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Der Fledermausmann

Der Fledermausmann

Titel: Der Fledermausmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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recht zusammen. Du steckst mitten in den Ermittlungen über einen Mord und vergeudest deine Kräfte für so eine Lappalie, weil du in einem Nachtclub etwas grob angefaßt worden bist?«
    »Nun . . .«
    »Nun, Harry?«
    »Nicht nur. Das Mädchen, das wir im Centennial Park gefunden haben, hat zufällig in diesem Nachtclub gearbeitet, und so hatte ich die Hoffnung, daß derjenige, der sie getötet hat, vielleicht im Club war, am Bühnenausgang auf sie gewartet und sie dann auf dem Weg nach Hause verfolgt hat. Ich wollte wissen, wie du reagieren würdest, wenn dir klarwerden würde, wohin wir gingen. Außerdem bist du ja eine ziemlich auffällige Erscheinung, und ich wollte Mongabi auf dich aufmerksam machen, um zu überprüfen, ob er dich am Abend zuvor bemerkt hatte.«
    »No luck?«
    »Nee, Fehlanzeige, ich nehme an, du warst nicht da.« Toowoomba lachte.
    »Ich hatte nicht einmal einen blassen Schimmel daß sie Stripperin war«, sagte er. »Ich sah sie in den Park gehen und dachte mir auch da, daß ihr jemand sagen sollte, daß das um die Uhrzeit gefährlich sei. Und dann habe ich ihr demonstriert, was da so alles passieren kann.«
    »Nun, dann ist die Sache ja wenigstens gelöst«, sagte Harry trocken.
    »Schade, daß sich außer dir niemand darüber freuen können wird«, erwiderte Toowoomba.
    Harry entschloß sich, aufs Ganze zu gehen.
    »Weil es niemanden sonst gibt, der sich darüber freuen kann, kannst du mir ja vielleicht auch erklären, was mit Andrew in Otto Rechtnagels Wohnung geschehen ist. Denn deine Freundin, das war doch wohl Otto, nicht wahr?«
    Am anderen Ende der Leitung wurde es still.
    »Willst du nicht lieber wissen, wie es Birgitta geht?«
    »Nein«, antwortete Harry und strengte sich an, nicht zu schnell und nicht zu laut zu reden. »Du hast mir versprochen, sie so zu behandeln, wie sich das für einen Gentleman gehört, und ich vertraue dir.«
    »Ich hoffe, du versuchst nicht, mir ein schlechtes Gewissen zu machen, Harry. Das wäre völlig nutzlos. Ich bin ein Psychopath. Überrascht es dich, daß ich das weiß?«
    Toowoomba lachte leise.
    »Erschreckend, nicht wahr? Wir Psychopathen sollten ja eigentlich nicht wissen, daß wir Psychopathen sind. Aber ich wußte das die ganze Zeit. Und Otto. Otto wußte, daß ich sie hin und wieder bestrafen mußte. Aber Otto konnte nicht länger schweigen. Er hatte es schon Andrew erzählt und war im Begriff, vollends zusammenzubrechen. Ich mußte ganz einfach etwas tun. An dem Nachmittag, an dem Otto seinen Auftritt im St. George-Theater hatte, bin ich in seine Wohnung gegangen, um alles, was eine Verbindung zu mir hätte herstellen können, zu beseitigen. Also alle Bilder, Geschenke, Briefe und so weiter. Da klingelte es plötzlich an der Tür. Ich schaute vorsichtig aus dem Schlafzimmerfenster und sah zu meinem Erstaunen, daß es Andrew war. Zuerst wollte ich nicht aufmachen. Aber dann wurde mir klar, daß mein ursprünglicher Plan kaum mehr durchzuführen war. Ich hatte nämlich vor, Andrew am nächsten Tag im Krankenhaus zu besuchenund ihm still und heimlich einen Teelöffel, ein Feuerzeug, eine Einmalspritze sowie ein kleines Tütchen mit seinem heißersehnten Junk, angereichert mit meiner eigenen Hausmischung, mitzubringen.«
    »Ein tödlicher Cocktail.«
    »So kann man das nennen.«
    »Wie konntest du sicher sein, daß er das nehmen würde? Er wußte doch, daß du der Mörder bist.«
    »Er wußte nicht, daß ich wußte, daß er es wußte. Wenn du mich verstehst, Harry? Er wußte nicht, daß Otto sich verraten hatte. Außerdem ist ein Junkie auf beginnendem Entzug bereit, gewisse Risiken einzugehen. Zum Beispiel, jemandem zu vertrauen, der ihn, wie er glaubt, wie einen Vater verehrt. Aber über all das brauchte ich jetzt ja nicht mehr nachzudenken. Er war aus dem Krankenhaus abgehauen und stand unten vor der Gartentür.«
    »Du hast dich also entschlossen, ihn hereinzulassen.«
    »Weiß du eigentlich, wie schnell ein menschliches Gehirn arbeiten kann, Harry? Weißt du, daß die langen, verdrehten Geschichten in unseren Träumen, in denen wir glauben, die ganze Nacht gesteckt zu haben, sich in Wirklichkeit in wenigen Sekunden hektischster Gehirnaktivität abgespielt haben? Ungefähr so ist mir dieser Plan in den Kopf gekommen. Plötzlich begriff ich, daß es möglich war, alles so aussehen zu lassen, als stehe Andrew Kensington hinter allem. Ich schwöre, daß ich bis zu diesem Moment noch nicht ein einziges Mal darüber nachgedacht hatte. Ich drückte

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