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Der Fliegende Holländer

Der Fliegende Holländer

Titel: Der Fliegende Holländer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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diesen Jahren statt dessen heute? Vanderdecker schnaufte nachdenklich, denn das war genau der Punkt, den er bei seinem Nachdenken mehrere Jahrhunderte lang erfolgreich umgangen hatte. Wie wäre es wohl, nicht auf diesem Schiff zu sein oder eigentlich überhaupt nicht zu sein? Den zweiten Teil dieser Frage konnte er sofort abhaken; man kann sich einfach nicht vorzustellen, überhaupt nicht zu sein, und das ist wahrscheinlich auch gut so. Aber angenommen, wir könnten irgendwie diesen Geruch loswerden, was täten wir dann?
    Der Fliegende Holländer lächelte. Es ist natürlich typisch, daß ich ›wir‹ sage – nach so vielen Jahren auf dem gleichen Schiff teilen wir armen Tröpfe ein kollektives Bewußtsein, wie man es sonst nicht einmal im Tierreich findet. Es stimmt, daß wir uns alle gegenseitig nicht ausstehen können, oder zumindest behaupten wir das voneinander. Aber vermutlich haßt praktisch der Arm die Hand, und wahrscheinlich machen die Zehen hinter dem Rücken spitze Bemerkungen über den Knöchel. Wir sind die Geschöpfe, aber auch die Opfer unserer gemeinsamen Erfahrung. Ich kann mir nicht vorstellen, daß wir uns jemals trennen oder irgendwann einmal jemand anderen in unsere Gemeinschaft aufnehmen. Besonders das letztere nicht; hätten wir uns endlich an die speziellen Gewohnheiten des Neulings gewöhnt, wäre er oder sie schon längst an Altersschwäche gestorben.
    Aber genau das habe ich ja bereits getan, widersprach sich Vanderdecker, indem ich Jane als Verbündete angeheuert habe. Nun, irgend jemand mußte diese Aufgabe erledigen; wir selbst sind nicht dazu in der Lage, und sie hat sich freiwillig bereit erklärt, also brauche ich mir keine Vorwürfe zu machen. Andererseits war es eine unbeschreiblich angenehme Abwechslung, einmal mit jemandem mehr als drei Worte zu wechseln, mit dem ich den spanischen Eroberungskrieg nicht zusammen erlebt habe. Aber was, wenn der Reiz des Neuen vorbei ist? Mit Antonius zu sprechen ist jedenfalls etwas ganz anderes; während unserer zahlreichen Gespräche müssen wir im Laufe der Jahre jede erdenkliche Kombination der paar hundert Wörter gebraucht haben, die seinen affenähnlichen Wortschatz ausmachen. Ich kann in jeder Situation genau voraussagen, was Antonius sagen wird, und ich habe bereits die Phase durchlebt, in der ich ihn jedesmal gleich über Bord werfen wollte, sobald er nur den Mund aufmachte. Heutzutage kann mich alles, was er sagt, schlimmstenfalls noch leicht verwundern. In gewisser Weise ist das ein durchaus beruhigender Gedanke, und bis zu einem gewissen Grad gilt das auch für jeden anderen auf dem Schiff. Warum sollte ich also das alles aufs Spiel setzen und ein einmalig gewachsenes Verhältnis in Gefahr bringen, nur um ein-, zweimal mit irgendwem zu plaudern, der in spätestens siebzig Jahren tot und vergessen sein wird? Siebzig Jahre sind schließlich überhaupt keine Zeitspanne; Antonius brauchte für sein letztes Puzzle weit länger.
    »Käpt’n?« Wenn man vom Teufel spricht. »Ich habe nachgedacht.«
    »Schön für dich, Antonius. Und wie hat es dir gefallen?«
    Antonius blickte ihn verdutzt an. »Was soll mir denn gefallen haben, Käpt’n?«
    »Das Nachdenken.«
    Die großen Augenbrauen zogen sich zunächst zu einem dichten Pelz zusammen, und erst allmählich hellte sich Antonius’ Miene wieder auf. »Wie meinst du das, Käpt’n?«
    »Nichts, Antonius. Vergiß es einfach. Was wolltest du sagen?«
    »Nun ja«, begann der Erste Maat zaghaft, »ich und die andren Jungs ha’m uns gefragt, was passiert, wenn dieser Montalban tatsächlich irgendwas erfunden hat. Ich meine, was tun wir dann?«
    Kindermund tut Wahrheit kund, murmelte der Fliegende Holländer gedanklich vor sich hin. »Das ist eine sehr gute Frage, Antonius. Wirklich eine sehr gute Frage.«
    »Wirklich?« Antonius war hocherfreut. »Nun, was wird denn nun geschehen?«
    »Habt ihr vielleicht auch mal daran gedacht, daß ich das eventuell selbst nicht weiß?«
    »Nein«, antwortete der Erste Maat, und Vanderdecker glaubte ihm das sofort. Er bemerkte, daß Antonius einen Kloß im Hals hatte, der vorher nicht dagewesen war. »Ich meine, es wird sich doch nichts ändern, Käpt’n, oder?«
    »Bestimmte Dinge schon«, antwortete Vanderdecker.
    »O je!« Antonius’ Miene verfinsterte sich wieder. »Wie meinst du das?«
    »Erst mal wird es mehr Landurlaub geben, dann weniger Rauswürfe aus Kneipen und … Na ja, solche Dinge eben.«
    Antonius’ Augen begannen zu leuchten. »Das fänd

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