick zu früh, denn die Fahrt wurde schon langsamer. Dann erfolgte ein heftiger Schlag, so als sei sie gegen etwas geprallt. Mera flog wie von einer riesigen Hand geworfen gegen den Deckel der Kiste und prellte sich die Schulter. Die Sklaven schienen diese Art der Bewegung gewohnt zu sein, denn sie gingen nur kurz in die Knie, und eine Gruppe verließ mit ihren Kisten die Schwebeplatte.
Da Mera nicht magisch herumtasten wollte, konnte sie nicht sagen, ob die Kisten mit ihren Freunden noch in ihrer Nähe
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