Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Feuerthron

Der Feuerthron

Titel: Der Feuerthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
Vom Netzwerk:
diesen Worten nicht, denn Runia stellte nach wie vor eines der größten Geheimnisse ihrer Welt dar. Sie konnte sich nicht daran erinnern, je gehört zu haben, dass ein Mensch die Insel der Runier betreten hatte. Frühe Seefahrer hatten die große Insel aus der Ferne erblickt und von wolkenhohen Bäumen berichtet, die es dort geben sollte. Die heilige Farbe der Runier war angeblich ein ähnliches Weiß wie das der Terener. Doch sie hatten sich nie um dieses Volk gekümmert.
    Leider war im »Blauen Fisch« nie über solche Dinge gesprochen worden, und Mera beneidete die Adepten und Hexenschülerinnen im Magierturm von Ilynrah, die in Geheimnisse dieser Art eingeweiht wurden. Die wussten gewiss besser Bescheid als sie, und für ein paar Augenblicke haderte sie mit ihrer Großmutter, weil diese sie nicht dort zur Schule geschickt hatte. Sicher hätte sie auf dieseWeise viel Interessantes und Wichtiges lernen können. Stattdessen hatte sie Bierkrüge füllen müssen.
    Sie schämte sich sofort für diesen Gedanken. Die Großmutter hatte das getan, was sie für richtig gehalten hatte. Außerdem hatte sie im Lauf der Zeit das eine oder andere von ihrer Großmutter erfahren, das den anderen Mädchen und Jungen in der Fischervorstadt verborgen geblieben war.
    Da Mera ihren Gedanken nachhing, schlief das Gespräch mit Girdhan ein, und sie starrten jetzt beide so sehnsüchtig aufs Meer hinaus, als könnten sie das ersehnte Süßwasser allein durch ihre Blicke herbeiwünschen.
11
    Die Nacht brach herein, ohne dass sie etwas anderes um sich herum sahen als den salzigen Ozean, und Careela fragte ein paarmal spöttisch, wo in aller Welt Mera mitten im Meer eine Süßwasserquelle finden wolle. Kip war innerlich von Zweifel zerfressen, wollte sich aber nicht entmutigen lassen. Und Mera schämte sich, weil sie sich von Careela zu dieser dummen Zauberaktion hatte hinreißen lassen.
    Der Einzige, der Meras Zauber vertraute, war Girdhan. Er übernahm auch als Erster die Steuerwache und sollte Kip beim Aufgehen des Gelbmondes wecken.
    Dieser stieß ihn mit einem gezwungenen Grinsen in die Seite. »Wir beide werden die Einzigen an Bord sein, die das große Spektakel miterleben können. Heute ist die Nacht, in der alle sechs dort oben als Vollmonde am Himmel stehen. Das kommt nur alle heilige Zeiten vor.«
    »Pah! Das geschieht genau alle sechs Jahre, und jedes sechste Malbilden die Monde den großen Kreis.« Careela machte es Freude, diesen Fischerbälgern, die wahrscheinlich nicht einmal lesen und schreiben konnten, ihre bessere Bildung unter die Nase zu reiben.
    »Wie ihr wisst, stehen der violette Mond für die Göttin Linirias, der blaue für die Göttin Ilyna und der kleine schwarze für den Gott Giringar. Die drei anderen Monde hingegen sind die Leuchtfeuer der Dämonen und warnen uns vor der Bosheit ihrer Anhänger. Der gelbe Mond wird von uns auch Teufelsmond genannt, da er dem Todfeind unserer großen Linirias zugesprochen wird. Der weiße Mond symbolisiert den Dämon Meandir, zu dem eure Terener beten, und grün gilt als der Mond des Dämons Tenelin!«
    »Der grüne ist unser Teufelsmond«, unterbrach Mera die Prinzessin.
    Die nickte ihr gönnerhaft zu. »Der grüne ist euer Teufelsmond, während der weiße Mond der Teufelsmond der Gurrländer ist.«
    »Und der Girdanier!«, setzte Girdhan leise hinzu.
    Careela beachtete seinen Einwand nicht, sondern setzte ihren Vortrag über die Systematik der Monderscheinungen fort. Kip verdrehte schon bald die Augen, Mera und Girdhan aber hörten der Prinzessin aufmerksam zu. Careelas Aussprache war ein wenig fremdartig, und sie mussten bei einigen Begriffen nachfragen, aber dennoch fanden sie die Sache höchst interessant. Die Prinzessin konnte sehr farbig von ihrer Göttin Linirias erzählen, der kleinen Schwester der Großen Blauen Göttin Ilyna, und obwohl sie es gelernt hatten, interessierte es sie, dass die Gegenfarbe der violetten Linirias-Anhänger nicht das Grün der Malvoner und ihres Dämons Tenelin, sondern das Gelb Taliens und der ihn anbetenden Gelondaner war.
    »Obwohl die Gelblinge eigentlich unsere natürlichen Feinde sind, haben sie Tausenden unseres Volkes erlaubt, auf ihre Insel zu flüchten, und nun kämpfen wir Seite an Seite mit ihnen gegen die Bestien von Gurrland«, schloss Careela ihren Vortrag mit einem bösen Seitenblick auf Girdhan.
    »Ich bin Girdanier und kein Gurrländer«, sagte dieser.
    »Du bist Ilyndhirer wie Kip und ich«, wies Mera ihn zurecht.
    Girdhan

Weitere Kostenlose Bücher