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Der Fliegende Holländer

Der Fliegende Holländer

Titel: Der Fliegende Holländer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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schon mehr als vierhundert Jahre lang allein die ganze Gedankenarbeit erledigt. Langsam hing ihm das ein bißchen zum Hals raus. Jeder neue Tag hatte neue Schwierigkeiten gebracht, aber auch noch mehr von dem ganzen altbekannten Blödsinn. Und Kapitän Vanderdecker hatte auf dem Achterdeck gestanden und mit seinem bewährten Talent mit den Problemen fertig zu werden versucht. Laß das doch Julius machen – das pflegte vor vielen, vielen Jahren seine Mutter zu sagen: »Mach dir doch nicht solche Umstände, Liebling! Laß das doch Julius machen! Julius, pack das da mal weg und geh …«
    Der Hubschrauber flog nicht mehr vorwärts, sondern schwebte jetzt brummend und etwas zögerlich über dem Rasen. Dann sackte er mit einem plötzlichen Ruck, der nur wenig Flugtalent verriet, auf den Boden. Auf einmal hatte Vanderdecker keine Lust mehr auszusteigen.
    Er wollte einfach sitzenbleiben und zur Abwechslung mal jemand anderem die Bewältigung der Schwierigkeiten überlassen, aber ihm blieb wohl keine andere Wahl.
    »He, Käpt’n!« O nein, nicht du schon wieder, Antonius! Hau ab, ich bin unterwegs gestorben, irgendwo in den Wolken über Smethwick. Frag doch Danny Bennett oder sonstwen. »Steigen wir hier aus?«
    »Genau«, antwortete Vanderdecker müde. »Okay, Jungs, aussteigen! Wir sind da. Sebastian, nimm den Kater mit.«
    »Warum muß ausgerechnet immer ich …?« Der Rest der Beschwerde ging im Lärm unter, als sich die Hubschraubertür öffnete und Vanderdecker (Geh-du-voran-Vanderdecker) nach draußen auf den Rasen sprang. Vielleicht war er einfach nur müde, jedenfalls vergaß er, sich zu ducken, und das Rotorblatt traf ihn direkt unterhalb des Ohrs. Danny, der zufällig gerade hinsah, schrie gleich los, aber es gab gar keinen Grund zu schreien: Der Holländer schwankte nur, fluchte laut auf holländisch, rieb sich den Hals und ging einfach weiter.
    »Na also«, sagte er zu Sebastian. »Damit wär zumindest schon mal eine Sache bewiesen.«
    »Was denn?« fragte Sebastian. »Daß du nie guckst, wo du hintrittst?«
    Vanderdecker stieß ein freudloses Lachen aus, zuckte mit den Achseln und ging auf das Haus zu. Dann bemerkte er eine ziemlich kleine menschliche Gestalt, die über den Rasen auf ihn zustürmte. Er zog die Augenbrauen herunter und fragte sich, was hier vorging.
    »Julius!« rief die kleine menschliche Gestalt, wobei sie wie ein Autoskooter gegen ihn knallte und ihm fast einen so heftigen Stoß versetzte wie das Rotorblatt.
    »Entschuldigung«, sagte er unwillkürlich und half der kleinen Gestalt wieder auf die Beine. Die kleine Gestalt war natürlich Jane, und Jane hatte ihre Arme um ihn geschlungen. Er erinnerte sich wieder.
    »Hallo, Jane«, begrüßte er sie.
    »Julius, du bist gesund und munter!« rief Jane aus. Aber in ihrer Stimme lag schon ein leiser Anflug von Zweifel. Diese Nuance im Tonfall war so fein, daß man sie ohne eine qualitativ hochwertige wissenschaftliche Apparatur oder das Gehör einer Fledermaus gar nicht hätte wahrnehmen können, aber sie war trotzdem vorhanden.
    »Ich glaube, wir sollten uns mal in aller Ruhe unterhalten«, schlug Vanderdecker vor und schob sie sanft von sich weg. »Ich muß nur vorher noch ’n paar Sachen erledigen, aber dann …«
    »Julius?« Die skeptische Nuance im Tonfall war jetzt schon wesentlich ausgeprägter. Vanderdecker schaltete bestimmte Gehirnströme, die ihm in die Quere kommen wollten, einfach ab und nickte.
    »Es dauert wirklich nicht lange«, beruhigte er Jane. »Ich muß mich nur noch vorher um einige Sachen kümmern, dann stehe ich dir ganz zur Verfügung.« Irgend etwas lag in seiner Stimme, das die gerade geäußerten Worte Lügen strafte, und Jane ließ ihn los. Sie fühlte sich vollkommen ausgehöhlt, so leer wie ein ausgeblasenes Ei.
    »Zum Beispiel muß ich noch einem gewissen Professor in den Hintern treten. Hast du die Police bekommen?«
    »Ja, hab ich«, antwortete Jane. »Danke.«
    »Wofür? Ach so, ja klar. Wo ist sie jetzt?«
    »Ich hab sie dem Piloten gegeben, der den Professor hierhergeflogen hat«, berichtete Jane. »Er schickt sie für mich an meinen Vater ab, sobald er in …«
    »Sehr vernünftig«, lobte Vanderdecker sie und nickte. »Vielleicht könntest du gleich mal deinen Vater anrufen und ihn bitten, sie an meine Adresse in Bridport zu schicken.«
    »Bridport?« rief Jane erstaunt aus.
    »Ja«, antwortete Vanderdecker. »Das verfallene alte Kaff, wo du die ganzen Kontoauszüge gefunden hast. Da ist die Police

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