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Der Fledermausmann

Der Fledermausmann

Titel: Der Fledermausmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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gewesen, ja ein wahrer Stolz für das ganze Haus, wenn nicht sogar die ganze Nachbarschaft. Aber was wüßte er denn schon?
    Er roch nach Bier, und auch seine Aussprache war nicht mehr ganz deutlich. Als sie aus dem Haus traten, hörten sie unter dem Rosenbusch ein Fiepen. Ein paar ängstliche Augen lugten hervor.
     
    Sie bekamen einen Tisch in einem engen vietnamesischen Restaurant in Darling Harbour, wo sich außer ihnen fast ausschließlich Asiaten befanden. Die meisten von ihnen schienen Stammgäste zu sein. Sie führten unverständliche Gespräche mit dem Kellner in einem merkwürdigen Tonfall, der ganz plötzlich und unvorhersehbar ansteigen und abfallen konnte.
    »Das hört sich so an, als wenn die in gewissen Abständen Helium inhalieren würden, richtige Donald-Duck-Stimmen«, meinte Harry.
    »Magst du keine Asiaten?« fragte Andrew.
    Harry zuckte mit den Schultern. »Mögen oder nicht mögen! Ich kenne keine. Ich habe keinen Grund, sie nicht zu mögen, um es so zu sagen. Es scheinen ehrliche und hart arbeitende Menschen zu sein. Und du?«
    »Viele Asiaten wollen nach Australien, und vielen hier gefällt das nicht. Ich habe gegen niemanden etwas. Sollen sie doch kommen, sage ich immer.«
    Zwischen den Zeilen schien Harry da etwas herauszuhören wie: Es ist ohnehin zu spät, mein Volk hat sein Land bereits verloren.
    »Vor ein paar Jahren war es für einen Asiaten fast vollkommen unmöglich, eine Aufenthaltsbewilligung zu bekommen. Die Regierung wollte das Land möglichst weiß halten. Alles unter dem Vorwand, große kulturelle Konflikte vermeiden zu wollen. Die Erfahrungen bei der Integration der Aborigines seien ja, vorsichtig ausgedrückt, nicht sonderlich positiv. Aber dann boten die Japaner an, Australien finanziell unter die Arme zu greifen, und plötzlich wurde eine ganz andere Musik gespielt. Da hieß es auf einmal, man müsse aufpassen, sich nicht zu isolieren, und daß man berücksichtigen müsse, daß Asien unser nächster Nachbar sei und die Wirtschaftsverbindungen zu einem Land wie Japan mittlerweile wichtiger seien als zu Europa oder den USA. Also durften japanische Konzerne ihre Touristenburgen an der Gold Coast Richtung Brisbane errichten und japanische Manager, Köche und Empfangspersonal zu uns herüberbringen, während die Australier als Stubenmädchen oder Piccolos arbeiten durften. Früher oder später gibt es auf so etwas eine Reaktion. Niemand mag es, in seinem eigenen Land Schuhputzer zu werden.«
    »Und das gilt auch für dein Volk, denke ich.«
    Andrew lächelte gequält.
    »Die Europäer haben den Aborigines nie irgendein Gesuch um Aufenthaltsbewilligung vorgelegt.«
    Harry blickte auf die Uhr. Es dauerte noch ein paar Stunden bis das Albury aufmachte.
    »Du möchtest vielleicht erst noch einmal nach Hause?« fragte er.
    Andrew schüttelte den Kopf. »Dort begegne ich zur Zeit auch niemand anderem als mir.«
    »Zur Zeit?«
    »Tja, die letzten zehn Jahre. Ich bin geschieden. Meine Frau wohnt mit den Kindern in Newcastle. Ich versuche sie so oft wie möglich zu besuchen, aber das ist ein gutes Stück entfernt, und die Mädchen sind bald so groß, daß sie am Wochenende eigene Pläne haben. Bald wird mir wohl bewußt werden, daß ich nicht mehr der einzige Mann in ihrem Leben bin. Weißt du, es sind hübsche, kleine Teufel. Vierzehn und fünfzehn Jahre alt. Verdammt, ich sollte all die Köter, die sich vor ihrer Tür herumtreiben, zum Teufel jagen !«
    Andrew grinste breit. Harry konnte nicht anders, ihm gefiel dieser plötzliche Ausbruch seines Kollegen.
    »Well, that's the way it goes, Andrew.«
    »That's right, mate. How 'bout you?«
    »Nun, keine Frau, keine Kinder. Kein Hund. – Das einzige, was ich habe, ist eine Chefin, ein Vater und ein paar Typen, die ich noch immer Freunde nenne, auch wenn zwischen ihren Anrufen Jahre vergehen. Oder ich anrufe.«
    »In dieser Reihenfolge?«
    »In dieser Reihenfolge.« Sie lachten, blieben an dem Tisch sitzen und betrachteten die einsetzende nachmittägliche Rushhour. Andrew bestellte noch ein Victoria Bitter. Aus den Geschäften und Banken strömten die Menschen; grauhaarige Griechen mit Adlernasen, bebrillte Asiaten in dunklen Anzügen, Holländer und langnasige, rothaarige Mädchen, die zweifellos britischer Abstammung waren. Alle rannten sie, um den Bus nach Paramatta oder die U-Bahn nach BondiJunction zu erreichen. Geschäftsleute in kurzen Hosen – ein typisch australisches Phänomen, wußte Andrew zu erzählen – hasteten zu den

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