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Der Feuerthron

Der Feuerthron

Titel: Der Feuerthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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dem Arm, an Bug der »Seeschäumer« und verfolgte den blauen Faden, der von dem Tierchen ausging. Dieser führte nun nicht mehr nach Norden, sondern schwenkte immer weiter nach Osten ab. Dort aber lag Wardania. Mera bezweifelte, dass diese Insel das Ziel der Entführer ihrer Großmutter war. Zudem schien Timpos Faden bereits weit darüber hinauszuzeigen, und das gab ihr Rätsel auf. Hinter Wardania erstreckte sich nur noch der Ozean in schier endloser Weite. Natürlich konnte das fremde Schiff auf die südöstlich von Wardania gelegenen Seegebiete zuhalten, aber das war mehr als unwahrscheinlich. Dieses Gebiet wurde von dem Volk von Runia beansprucht, und diese Leute hielten alle Fremden mit Zauber von ihren Gewässern fern. Möglicherweise, sagte sie sich, wollten die Entführer Wardania umrunden und östlich davon wieder nach Süden segeln, um auf diese Weise die hart umkämpften Küsten der Reiche Gelonda und Malvone zu meiden.
    Für sie selbst und ihre Freunde war dies eine ungute Situation, denn dadurch verloren sie immer mehr Zeit. Mera spürte längst, dass die »Seeschäumer« Kips Prahlereien zum Trotz immer weiter hinter dem unbekannten Schiff zurückblieb.
    Als ein Schatten über sie fiel, blickte Mera auf.
    Es war Girdhan, und er sah besorgt aus. »Kip sagt, wir brauchen bald Wasser. Wir können sonst Timpo und dem Hund nichts mehr geben.«
    »Wir sollten lieber Ihrer Herrlichkeit nichts mehr geben!« Mera warf Careela, die es sich vor der Kajüte unter einer Art kleinem Sonnendach bequem gemacht hatte, einen bitterbösen Blick zu.Die Prinzessin hatte nicht nur Unfrieden auf das Boot gebracht und das Wasser vergeudet, sondern auch das einzige Bett mit einer Matratze für sich beansprucht. Mera war ihrer Hartnäckigkeit nicht gewachsen und musste daher ebenso wie die beiden Jungen auf dem harten Holz schlafen.
    Girdhan grinste freudlos. »Mir wäre es auch lieber, wir wären nicht auf sie gestoßen. Sie war jedoch in Not, und daher mussten wir ihr helfen.«
    »Als Dank dafür beschimpft sie dich als gurrländisches Tier und verlangt von Kip und mir, sie von hinten und vorne zu bedienen. Zwar habe ich zu Hause im ›Blauen Fisch‹ auch die Gäste bedient, aber die haben mir wenigstens dafür gedankt und mich nicht behandelt wie eine Küchenschabe. Wenn Careela ein Musterbeispiel für Leute von adliger Herkunft ist, bin ich froh, nicht dazuzugehören!«
    »Du bist viel mehr als sie, nämlich ein magisches Talent. Du weißt doch, wie selten solche Leute sind.« Girdhan hatte Mera eigentlich nur beruhigen wollen, doch seine Worte stießen etwas in ihr an.
    Sie drückte ihm Timpo in die Arme und starrte auf die schier endlose Wasseroberfläche des Ozeans hinaus. »Es ist ein Witz, dass wir bei so viel Wasser um uns herum nichts zu trinken haben!« Ihre Augen glühten bei diesen Worten in einem blauen Licht auf, und um ihre Finger spielten kleine, blaue Flammen.
    »Was hast du vor?«, fragte Girdhan erschrocken. Bislang hatte Mera ihre besonderen Fähigkeiten nur unbewusst eingesetzt und die Mannschaft dadurch mehrfach gerettet. Nun hatte er Angst vor dem Augenblick, an dem sie versuchen würde, sich ihrer magischen Anlagen gezielt zu bedienen. Da sie noch nicht ausgebildet war, würde sie die Kräfte, die sie freisetzte, nicht beherrschen können.
    Mera war sich dieser Tatsache ebenso bewusst. Aber sie hatte so eine Wut auf Careela, die so tat, als wäre sie etwas Besseres, dass siealle Bedenken beiseiteschob. Sie wollte dieser hochnäsigen Person ebenso wie sich selbst beweisen, dass sie vor einer Hochwohlgeborenen nicht in die Knie gehen musste.
    Wir brauchen Wasser, sagte sie sich. Das ist wichtiger als alles andere. Sie erinnerte sich an jene uralte Sage von der Großen Fahrt, auf der die Gründerkönigin Ilna I. Ilyndhir erreicht hatte. Damals war der Mangel an Trinkwasser ebenfalls zum Problem geworden, doch der Hofmagier der Königin hatte das Kunststück vollbracht, inmitten des Meeres eine Süßwasserquelle sprudeln zu lassen. Mera wusste nicht, ob sie diese Tat wiederholen konnte, doch sie war bereit, es zu versuchen. Es musste keine Fontäne von mehreren Manneslängen Durchmesser sein, denn sie hatte nicht die Besatzung einer großen Flotte mit Wasser zu versorgen, sondern nur vier Leute und dazu Timpo und Fleckchen.
    Sie hob die Arme, wie Torrix und die Hexen es bei den großen Zeremonien getan hatten, richtete ihren Blick auf jene Stelle am Horizont, auf die Timpos blauer Faden zeigte, und

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