Der Fledermausmann
beim Konzert von Crowded House in Melbourne gewesen und schließlich in einem Motel in Sydney gestrandet.
»Es ist merkwürdig, wie etwas, das so gut funktioniert, so . . . falsch sein kann.«
»Falsch?«
Birgitta zögerte etwas. Vielleicht meinte sie, diesem aufdringlichen Norweger bereits mehr als genug erzählt zu haben.
»Ich weiß nicht so recht, wie ich das erklären soll. Uns kam unterwegs irgend etwas abhanden, etwas, das es vorher gegeben hatte und das wir als Selbstverständlichkeit angesehen hatten. Wir haben damit aufgehört, uns anzuschauen, und bald danach damit, uns zu berühren. Wir wurden ganz einfach Reisegefährten, Menschen, die zusammenblieben, weil es billiger ist, ein Doppelzimmer zu nehmen und sicheres wenn man im Zelt übernachtete. Er traf in Noosa ein deutsches Millionärstöchterchen, und ich reiste weiter, damit er seine Affäre in Ruhe beenden konnte. Mir war das scheißegal. Als er nach Sydney kam, sagte ich ihm, daß ich mich in einen amerikanischen Surffreak verliebt hätte. Ich weiß nicht, ob er mir geglaubt hat, vielleicht hat er verstanden, daß ich uns beiden die Gelegenheit verschaffte, einen Schlußstrich zu ziehen. Wir versuchten, uns in diesem Motel zu streiten, aber nicht einmal mehr das gelang uns noch. Ich bat ihn schließlich, nach Schweden zurückzufahren und zu sagen, ich käme bald nach.«
»Er dürfte inzwischen einen großen Vorsprung haben.«
»Wir waren sechs Jahre zusammen. Glaubst du mir, wenn ich sage, daß ich fast nicht mehr weiß, wie er aussah?«
»Ja, doch.«
Birgitta seufzte.
»Ich hätte das niemals geglaubt. Ich war mir so sicher, daßwir heiraten und Kinder bekommen und in einer kleinen Vorstadt von Malmö in einem Häuschen mit Garten leben würden, das Sydsvenska Dagbladet auf der Treppe, und jetzt – jetzt weiß ich kaum mehr, wie sich seine Stimme angehört hat oder wie es war, ihn zu lieben . . .« – sie schaute auf und blickte Harry an: »Oder daß er zu höflich war, mich zu bitten, doch einmal ruhig zu sein, wenn ich nach ein paar Gläsern Wein nicht mehr aufhören konnte zu reden.«
Harry lächelte breit. Sie hatte nichts dazu gesagt, daß er keinen Wein trank.
»Ich bin nicht höflich, ich bin einfach interessiert«, sagte er. »Dann solltest du erst mal etwas mehr über dich erzählen, auch wenn du Polizist bist.«
Birgitta lehnte sich vor. Harry riß sich zusammen, nicht in ihren Ausschnitt zu gucken. Er roch ihren schwachen Duft und zog die Luft begierig durch die Nasenlöcher ein. Er durfte sich nicht täuschen lassen. Das waren nur irgendwelche gerissenen Leute von Karl Lagerfeld oder Christian Dior, die ganz genau wußten, was nötig war, um einen armen Teufel hinters Licht zu führen.
Sie roch phantastisch.
»Tja«, begann Harry, »ich habe eine ältere Schwester, meine Mutter starb vor neun Jahren, ich wohne in einer Wohnung in Oslo, die ich irgendwie nicht wieder loswerde. Ich habe keine längere Beziehung hinter mir und überhaupt nur eine, die Spuren hinterlassen hat.«
»Wirklich? Und es gibt in deinem jetzigen Leben niemanden?«
»Nein, nicht wirklich. Es gibt da ein paar unkomplizierte und oberflächliche Verhältnisse zu Frauen, die ich ab und zu anrufe, wenn sie sich nicht melden.«
Birgitta zog die Stirn in Falten.
»Stimmt etwas nicht?« fragte Harry.
»Ich weiß nicht, ob ich diese Sorte Männer sonderlich schätze. Oder Frauen. So gesehen bin ich etwas altmodisch.«
»Das alles habe ich jetzt natürlich hinter mir gelassen«, sagte Harry und hob sein Perrierglas.
»Und ich weiß auch nicht, ob ich deine überlegten, klugen Antworten mag«, erwiderte Birgitta und stieß mit ihm an. »Also, was ist dir wichtig bei einem Mann?«
Sie stützte ihr Kinn auf die Hand und dachte nach. »Ich weiß nicht. Ich glaube, ich weiß besser, was ich nicht mag, als was ich mag.«
»Was magst du nicht, abgesehen von klugen Antworten?« »Männer, die versuchen, mich anzumachen.«
»Macht dir das sehr zu schaffen?«
Sie lächelte. »Laß mich dir ein paar Tips geben, Casanova. Wenn du einer Frau gefallen willst, mußt du sie dazu bringen, sich einzigartig zu fühlen, zu glauben, daß sie ganz besonders behandelt wird und etwas bekommt, das nur ihr zusteht. Männer, die versuchen, Mädchen in irgendwelchen Bars aufzureißen, haben das einfach nicht begriffen. Aber bei so einem Libertin wie dir heißt das ja wohl, Perlen vor die Säue zu werfen !«
Harry lachte.
»Mit ein paar meine ich zwei. Ich habe ›ein paar‹
Weitere Kostenlose Bücher