Der Feuerthron
vielleicht sechs Stunden. So schnell sind nicht einmal die Schwarzen Galeeren von Gurrland.«
Kip blickte noch einmal zum Himmel empor, aber inzwischen waren auch die letzten Sterne verblasst. Nur der Morgenstern stand noch als kleiner weißer Punkt über dem Horizont, doch auch er löste sich in der Helligkeit des nahenden Tages auf.
»Verdammt! Verdammt! Dreifach verdammt! Es reicht nicht mehr, um unsere jetzige Position festzustellen!« Kip stampfte wütendauf das Deck und weckte damit die übrigen Schläfer auf. Fleckchen schoss heran und leckte Meras Hände. Ihre Augen bettelten nach Wasser, doch das konnte sie der Hündin nicht geben. Stattdessen sah sie Kip an, der sich einfach nicht beruhigen wollte.
»Was ist hier los?«, fragte Girdhan.
Kip spie über Bord und drehte sich dann mit einem anklagenden Blick zu Girdhan um. »Mera hat uns heute Nacht überallhin gesteuert, nur nicht dorthin, wo wir hinwollten.«
»Ich habe überhaupt nichts getan«, rief Mera empört aus. Mehr denn je war sie der festen Meinung, genau den richtigen Kurs gehalten zu haben.
Aber Kip glaubte ihr nicht. Er ballte die Fäuste und sah aus, als würde er gleich anfangen zu weinen. »Ich habe keine Ahnung, wo wir jetzt sein könnten.«
»Eben noch hast du gesagt, wir wären nördlich der See von Runia«, wandte Mera ein.
»Das ist unmöglich! So viele Meilen konnten wir in den wenigen Stunden nicht schaffen.« Kip wollte giftig werden, doch da legte Girdhan ihm die Hand auf die Schulter.
»Du solltest dir abgewöhnen, in Bezug auf Mera das Wort unmöglich zu verwenden.«
»Aber wenn das stimmt, sind wir so weit von Wardania weg, dass wir es ohne Wasser niemals bis dorthin schaffen werden.« Kips Stimme überschlug sich vor Erregung, und er erklärte nun lang und breit, wie gefährlich die See rund um die Insel Runia sei.
»Die Runier dulden keine Menschen in ihrer Nähe und haben ihr Seegebiet mit einem bösen Zauber geschützt. Selbst die Fahrt zur Duftholzinsel ist gefährlich, obwohl sie nur am Rand des von ihnen beanspruchten Seegebietes liegt. Wie weit dieser Bereich sich nach Norden zieht, kann ich nicht sagen. Vielleicht befinden wir uns bereits mittendrin.« Kip schüttelte sich bei dem Gedanken und sah sich so entsetzt um, als erwarte er jeden Augenblick ein Schiff dieses seltsamen Volkes zu sehen – oder ein Ungeheuer,welches sie auf Eindringlinge losließen. Mitten in der Bewegung hielt er inne, schloss seinen Mund mit einem hörbaren Plopp und wies mit zitternden Fingern nach vorne.
Girdhan blickte in die angezeigte Richtung und jubelte auf. »Eine Insel! Dort werden wir Wasser finden.«
»Das wird auch Zeit! Ich wünsche nämlich zu trinken und hätte auch nichts gegen ein Bad einzuwenden.« Ganz die große Dame trat Careela aus der Kajüte und setzte sich auf einen umgedrehten Korb, der eigentlich zum Sortieren des Fangs gedacht war.
»Gnädigste werden sich gedulden müssen, bis wir diese Insel erreicht haben!« Kip hatte auf einen Schlag sämtliche Ängste abgeschüttelt und übernahm wieder das Steuer. In Meras Augen war eine Entschuldigung fällig, doch Kip grinste nur.
»Wenn wir dort wirklich Wasser finden, sei dir dein leichtfertiges Handeln verziehen, Leichtmatrose.«
Es juckte Mera in den Fingern, ihm für diese Frechheit eine Ohrfeige zu geben, doch Girdhan schob sich zwischen sie und Kip und zog sie beiseite.
»Du musst ihn verstehen. Hier gehen Dinge vor, die er nicht begreift. Er hatte einfach nur Angst, wir könnten alle in diesen unbekannten Gewässern umkommen. Aber jetzt haben wir ja bald Wasser, und deswegen ist er wieder obenauf.«
Mera konnte nur hoffen, dass es so war. Wenn Kip sich weiterhin so benahm wie bisher, würde es auf dem weiteren Weg mit Sicherheit Streit geben. Daher war auch sie froh um die vor ihnen liegende Insel. Sie sah angestrengt nach vorne, doch das Eiland war noch zu weit entfernt, um Einzelheiten erkennen zu können. Da Mera nicht die ganze Zeit am Bug stehen und auf die näher kommende Erhebung starren wollte, nahm sie Timpo auf den Arm, streichelte ihn und verfolgte dabei den feinen, blauen Faden, der ihn mit ihrer Großmutter verband. Dieser erstreckte sich jetzt schnurgerade nach Süden, und dait genau in das verbotene Seegebiet von Runia hinein.
13
Die I nsel war auf den ersten Blick eine Enttäuschung. Von Weitem hatte sie größer gewirkt, doch als die »Seeschäumer« sich näherte, glich sie einer der flachen Schären vor der Küste Ilyndhirs, die man
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