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Der Fliegende Holländer

Der Fliegende Holländer

Titel: Der Fliegende Holländer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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Verfassung auszuarbeiten versuchten. Wird darin auch nur mit einem einzigen Wort eine Strategie der Gesamtmilchwirtschaft für die sechziger Jahre des siebzehnten Jahrhunderts erwähnt? Nichts. Finden Sie das nicht ein bißchen verwunderlich?«
    Dannys Mund stand offen wie ein aufgebrochener Briefkasten. »Dann war die Restauration also …«
    »Sie haben’s erfaßt«, bestätigte Vanderdecker. »Die ganze Geschichte mit der Eiche, in der sich Karl der Zweite vor Cromwell verstecken mußte, diente nur zur Tarnung. Und wenn Sie sich die Glorious Revolution von sechzehnhundertsechzig ansehen, und danach die Jakobiten, dann paßt plötzlich alles zusammen. Warum glauben Sie denn wohl, daß man König Georg den Dritten ›Bauer Georg‹ nannte? Der war geistig genauso gesund wie« – Vanderdecker überlegte kurz –, »wie Sie, hat aber … Na, auf jeden Fall ist das die Story für Sie, wenn Sie wirklich ’ne große Sache in die Finger kriegen wollen.«
    Vanderdeckers Mund war vom vielen Reden schon ganz trocken, und er wandte sich zur anderen Seite ab, um nach einer Flasche Whisky zu suchen. Aber Danny packte ihn am Arm.
    »Hören Sie, eine Frage müssen Sie mir unbedingt noch beantworten!« flehte er ihn an. »Hat etwa die Milchvermarktungsbehörde hinter dem Attentat auf Präsident Kennedy gesteckt?«
    Vanderdecker zog eine Augenbraue hoch. »Wie bitte?« fragte er.
    »Das Attentat auf Präsident Kennedy. War die Milchvermarktungsbehörde das?«
    »Reden Sie doch keinen solchen Unsinn«, ermahnte ihn Vanderdecker. »Der Attentäter war Lee Harvey Oswald.« Er beugte sich vor, rupfte Pieter eine Flasche Famous Grouse aus der Hand und nahm einen ausgiebigen Zug. Danny kniff die Augen zusammen. Sagte Vanderdecker die Wahrheit? Oder war er etwa auch an der Sache beteiligt?
    Unter dem Hubschrauber flimmerten schwach die Lichter von Cirencester, und Vanderdecker wischte sich heruntergetropften Whisky aus dem Bart. Die folgenden knapp sechzig Minuten versprachen recht interessant zu werden, und er hatte das Gefühl, es wäre wahrscheinlich besser, wenigstens einigermaßen nüchtern zu bleiben. Er blickte kurz zu Danny hinüber, der mit einem dieser Vierfarbkugelschreiber, die man bei Woolworth bekommt, komplizierte graphische Darstellungen auf die leeren Seiten am Schluß seines Tagebuchs zeichnete. Der arme Kerl war glücklich.
    Die Mannschaft sang gerade wieder:
     
    »Vierhundertachtzig Jahre segeln wir gemeinsam schon,
    Und nicht einen Tag bereuen wir.
    Und unsern lieben alten Holländer
    Behalten wir für immer hier.«
     
    Vanderdecker zuckte zusammen. Von dieser Seite hatte er die Sache noch gar nicht betrachtet – na ja, wenn er ganz ehrlich war, hatte er die Angelegenheit noch von überhaupt keiner Seite betrachtet. Was würde es für ihn und seine Besatzung bedeuten, wenn sie den Geruch endlich los wären? Was passierte jetzt? Letztendlich leben sich alle Mitglieder einer Gemeinschaft und Gruppierung einmal auseinander und gehen fortan ihre eigenen Wege (das gilt natürlich nicht für die Rolling Stones).
    Ab jetzt gab es nichts mehr, was die Besatzung der Verdomde zusammenhielt – weiß Gott, sie waren sich gegenseitig ja auch genug auf die Nerven gegangen. Aber sich wirklich voneinander zu verabschieden – ein Abschied nach so vielen Jahren …?
    »He«, protestierte Sebastian, »gib die her!«
    »Entschuldigung«, erwiderte Vanderdecker und gab ihm die Flasche zurück.
    »Leute gibt’s!« beschwerte sich Sebastian. »Erinnre dich doch mal, durch so was sind wir schließlich alle erst in diesen ganzen Schlamassel geraten, weil du jemandem die Flasche geklaut hast. Man sollte eigentlich erwarten, daß du deine Lektion gelernt hast.«
    »Aber es hat doch trotzdem Spaß gemacht, oder?« fragte Vanderdecker.
    »Nein«, antwortete Sebastian. »Das war ’ne saumäßige Zeit.«
    »Aber wir haben doch auch ’n paarmal gelacht, oder? Und ’n bißchen Spaß gehabt in der ganzen Zeit.«
    »Wann?«
    »Na ja …« Vanderdecker zuckte die Achseln. »Ach, vergiß es. Übrigens, was hast du eigentlich mit der Katze gemacht?«
    »Mit welcher Katze?«
    »Na, Montalbans Kater.«
    »Ach so! Der Kater«, antwortete Sebastian. »Der liegt da drüben auf den Schwimmwesten und macht ein Nickerchen. Ich hab vorhin ’n bißchen Whisky verschüttet, und den hat er aufgeleckt.«
    »Gut«, entgegnete Vanderdecker. Er rieb sich mit beiden Händen das Gesicht und versuchte, sich seinen nächsten Schritt zu überlegen. Jetzt hatte er

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