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Der Fledermausmann

Der Fledermausmann

Titel: Der Fledermausmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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erkannte Harry erst, als er unmittelbar vor der Bank stand, und nur wenig von Robertsons Gesichtsausdruck ließ erkennen, daß ihn dieses Wiedersehen sonderlich freute.
    »Guten Abend, Robertson. Wir haben versucht, Sie zu finden. Setzen Sie sich.«
    Robertson blickte sich um und trippelte auf der Stelle. Er sah aus, als wolle er am liebsten davonlaufen, doch zu guter Letzt setzte er sich mit einem resignierten Seufzer hin.
    »Ich habe alles gesagt, was ich weiß«, sagte er. »Warum quält ihr mich noch?«
    »Weil wir herausgefunden haben, daß Sie in der Vergangenheit andere gequält haben.«
    »Andere gequält? Ich hab, zum Teufel noch mal, doch wohl niemanden gequält!«
    Harry schaute ihn an. Robertson war ein Mann, den man nur schwerlich sympathisch finden konnte, aber Harry konnte sich auch beim besten Willen nicht vorstellen, daß er einen Serienmörder vor sich hatte. Ein Faktum, das ihn eigentlich ziemlich müde machte, denn es bedeutete, daß er Zeit vergeudete.
    »Wissen Sie, wie vielen jungen Mädchen Sie den Schlaf geraubt haben?« fragte Harry und versuchte soviel Verachtung wie nur möglich in seine Stimme zu legen. »Wie viele von denen nicht vergessen können, sondern für alle Ewigkeit mit dem Bild eines wichsenden Angreifers leben müssen, der sie mental vergewaltigt hat? Wie Sie sich in ihre Gedanken gedrängt haben, ihnen die Sicherheit genommen und ihnen Angst eingejagt haben, allein hinaus in die Dunkelheit zu gehen. Wie Sie sie erniedrigt haben, so daß die Mädchen sich ihr Leben lang beschmutzt fühlen?«
    Robertson mußte lachen. »Sonst noch was, Konstabel? Was ist mit all jenen, deren Sexualleben gestört ist? Und jenen, die aus chronischer Angst fortwährend Tabletten nehmen müssen? Übrigens muß ich sagen, daß sich Ihr Kollege in acht nehmen sollte. Derjenige, der gesagt hat, daß man mich wegen Unterstützung einer Straftat zu sechs Jahren verurteilen könnte, wenn ich nicht stramm stünde und vor solchen yobbos wie euch meine Aussage machte. Aber inzwischen habe ich mit meinem Anwalt gesprochen und der wollte, soweit ich weiß, mit Ihrem Chef darüber sprechen. Versuchen Sie also nicht, mich noch einmal zu bluffen!«
    »Okay, wir können das auf verschiedene Arten machen, Robertson«, sagte Harry, merkte aber, daß er als Wüstling nicht die gleiche Autorität hatte wie Andrew. »Sie können mir hier und jetzt sagen, was ich wissen will, oder . . .«
    ». . . oder ich kann Sie aufs Revier vorladen! Ja, danke, das hab ich mittlerweile verstanden. Also bitte, laden Sie michvor, dann laß ich meinen Rechtsanwalt kommen, der mich in weniger als einer Stunde wieder herausholt und Sie und Ihre Kollegen als Zugabe noch wegen Belästigung und Verfolgung verklagt. Be my guest!«
    »Sorry, aber daran hab ich nicht gedacht«, sagte Harry ruhig. »Ich habe eher an eine diskrete, undichte Stelle gedacht, kaum aufzuspüren natürlich, die einen guten Draht zu einer von Sydneys neuigkeitsgeilen und durchaus sensationshungrigen Sonntagszeitungen hat. Sie können sich das vielleicht vorstellen? ›Inger Holters Vermieter, siehe Foto, ein früher wegen Exhibitionismus verurteilter Mann, steht im Rampenlicht der polizeilichen Ermittlungen . . .«‹
    »Verurteilt! Ich mußte ein Bußgeld zahlen, vierzig Dollar!« Hunter Robertsons Stimme überschlug sich.
    »Ja, ich weiß, Robertson, das war ein kleiner Irrtum«, sagte Harry. »So klein, daß es sicher kein Problem für Sie war, das gegenüber Ihrer nächsten Umgebung bis heute geheimzuhalten. Um so trauriger, daß man in Ihrer Gegend Sonntagszeitungen liest, nicht wahr? Und auf der Arbeit . . . Wie verhält es sich mit Ihren Eltern? Können die lesen?«
    Robertson sackte zusammen. Die Luft entwich aus seinen Lungen wie aus einem löchrigen Wasserball. Wie er so dasaß, erinnerte er Harry an einen Mehlsack, und er begriff, daß er Robertsons wunden Punkt getroffen hatte, als er seine Eltern erwähnte.
    »Du herzloses Arschloch!« fauchte Robertson mit heiserer, gequälter Stimme. »Wo kommen nur solche Menschen wie du her?« Und nach einer Weile fügte er hinzu: »Was wollen Sie wissen?«
    »Zu allererst will ich einmal wissen, wo Sie an dem Abend, bevor Inger gefunden wurde, gewesen sind.«
    »Ich habe der Polizei doch bereits erzählt, daß ich alleine zu Hause war und daß . . .«
    »Das wars dann wohl. Ich hoffe, daß die in der Redaktion ein schönes Bild finden.«
    Harry stand auf.
    »Okay, okay, ich war nicht zu Hause!« Roberston schrie

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