Der Feuerthron
verzichtet hatten. Auch Ethrul, der Hofmagier von Malvone, mit dem Torrix vor Jahrzehnten so manches Magierduell ausgefochten hatte, steckte in einem grauen Kittel und hatte sich zudem in Silbergeflecht gehüllt, um seine magische Ausstrahlung einzudämmen. Nun blickte er zu Boden, um niemanden durch das grüne Feuer zu beleidigen, das in seinen Augen loderte.
Hinter den beiden Malvonern und der Gelondanerin, die einem größeren und wuchtigeren Menschenschlag angehörten als die Bewohner der Nördlichen Inseln, schritten die Vertreterinnen der drei ardhunischen Fürstentümer. Sie waren kleiner und schlanker als die anderen Gäste, aber immer noch um fast einen Kopf größer als Ilna, die innerlich auf die Etikette schimpfte, die von ihr verlangte, andere gekrönte Häupter auf dem Boden vor ihrem Hochsitz stehend zu empfangen. Sie würde den Kopf in den Nacken legen müssen, um zu Tendel aufsehen zu können, und sie überlegte, ob sie mit dem Protokoll brechen und sich auf ihren Thron setzen oder sich zumindest auf eine Stufe des Podests stellen sollte.
Der Gedanke an die Gefahr, die alle Menschenreiche gleichermaßen betraf, ließ sie von einer solchen Geste absehen, die ihre Gäste hätte beleidigen können.
Zu ihrer Erleichterung blieb Tendel sechs Schritte vor ihr stehen. Talena ging jedoch weiter, beugte ihren Kopf und sank vor Königin Ilna auf die Knie. »Ich bitte Euch, nein, ich flehe Euch an, mir und meinem Volk zu helfen. Seit drei Jahren stehen wir mit Gurrland im Krieg. Die Hälfte unseres Landes haben wir bereits verloren. Wenn kein Wunder geschieht, werden wir uns nicht mehr lange halten können. Ohne die Hilfe Ilyndhirs und des Reiches der Nördlichen Inseln sind wir verloren.«
Talena klang so verzweifelt, als stünde die Niederlage ihres Landes kurz bevor. Dabei galten die Gelondaner als tapfere Krieger, die die Gurrländer bis jetzt jeden Landgewinn teuer hatten bezahlen lassen.
Der Hofmagier von Malvone trat einen Schritt vor und kniete nun ebenfalls nieder. »Erhabene Königin, erlaubt mir zu sprechen!«
»Nein! Tut das nicht! Er wird Euch verhexen.« Yanga krallte ihre rechte Hand in Ilnas Schulter und wollte sie hinter sich zurückschieben. Dieser Bruch der Etikette erboste die Königin so sehr, dass sie sich frei machte und ihrerseits auf Ethrul zuging. Erst als ihre Haut unter seiner fremdfarbigen Ausstrahlung zu kribbeln begann, blieb sie stehen.
»Rede, Hexer!«
»Ich danke Euch. Ich hatte gehofft, hier auf meinen alten Widersacher Torrix zu treffen. Zwar haben wir oft gegeneinander gekämpft, doch er ist ein Mann mit Verstand.« Der Blick, mit dem er Yanga dabei streifte, verriet, dass er nicht glaubte, in ihr eine geeignete Verhandlungspartnerin gefunden zu haben.
Die Hexe wollte schon auffahren, doch Ilna befahl ihr mit einer heftigen Geste zu schweigen. »Torrix ist nicht hier. Ich bin mir aber sicher, dass er uns geraten hätte, dir zuzuhören. Also sprich frei heraus und halte dich nicht mit Floskeln auf.«
Der Magier nickte erleichtert und hob kurz seinen Kopf. Für die Dauer eines Herzschlags blickte Ilna in seine grün leuchtenden Augen, spürte aber nicht den Abscheu vor der feindlichen Farbe, den sie erwartet hatte. Yanga hingegen sah so aus, als stünde sie kurz davor, sich zu übergeben.
Ethrul beachtete sie nicht, sondern richtete all seine Gedanken auf die Worte, mit denen er Ilna V. dazu bringen wollte, sich dem Bündnis der freien Völker anzuschließen.
»Ich habe erfahren, dass Eurer Reich auf See schon empfindliche Verluste gegen Gurrland hinnehmen musste.« Das war keine geschickte Einleitung, doch die Königin hatte ihn aufgefordert, freizu sprechen, und so erinnerte er sie als Erstes daran, dass ihr Herrschaftsgebiet ebenso wenig sicher war wie seine eigene Heimat.
Yanga zischte wie eine in die Enge getriebene Natter. »Der Vorstoß Gurrlands gegen unsere Schiffe war nur eine Warnung, uns nicht in die Angelegenheiten der Dämonenanbeter einzumischen. Außerdem drückten sie den Zorn des Kaisers über die vielen Freiwilligen von Teren aus, die gegen den Willen Ihrer Majestät nach Gelonda geeilt sind, um dort unter fremdem Kommando gegen Gurrland zu kämpfen.«
Ilna wandte sich verwundert um. »Wie kommst du darauf?«
»Ich habe es in meinen Visionen gesehen«, antwortete die Hexe hochmütig.
»Dann waren es schlechte Visionen!« Ethrul sah Yanga für einen kurzen Augenblick an, obwohl ihre blaue Ausstrahlung ihn trotz seiner Abschirmung schmerzte.
Weitere Kostenlose Bücher