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Der Fliegende Holländer

Der Fliegende Holländer

Titel: Der Fliegende Holländer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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traute seinen Ohren nicht. »Und? Hat er das etwa nicht?«
    Vanderdecker setzte ein zynisches Lächeln auf. »Wer’s glaubt, wird selig«, entgegnete er. »Die Portugiesen landeten schon siebzig Jahre vor Kolumbus’ Aufbruch aus Spanien an der Küste, die heute zu Florida gehört. Aber dieses historische Ereignis wurde Opfer einer …«
    »Vertuschung?«
    »Genau«, bestätigte Vanderdecker. »Das Wort lag mir auf der Zunge, ja, einer Vertuschung.«
    »Was war der Grund?«
    »Die Handelsgeschäfte«, antwortete Vanderdecker. »Ich meine, denken Sie doch bitte mal kurz nach. Stellen Sie sich nur die ganzen Nebenprodukte vor, die durch die Entdeckung eines neuen Kontinents anfallen: amerikanische Aufkleber für die Stoßstangen von Lastkarren, amerikanische Wamse, der offizielle amerikanische Kuschelbison. Nein, sobald den Portugiesen klar wurde, was sie da in die Finger bekommen hatten, erkannten sie, daß es – absatzpolitisch gesehen – ein hoffnungsloses Chaos geben würde, wenn sie sich vor dem Bekanntwerden der Geschichte nicht das Alleinverkaufsrecht sicherten. Doch solange die Rechtsanwälte die Vertragsgrundlagen ausarbeiteten, blieben die Portugiesen erst mal auf ihren Waren sitzen. Sie wissen ja, wie Rechtsanwälte sind. Als es endlich zu einem Vorabentwurf einer Vereinbarung über ein Joint-venture-Geschäft kam, war bereits Kolumbus gelandet und die ganze Sache damit gegessen.«
    Danny schwirrte der Kopf. »Woher wissen Sie das denn alles?« fragte er. »Das war doch vor Ihrer Zeit, oder?«
    »Oder nehmen Sie die Pulververschwörung vom fünften November sechzehnhundertfünf«, fuhr Vanderdecker schnell fort. »Darüber könnte ich Ihnen vielleicht was erzählen.«
    »Erzählen Sie weiter«, forderte Danny den Fliegenden Holländer auf und legte ein neues Band ein. »Ich dachte immer …«
    »Ich meine, die haben einfach Guy Fawkes den Anschlag in die Schuhe geschoben«, erzählte Vanderdecker. »Damit war er der größte Sündenbock aller Zeiten. In Nationalarchiv werden Sie darüber natürlich nichts finden, aber schon bei dieser Sache spielte das große Geld eine Rolle. O ja.«
    »Und?«
    »In Wirklichkeit handelte es sich lediglich um eine Verschwörung von George Villiers, dem Herzog von Buckingham, und Robert Cecil, dem ersten Grafen von Salisbury, durch die sie das größte aller Monopole in die Finger kriegen wollten. Ich meine das ganz große. Nicht so was wie der Blödsinn, den sie heutzutage mit dem Rheinwein veranstalten. Ich spreche von« – er hielt inne und suchte nach dem richtigen Wort – »Millionen von Silbermünzen.«
    »Um welches Monopol ging’s denn?«
    Vanderdecker warf einen Blick über die Schulter hinweg. »Um Milch«, zischte er. »Die beiden waren hinter dem Milchmonopol her. Sie wollten diese Dachgesellschaft gründen – ähnlich der Ostindischen Kompanie oder so was in der Richtung –, hinter der sie selbst mit ihrem Geld standen, und diese Gesellschaft sollte das alleinige Recht erhalten, sämtliche Milch in England zu kaufen und auf dem Endverbrauchermarkt abzusetzen.«
    »Sie meinen, wie die Milchvermarktungsbehörde?« krächzte Danny.
    »Schreien Sie doch bitte nicht so. Ja, genau wie die Milchvermarktungsbehörde. Verstehen Sie jetzt, warum Guy den Kopf hinhalten mußte?«
    »Ist mir klar«, flüsterte Danny. »Mein Gott, das erklärt auch … Aber warum wollten die denn König Jakob den Ersten in die Luft sprengen?«
    Vanderdecker grinste spöttisch. »Die wollten den König doch gar nicht in die Luft blasen. Glauben Sie, die hätten die Sache so angepackt, wenn sie Big Jim wirklich loswerden wollten? Schießpulver, Verrat und Verschwörung? Seien Sie doch nicht so naiv. Stellen Sie sich doch mal folgende Frage: Warum stieg wohl, kurz nachdem Guy seinen Teil für den besagten fünften November getan hatte, der Sahnepreis in fast ganz Südengland um vierundsiebzig Komma sechs Prozent?«
    Danny stieß einen kurzen Pfiff aus. »Soviel?«
    »Damit hatten sie natürlich einen folgenschweren Fehler begangen«, fuhr Vanderdecker fort. »Die wollten einfach zuviel auf einmal, und das auch noch zu früh. Und als John Hampden und John Pym herausfanden …«
    »Sie meinen jetzt den Ersten Bürgerkrieg der Puritanischen Revolution?«
    »Tun Sie sich doch selbst einen Gefallen«, entgegnete Vanderdecker, »und werfen Sie einen Blick in die Debatten von Putney, die gegen Ende der Revolution stattfanden, als sich alle parlamentarischen Führer zusammensetzten und eine neue

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