Der Fledermausmann
Luft rein sei.«
»Okay. Ich komme jetzt zu euch hinüber. Telefoniere bitte herum und wecke die anderen.«
»Die anderen sind erst vor zwei Stunden nach Hause gefahren, Holy. Sie waren die ganze Nacht auf und Wadkins hat uns gebeten . . .«
»Ich scheiße darauf, was Wadkins gesagt hat. Weck sie auf!«
Sie hatten den alten Ventilator wieder in das Besprechungszimmer gestellt. Es war schwer zu sagen, ob ihm die Pause gutgetan hatte, er beschwerte sich jedenfalls lauthals darüber, sein Rentnerdasein wieder aufgeben zu müssen.
Die Besprechung war vorbei, doch Harry war im Zimmer sitzen geblieben. Sein Hemd hatte große, nasse Schweißflecken unter den Armen, und er hatte ein Telefon vor sich auf den Tisch gestellt. Er schloß die Augen und murmelte etwas vor sich hin. Dann hob er den Hörer ab und wählte die Nummer.
»He11o?«
»Hier ist Harry Hole.«
»Harry, es freut mich, daß du auch an einem Sonntagmorgen so früh auf den Beinen bist. Eine gute Angewohnheit. Ich habe auf deinen Anruf gewartet. Bist du alleine, Harry?«
»Ich bin alleine.«
An beiden Enden der Leitung wurde heftig geatmet. »You're on to me, aren't ya, mate?«
»Ich weiß seit einer Weile, daß du es sein mußt, ja.«
»Gute Arbeit, Harry. Und jetzt rufst du an, weil ich etwas habe, das du wiederhaben willst, right?«
»Richtig.«
Harry wischte sich den Schweiß von der Stirn.
»Du begreifst doch wohl, daß ich sie mir holen mußte, Harry?«
»Nein, das verstehe ich ganz und gar nicht.«
»Come on, Harry, du bist doch nicht blöd. Als ich gehört habe, daß jemand Nachforschungen anstellt, war mir gleich klar, daß du das sein mußt. Ich hoffe nur für dich, daß du klug genug warst, das für dich zu behalten. Hast du das, Harry?«
»Ich habe nichts gesagt.«
»Dann gibt es auch noch eine Chance für dich, deine rothaarige Freundin wiederzusehen.«
»Wie hast du es gemacht? Wie hast du sie überwältigt?«
»Ich wußte, wann ihre Schicht zu Ende sein würde und habe einfach draußen vor dem Albury im Auto gewartet. Und dann bin ich ihr nachgefahren. Als sie in den Park ging, dachte ich, daß ihr jemand sagen sollte, daß sie das abends um die Uhrzeit nicht mehr machen sollte. Also stieg ich aus dem Auto und ging ihr nach. Ich ließ sie ein bißchen an einem Lappen riechen, den ich mitgenommen hatte, und danach mußte ich ihr in den Wagen helfen.«
Harry begriff, daß er das Aufnahmegerät in ihrer Tasche nicht bemerkt haben konnte.
»Was willst du, was soll ich tun?«
»Du hörst dich nervös an, Harry. Beruhig dich. Ich habe nicht vor, um viel zu bitten. Dein Job ist es, einen Mörder zu fangen, und genau darum bitte ich dich. Du sollst einfach deine Arbeit machen. Birgitta hat mir nämlich erzählt, daß euer Hauptverdächtiger ein Dealer namens Evans White ist. Unschuldig oder nicht, jedes Jahr tötet er, oder solche wie er, mehr Menschen als ich in meinem ganzen Leben. Und das soll wirklich etwas heißen. Hähä. Ich glaube nicht, daß ich dir alles bis ins kleinste Detail erklären muß. Alles, was ich will, ist, daß dieser Evans White für seine Verbrechen verurteilt wird. Und für ein paar von mir. Vielleicht reichen die Beweise ja, wenn man in Whites Wohnung Hautreste und Blutspuren von Inger Holter findet? Du kennst ja den Gerichtsmediziner, vielleicht kann der dir ja das notwendige Beweismaterial besorgen, das du dann am Tatort plazieren kannst? Hähä. Ich mache nur Spaß, Harry. Aber vielleicht kann ich es dir besorgen? Vielleicht habe ich ja irgendwo Blut und Hautreste der verschiedenen Opfer und das eine oder andere Haar fein säuberlich in Plastiktütchen verstaut? So für alle Fälle, man weiß ja nie, wann es wichtig sein kann, ein bißchen Verwirrung zu stiften. Hähä.«
Harry umklammerte den nassen Telefonhörer. Er versuchte nachzudenken. Der Mann wußte ganz offensichtlichnichts davon, daß die Polizei über Birgittas Entführung informiert war und ihre Meinung über den möglichen Täter inzwischen revidiert hatte. Das konnte nur bedeuten, daß Birgitta ihm nicht erzählt hatte, daß sie unter der Aufsicht der Polizei Evans White hätte treffen sollen. Er hatte sie, ohne es zu wissen, einfach vor der Nase eines guten Dutzend Polizisten weggeschnappt!
Die Stimme riß ihn wieder aus seinen Gedanken:
»Eine verlockende Möglichkeit, nicht wahr, Harry? Daß dir ein Mörder hilft, einen anderen Feind der Gesellschaft einzubuchten. Nun gut, laß uns in Kontakt bleiben. Du hast . . . laß uns
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